Samstag, April 20, 2024

Optimierte zielgeneue Behandlung der rheumatoiden Arthritis

In der aktuellen Leitlinie zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis empfehlen Experten eine zielgenaue Therapie und frühere Kontrolle.

Eine frühzeitige und gezielte Behandlung kann bei der rheumatoiden Arthritis (RA) häufig die Zerstörung der Gelenke der Patienten verhindern. Verschiedene Experten – federführend die Deutsche Gesellschaft für Rheumatologie (DGRh) – zeigen in der aktuellen Leitlinie auf, wie die Behandlung der rheumatoiden Arthritis trotz knapper Ressourcen erfolgen muss. Besonders wichtig sind erste Kontrolltermine schon nach sechs Wochen und eine gezielte Behandlung anstelle langfristiger Kortisontherapie.

Im Grunde genommen sind jedenfalls sehr viele Menschen von einer rheumatoiden Arthritis betroffen. Die Rheumaerkrankung ist die häufigste entzündlich-rheumatische Erkrankung. Die chronische Gelenkentzündung verläuft in Schüben und kann bis zu Gelenkverformungen oder gar kompletten Gelenkzerstörungen führen.

 

Behandlung der rheumatoiden Arthritis nach Einsetzen der ersten Beschwerden beginnen

Seit mehreren Jahren fordern Experten bezüglich der Behandlung der rheumatoiden Arthritis, dass die Therapie innerhalb der ersten drei Monate nach dem Einsetzen der Beschwerden beginnen sollte. Die Patienten sollten dabei nicht nur entzündungshemmende Mittel wie Kortison erhalten. Sondern man sollte auch sogenannte „Disease-modifying anti-rheumatic drugs“ (DMARDs), krankheitsmodifizierende Medikamente, anwenden. Denn diese können den Krankheitsverlauf verlangsamen und eine Zerstörung der Gelenke verhindern.

Eine effektive Behandlung der rheumatoiden Arthritis gelingt aber nur, wenn die Patienten regelmäßig untersucht werden. Und wenn der Arzt bei einer fehlenden Verbesserung ein frühzeitiger Wechsel des DMARDs einleitet. Das Ziel der Behandlung bleibt dabei das Erreichen einer Remission. Also das völlige Verschwinden der Krankheitsaktivität. Ooder, wenn das nicht möglich ist, zumindest die niedrigmöglichste Krankheitsaktivität.

Das Prinzip „Treat-to-Target“, das für eine zielgenaue Behandlung der rheumatoiden Arthritis mit DMARDs steht, hat sich allerdings bislang nicht flächendeckend durchgesetzt. Nach aktuellen Zahlen weist ein Drittel der Patienten mit rheumatoider Arthritis nach zwei Jahren noch eine mäßige bis hohe Krankheitsaktivität auf. Und jeder zweite dieser Patienten wird hochdosiert mit Kortison behandelt. Wobei diese Patienten dadurch ein erhöhtes Risiko auf Infektionen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Osteoporose haben.

 

DMARD-Medikamente als Alternative zu Kortison

An medikamentösen Alternativen zu Kortison fehlt es nicht. Zu den konventionellen synthetischen DMARD-Medikamenten wie Methotrexat (MTX) und den biologischen DMARDs sind in den letzten Jahren gezielte synthetische DMARDs hinzugekommen. Beispielsweise mit den Wirkstoffen Baricitinib und Tofacitinib.

Ein Grund für den seltenen Einsatz dieser Substanzen sind vermutlich aber die hohen Preise. In der aktuellen S2e-Leitlinie berücksichtigen die Fachexperten diese Bedenken. Demnach sollte die Therapie mit Methotrexat beginnen. Denn bei vielen Patienten gelingt es, die Krankheit allein mit Methotrexat zu kontrollieren. Bei Patienten, die Methotrexat allerdings nicht vertragen, könnten Ärzte zunächst günstige, synthetische DMARDs wie Leflunomid oder Sulfasalazin anwenden.

 

Frühzeitige Kontrolle der Wirksamkeit der Erstbehandlung

Wichtig ist allerdings, dass die Wirksamkeit der Erstbehandlung frühzeitig kontrolliert wird. Die aktuelle Leitlinie fordert daher einen ersten Kontrolltermin bereits nach sechs Wochen, statt wie bisher nach 12 Wochen.

Im Grunde genommen sollte der Arzt nach sechs Wochen die Verträglichkeit und die Adhärenz, also die Therapietreue des Patienten, sowie auch die Richtigkeit der Dosierung kontrollieren. Bei weiteren Kontrollen nach drei Monaten sollte dann eine messbare Verbesserung eingetreten und nach sechs Monaten das Therapieziel erreicht worden sein. Je nach Ansprechen und Prognosefaktoren könnte man dann ein anderes DMARD verordnen, zwei konventionelle Präparate kombinieren oder aber eine Behandlung mit den biologischen oder gezielt synthetischen DMARD beginnen.

 

Senkung der Kortison-Dosis

Ein wichtiges Ziel der Empfehlungen zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis bleibt die frühzeitige Senkung der Kortison-Dosis. Und zwar idealerweise bis zum kompletten Absetzen. Noch immer verordnen viele Ärzte ihren Patienten dauerhaft Kortison in einer niedrigen Dosis. Jedoch gibt es im Grunde genommen keinen Beweis, dass Kortison in niedriger Dosierung ungefährlich ist. Es muss bei einer optimierten DMARD-Therapie auch keinen zusätzlichen Nutzen bringen.

Einige Rheumapatienten werden unter einer optimierten Behandlung der rheumatoiden Arthritis auf Dauer beschwerdefrei. Die S2e-Leitlinie gibt daher erstmals Empfehlungen zur „Deeskalation“, einem Senken der Medikamente. Das ist nur möglich, wenn die Patienten kein Kortison mehr einnehmen und seit sechs Monaten beschwerdefrei sind. Die Leitlinie geht zudem auch auf den Einfluss von Lebensstilmodifikationen und das Thema der gemeinsamen Entscheidungsfindung von Patient und behandelndem Arzt ein.


Literatur:

Fiehn C, Holle J, Iking-Konert C, Leipe J, Weseloh C, Frerix M, Alten R, Behrens F, Baerwald C, Braun J, Burkhardt H, Burmester G, Detert J, Gaubitz M, Gause A, Gromnica-Ihle E, Kellner H, Krause A, Kuipers J, Lorenz HM, Müller-Ladner U, Nothacker M, Nüsslein H, Rubbert-Roth A, Schneider M, Schulze-Koops H, Seitz S, Sitter H, Specker C, Tony HP, Wassenberg S, Wollenhaupt J, Krüger K. S2e-Leitlinie: Therapie der rheumatoiden Arthritis mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten [S2e guideline: treatment of rheumatoid arthritis with disease-modifying drugs]. Z Rheumatol. 2018 Aug;77(Suppl 2):35-53. German. doi: 10.1007/s00393-018-0481-y. PMID: 29968101.


Quellen:

Leitlinie zur Behandlung bei der rheumatoiden Arthritis

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