Experten diskutieren am Weltkongress für Neurologie die Zusammenhänge zwischen Schlaganfall und Demenz – wie Blutgerinnsel im Herzen und Bluthochdruck.
Der Schlaganfall ist nach wie vor eine der häufigsten Todesursachen, wobei weltweit immer häufiger jüngere Menschen von einem Schlaganfall betroffen sind. Neue Einsichten gibt es zu den Zusammenhängen zwischen Schlaganfall und Demenz. Dass die beiden neurologischen Erkrankungen ähnliche Risikofaktoren haben, eröffnet den Weg zu neuen gemeinsamen Präventionsstrategien.
Immer mehr Studien haben zuletzt die hohe Wirksamkeit und Sicherheit der Thrombektomie beim akuten Schlaganfall gezeigt.
„Dem Thema Schlaganfall kommt auf internationaler Ebene, zum Beispiel im Rahmen des UN-Nachhaltigkeitsprozesses, endlich jene Aufmerksamkeit zu, die diese Erkrankung verdient“, betont Bo Norrving, Professor für Neurologie an der Universität Lund, am Weltkongress für Neurologie (WCN 2015) in Santiago de Chile mit rund 3.500 Teilnehmern. „Dies entspricht der enormen Schlaganfall-bedingten Krankheitslast. Schlaganfall ist weltweit die zweithäufigste Todesursache und die häufigste Ursache für Behinderung im Erwachsenenalter.“
Schlaganfall und Demenz: Jeder Dritte bekommt im Laufe des Lebens zumindest eine vonbeiden
Beim diesjährigen WCN stehen unter anderem die vielfältigen Zusammenhänge zwischen Schlaganfall und Demenz, im Mittelpunkt des Interesses. Jeder Dritte wird im Lauf des Lebens zumindest von einer der beiden Erkrankungen betroffen sein”, so Prof Norrving. „Es scheint zahlreiche Wechselwirkungen zwischen den beiden Krankheiten zu geben und die Risikofaktoren sind praktisch identisch – beispielsweise Bluthochdruck, Rauchen, Übergewicht oder Bewegungsmangel. Das eröffnet auch neue Möglichkeiten, beide Probleme gemeinsam zu verhindern oder zumindest hinauszuzögern.“
Das große Potenzial einer Vermeidung von Risikofaktoren beschreibt der Schlaganfall-Experte Prof. Vladimir Hachinski von der Western University, London, Canada, folgendermaßen: „In den vergangenen 20 Jahren hat die Schlaganfall-Häufigkeit in den Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen um 225 Prozent zugenommen, in den wohlhabenden Ländern hingegen ist sie um 42 Prozent zurückgegangen. Diese Daten zeigen uns, dass wohl nicht genetische Unterschiede für diese gegenläufigen Trends verantwortlich sind, sondern die unterschiedlich konsequente Bekämpfung der Risikofaktoren.“
„Unklarer“ Schlaganfall: Vom Herz zum Hirn
Auch neue Forschungsergebnisse zur Entstehung kryptogener Schlaganfälle – also von Schlaganfällen unklarer Ursache – stehen auf der Tagesordnung des WCN. „Eine Studie aus München mit einem interessanten Forschungsansatz unterstützt die Hypothese, dass bei vielen akuten kryptogenen Schlaganfällen der Ursprung des Blutgerinnsels im Herzen liegen dürfte“, fasst Prof. Norrving zusammen.
Die Wissenschaftler untersuchten die Thromben von 145 Patienten, bei denen nach einem Schlaganfall eine mechanische Thrombektomie durchgeführt wurde. Eine Analyse ergab große klinische und strukturelle Ähnlichkeiten der Thromben bei kryptogenen und kardio-embolischen Schlaganfällen, also Schlaganfällen, bei denen sich das Blutgerinnsel im Herz bildet und dann ins Gehirn gelangt. Dies spricht für ähnliche Entstehungsmechanismen.
Moderne Neuro-Bildgebung: Neue Möglichkeiten für das Schlaganfall-Management – Thrombektomie bei akutem Schlaganfall
„Zu den wichtigsten neuen Entwicklungen in der Therapie des akuten Schlaganfalls gehört die zunehmende wissenschaftliche Evidenz für den Nutzen der mechanischen Beseitigung von Thromben aus den Hirngefäßen. Immer mehr Studien haben zuletzt die hohe Wirksamkeit und Sicherheit der Thrombektomie beim akuten Schlaganfall gezeigt.
Eine wichtige Frage, die jetzt zu klären ist, betrifft das bildgebende Verfahren, das am besten bei dieser Intervention eingesetzt werden sollte“, spricht Prof. Norrving ein anderes wichtiges Thema aus der aktuellen Schlaganfallforschung an. „Neue Studienergebnisse sprechen in diesem Zusammenhang für den bevorzugten Einsatz von CT-Angiographie und CT-Perfusion.“
Akute Hirnblutung: Aggressive Blutdrucksenkung bringt Nutzen
Eine Reihe wissenschaftlicher Präsentationen auf dem WCN sind dem Management akuter interzerebraler Blutungen gewidmet, also von Blutungen aus einem verletzten Gehirngefäß in das Gehirngewebe. Die dadurch ausgelösten Symptome und Schädigungen sind einem Schlaganfall sehr ähnlich. „Wir haben immer mehr wissenschaftliche Belege, dass eine sofortige Blutdrucksenkung unter 140 mmHg Vorteile bringt und daher routinemäßig durchgeführt werden sollte“, so Prof. Norrving.
„Wir haben immer mehr wissenschaftliche Belege, dass eine sofortige Blutdrucksenkung unter 140 mmHg Vorteile bringt …“