Das Halswirbelsäulensyndrom (Zervicalsyndrom, HWS-Syndrom) kann Kopfschmerzen, Schwindel, Seh- und Hörstörungen sowie Halsbeschwerden verursachen.
Bekanntlich treten beim Menschen am häufigsten dann Schmerzen auf, wenn der Stütz- und Bewegungsapparat gestört ist. Das gilt ganz besonders für die Wirbelsäule als häufigste Schmerzursache überhaupt. Betroffene Personen müssen dann sehr oft zum Arzt. Außerdem verursachen die Beschwerden häufig auch, dass der Patient in den Krankenstand muss. Oder dass ein Spitalsaufenthalt notwendig wird. Wobei die Halswirbelsäule (= HWS) der beweglichste, aber auch störanfälligste Teil der Wirbelsäule ist. Hier kann dann das Zervicalsyndrom oder Halswirbelsäulensyndrom (abgekürzt HWS-Syndrom) auftreten. Das ist ein ungenauer Sammelbegriff, der lediglich den erkrankten Abschnitt der Wirbelsäule bezeichnet. In dem Falle ist das also die Halswirbelsäule. Der Begriff sagt aber nichts über Art und Weise der Beschwerden aus.
Welche Strukturen beim Zervicalsyndrom oder Halswirbelsäulensyndrom (HWS-Syndrom) gestört sind
Die Bezeichnungen Zervicalsyndrom oder Halswirbelsäulensyndrom sind daher als endgültige Diagnose nicht geeignet. Hier muss der Arzt mit einer geeigneten Untersuchungstechnik die Schmerzursache exakt diagnostizieren. Denn eine Reihe von Strukturen können für die Schmerzen verantwortlich sein. Dazu zählen die Bandscheiben, die kleinen Wirbelgelenke sowie die Nacken- und Schultergürtelmuskulatur. Allerdings können auch Fehlhaltungen der Halswirbelsäule solche Beschwerden auslösen.
In der Praxis hat es sich bewährt, das man das Halswirbelsäulensyndrom in „oberes“ und „unteres“ einteilt. Denn das hilft den Arzt dabei, die vom Patienten geschilderten Beschwerden richtig abzuschätzen. Und zwar ob eher der obere oder der untere Teil der Halswirbelsäule betroffen ist.
Fehlhaltungen als Grundübel
Fehlhaltungen sind Ausdruck des mangelhaften Zusammenspiels der Muskulatur. Sie sind die häufigsten Ursachen für Beschwerden durch die Wirbelsäule. Gerade einseitige Belastungen am Arbeitsplatz und die generell abnehmende sportliche Aktivität bewirken eine Über- und Fehlbelastung der Halswirbelsäule. Als Gegenmaßnahme muss man deshalb bei einem Zervicalsyndrom an erster Stelle entsprechende Übungen für die Wirbelsäule durchführen. Das kann schließlich weitere Beschwerden der Wirbelsäule verhindern und bestehende Schmerzen lindern.
Für das richtige Durchführen der Übungen stehen diverse Broschüren mit Abbildungen zu Verfügung. Generell ist darauf hinzuweisen, dass Übungen erst dann wirksam werden, wenn sie täglich mindestens 5 bis 10 Minuten lang durchgeführt werden. Nur durch konsequentes Trainieren können bestehende Fehlhaltungen korrigiert werden.
Besonders wichtig wäre der vorbeugende Einsatz von regelmäßiger Heilgymnastik, um eine Wirbelsäulenerkrankung zu vermeiden.
Behandlung je nach Ursache
Wenn der Arzt die Behandlung festlegt, dann richtet sich er konkret nach der Ursache der Beschwerden. So behandelt man beispielsweise Muskelverspannungen mit geeigneten Weichteiltechniken. Dazu gehören Massagen oder das selbstständige Dehnen der Muskeln. Hingegen muss man bei einer Bewegungseinschränkung in einer Region der Halswirbelsäule diesen Teil mobilisieren, um die Bewegung zu verbessern.
Allgemein gilt, dass eine geeignete Physiotherapie den Patienten dabei helfen kann, dass sie Alltag wieder besser meistern können. Sie verbessert weiter die Lebensqualität zu verbessern und hilft, dass man nicht in den Krankenstand gehen muss.
Generell ist darauf hinzuweisen, dass man eigene Übungen Beim Halswirbelsäulensyndrom (HWS-Syndrom, Zervicalsyndrom) täglich mindestens 5 bis 10 Minuten lang durchführen muss. Erst dann helfen sie.
Nicht nur die Ursachen für die Beschwerden sind mannigfaltig. Auch die Behandlung des Zervikalsyndroms ist vielfältig. Im Grunde genommen versucht man bei akuten Beschwerden durch einen Reizabbau zuerst die Schmerzen zu lindern. Bei chronischen Beschwerden kann man hingegen durch die Reizintensivierung eine Besserung erzielen.

Akute Beschwerden
Im akuten Stadium hat sich in vielen Fällen eine vorübergehende Ruhigstellung mittels Schanzkrawatte bewährt. Besonders in der Nacht, wenn man die Bewegungen des Kopfes nicht kontrollieren kann, bringt eine Halskrause meist große Vorteile.
Neben der Ruhigstellung ist auch die lokale Anwendung von Kälte mit Eisbeuteln oder Kältepackungen sehr wichtig. Hingegen sollte man Wärmeanwendungen nur bei chronischen Beschwerden einsetzen.
In den meisten Fällen reicht es bei akuten Beschwerden nicht aus, dass man ohne Medikamente auskommt. Hier können beispielsweise Schmerzmittel wie Antirheumatika die Schmerzen lindern und gegen Entzündungen wirken. Man kann die Schmerzmittel beispielsweise als Tabletten einnehmen. Manchmal empfiehlt der Arzt aber auch eine Infusion. Bei der Infusion kommen auch hoch dosierte Vitaminkomplexe zur Anwendung. Auch die Infiltration der schmerzhaftesten Punkte mit einem Lokalanästhetikum ist äußerst effizient.
Chronische Beschwerden
Bei chronischen Beschwerden versucht man über eine Reizsetzung, die Schmerzbahnen zu beeinflussen. Hierzu eignen sich auch sämtliche Formen von Wärmeanwendung. Und zwar gibt es die in Form von Wärmepackungen, Bädern oder auch als Elektrotherapie. Verschiedene Weichteiltechniken, wie die klassische Massage und die Heilgymnastik, wirken ebenfalls über das Prinzip der Reizeinwirkung.
Die Behandlung mit Medikamenten sowie die Infiltrationstherapie mit Lokalanästhetika sollte jedenfalls allmählich in den Hintergrund treten. Alternativ-medizinische Methoden wie Akupunktur und Physiotherapie können die Therapie zudem hervorragend unterstützen.
Oberes Halswirbelsäulensyndrom: Schwindel und Kopfschmerzen
Beim oberen Halswirbelsäulensyndrom klagen die Patienten über Kopfschmerzen, Schwindel sowie Seh- und Hörstörungen. Gelegentlich kann auch ein Würge- oder Druckgefühl im Hals auftreten. Die Kopfschmerzen treten typischerweise im Bereich des Nackens auf und strahlen in den hinteren Kopf aus.
Ein oberes Halswirbelsäulensyndrom verursacht aber häufig auch Schmerzen im Bereich der Stirne oder Augenhöhlen. Hierzu zählt auch der oft von Schulkindern beschriebene Kopfschmerz im Stirnbereich. Dieser kommt dadurch zustande, dass Schulkinder häufig über längere Zeit mit nach vorne gebeugtem Kopf arbeiten. Sie machen mit nach vorne gebeugter Halswirbelsäule ihre Rechen- und Schreibaufgaben.
Durch die Fehlstellung und Belastung der Halswirbelsäule entsteht ein Spannungskopfschmerz. Der kann aber bei Veränderung der Kopfhaltung meist rasch wieder verschwinden. Leider wird nur in den wenigsten Fällen bei diesem Kopfschmerz an die Halswirbelsäule als Verursacher gedacht.
Laut Studien haben 50% aller Kopfschmerzen und 40% der Schwindel-Erscheinungen ihre Ursache in Funktionsstörungen der oberen Halswirbelsäule. Da die vorher geschilderten Symptome unspezifisch sind, müssen der Arzt auf jeden Fall andere Entstehungsursachen ausschließen.
Unteres Halswirbelsäulensyndrom: Schmerzen in Schultern, Ellenbogen bis in die Hand als Symptome
Beim unteren Halswirbelsäulensyndrom leiden die Betroffenen an Schmerzen, die vom Nacken ausgehen. Dabei sind sie meistens einseitig. Manchmal treten sie aber auch beidseitig auf. Die Zervicalsyndrom-Schmerzen können dann in die Schulter, in den Ellenbogen und sogar bis in die Hand ausstrahlen.
Im Grunde genommen können die Schmerzen im gesamten Verlauf der Arme oder nur in einem Teilgebiet auftreten. Häufig geben die Patienten Gefühlsstörungen an. Das sind dann eingeschlafene Hände, Kribbeln oder Ameisenlaufen im Handbereich. Diese Beschwerden werden vor allem beim Aufwachen in der Nacht geschildert.
Beim Vorliegen solcher Beschwerden sollte man immer auch an die unter Halswirbelsäule als Auslöser denken. Allerdings müssen natürlich auch hier mögliche andere Ursachen ausgeschlossen werden. Denn Erkrankungen im Bereich der Schultergelenke, der Ellenbogen oder das Karpaltunnelsyndrom können auch solche Beschwerden hervorrufen.
Exakte Diagnostik
Zuerst befragt der Arzt den Patienten genau über die Art und die Dauer der Beschwerden. Dann muss er sich das HWS-Syndrom aber auch einmal anschauen. Damit kann er die Form des Halses, die Haltung des Kopfes sowie die Form der Schultersilhouette beurteilen. Die aufrechte Kopf- und Halsposition gilt häufig als Basis für die Diagnose der Beschwerden. Eine aktuelle Studie zeigte, dass bei gesunden Erwachsenen die Halswirbelsäule nach Bewegungen in die aufrechten Positionen zurückkehrt.
Der Patient soll dann einfache Bewegungen wie Vor- und Rückneigen des Kopfes, Seitneigen und Drehbewegungen machen. Je nach Einschränkung des Bewegungsumfanges oder der Schmerzangabe kann man dann mit passivem Testen der Beweglichkeit weitere Unterscheidungen vornehmen. Da die Nackenmuskulatur ein häufiger Störfaktor ist, müssen die wichtigsten Muskeln durch Provokationstests überprüft werden.
Wenn die Schmerzen in den Arm ausstrahlen, dann ist auch eine grobneurologische Untersuchung notwendig. Damit kann man einen motorischen oder sensiblen Ausfall aufdecken. Je nach erhobenem Befund kann man dann jedes einzelne Segment im Bereich der Halswirbelsäule testen. Und zwar ob eine zu geringe oder eine vermehrte Beweglichkeit vorliegt.
Zudem helfen Röntgen der Halswirbelsäule dabei, eine besseren Strukturanalyse zu machen, allerdings sollte die Diagnose Zervicalsyndrom (HWS-Syndrom) durch die exakte Untersuchung der Halswirbelsäule erfolgen, und nicht nur anhand des Röntgenbildes.
Wenn wirklich neurologische Ausfälle bestehen, dann können weiterführende Untersuchungen wie die Kernspintomographie oder Nervenleitgeschwindigkeit notwendig werden. Hinzu kommen ergänzende Laboruntersuchungen. Denn die können entzündliche Zustände oder Erkrankungen des Knochenstoffwechsels als Ursache für das Halswirbelsäulensyndrom aufdecken.
Literatur:
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