Mittwoch, April 17, 2024

Wirksame Schlaganfall-Rezidiv-Prophylaxe mit Acetylsalicylsäure

Zur Prophylaxe vor erneutem Schlaganfall bei offenem Foramen ovale wirkt Acetylsalicylsäure (Aspirin, ASS) genauso gut wie Antikoagulanzien.

Relativ oft kann die Ursache eines Schlaganfalls nicht geklärt werden. Nicht selten haben diese Patienten als Zufallsbefund im Herzultraschall einen „Vorhofseptumdefekt“ bzw. persistierendes Foramen ovale (PFO), das zu paradoxen Embolien und somit zu Schlaganfällen prädisponieren kann. Eine Studie zeigte nun, dass bei den Betroffenen zur Prophylaxe eines erneuten Schlaganfalls Acetylsalicylsäure/ASS genauso gut geeignet ist wie Antikoagulanzien.

Ein sogenanntes offenes (oder persistierendes) Foramen ovale (PFO) ist eine kleine Öffnung in der Scheidewand des rechten und linken Herzvorhofes (Vorhofseptum). Vorgeburtlich ist das Foramen ovale notwendig, damit das Blut nicht durch die Lunge fließt (die ja noch nicht arbeitet), sondern direkt vom venösen Gefäßsystem in das arterielle gepumpt wird. Meistens verschließt sich das Foramen nach der Geburt. Gelegentlich persistiert es aber auch und wird dann häufig zufällig entdeckt (als Herzgeräusch oder als Zufallsbefund bei einer Herzultraschalluntersuchung). Ein PFO bereitet normalerweise keine Beschwerden, kann aber zu Schlaganfällen prädisponieren, da kleine Blutgerinnsel (Thromben), die sich irgendwo im Venensystem (beispielsweise in den Beinen) unbemerkt bilden können, dann mit dem Blutstrom in Hirnarterien gelangen können. Dort kann ein solches Gerinnsel eine Hirnembolie (ischämischer Schlaganfall) auslösen. Wenn bei Schlaganfallpatientinnen und -patienten keine andere Emboliequelle gefunden wird („ESUS: embolic stroke of undetermined source“), kann ein PFO die Ursache sein.

Zur Prophylaxe erneuter Schlaganfälle kann ein PFO interventionell verschlossen werden. Dafür gibt es gute wissenschaftliche Evidenz. Eine andere Möglichkeit ist eine medikamentöse, gerinnungshemmende Therapie. Diese kann mit Antikoagulanzien (direkte Hemmung plasmatischer Gerinnungsfaktoren bzw. deren Co-Faktoren) oder mit Hemmern der Blutplättchen (Thrombozytenaggregationshemmer, beispielsweise Acetylsalicylsäure/ASS) erfolgen. Dabei ist nach der bisherigen Datenlage bei Patienten mit ESUS und PFO die Antikoagulation gegenüber der Plättcheninhibition zu bevorzugen.

Um die Evidenzlage zu verbessern, analysierte eine aktuelle Studie Daten einer präspezifizierten Subgruppe der „RE-SPECT ESUS“-Studie. Über 5.000 ESUS-Patienten (mit und ohne PFO) waren zu gleichen Teilen randomisiert worden und erhielten zur sekundären Schlaganfallp-Prophylaxe entweder das direkte orale Antikoagulans Dabigatran (150 oder 110 mg zweimal täglich) oder täglich 1×100 mg Acetylsalicylsäure. Primärer Endpunkt war die Rate der Schlaganfall-Rezidive. Außerdem wurde die Rate ischämischer Schlaganfälle von Patienten mit versus ohne PFO erfasst.

Ein PFO war bei 680/5.388 Patienten (12,6%) vorhanden – bei 319/2694 in der Dabigatran-Gruppe, (11,8%) und bei 361/2694 (13,4%) in der ASS-Gruppe. In der PFO-Subgruppe war (gegenüber der Gruppe ohne PFO) das mittlere Alter niedriger und der Anteil an Patienten <60 Jahren größer. Die Patienten der PFO-Subgruppe hatten weniger schwere Schlaganfälle und weniger vorbestehende Schlaganfall-Risikofaktoren. Das Risiko für ein Schlaganfallrezidiv war in den Gruppen Dabigatran versus ASS (mit/ohne PFO) statistisch nicht signifikant unterschiedlich (ca. 3-5%). In der PFO-Subgruppe zeigte die Metaanalyse aller vorhandenen (einschließlich der neuen) Daten ebenfalls keine signifikanten Unterschiede für das Antikoagulans versus ASS hinsichtlich des Risikos eines erneuten ischämischen Schlaganfalls (OR 0,7).

„Zusammenfassend bedeutet das, dass bei Schlaganfall-Patienten mit einem PFO die Antikoagulation nicht wirksamer war als ASS“, kommentiert DGN-Pressesprecher Prof. Dr. med. Hans-Christoph Diener, Essen. „Somit ist letztendlich auch die Empfehlung der Favorisierung von oralen Antikoagulanzien gegenüber der Plättchenhemmung zu überdenken; zumal ASS insgesamt weniger Nebenwirkungen hat und deutlich kostengünstiger ist.“


Quelle:

Pressestelle der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN): www.dgn.org

Related Articles

Aktuell

Ernährung bei Frauen in der Perimenopause

Der Einfluss des Zustands der Ernährung von Frauen in der Perimenopause ist ein wichtiger Faktor für deren Gesundheit und Lebensqualität. Der Zustand der Ernährung spielt...
- Advertisement -

Latest Articles

Warum HIV trotz Kombinationstherapie höchst aktiv sind

Neue Herausforderungen in der HIV-Behandlung sind, dass aktive HI-Viren trotz Kombinationstherapie weiterhin aktiv bleiben. Die HIV-Kombinationstherapie, eingeführt in den 1990er Jahren, gilt als Meilenstein in...

Partnerschaft mit Diabetes-Patienten: auch die Partner profitieren von Einbeziehung

Den Partner in die Diabetes-Behandlung zu integrieren, verbessert die Partnerschaft und das gemeinsame Wohlbefinden. Diabetes Typ-2 stellt nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für...

Medikamente können die Sicherheit beim Fahren beeinträchtigen

Vorsicht im Verkehr: Die Einnahme mancher Medikamente können die Sicherheit beim Fahren beeinträchtigen, weil sie beispielsweise die Reaktionsfähigkeit im Straßenverkehr herabsetzen. Die Einnahme bestimmter Medikamente...