Donnerstag, März 28, 2024

Wie Herzinsuffizienz-Patienten optimal betreut werden können

Herzinsuffizienz-Patienten können bestens betreut werden, wenn konservative und interventionelle Kardiologen sowie Herzchirurgen optimal kooperieren.

Um Patienten mit Herzschwäche optimal zu versorgen, sind strukturierte Versorgungspfade und eine enge Zusammenarbeit von Spezialisten der konservativen und interventionellen Kardiologie sowie der Herzchirurgie erforderlich. Die unterschiedlichen Experten arbeiten in „Herz-Teams“ in Klinken oder in Versorgungsnetzwerken zusammen, in denen Herz-Zentren, Pflegepersonal, Hausärzten und niedergelassene Fachärzten koordiniert werden.
Der Frage, wie sich die Behandlung und laufende Betreuung von Herzschwäche-Patienten optimal gestalten lässt, widmen sich Experten beim Dreiländertreffen Herzinsuffizienz (1.-3. Oktober 2015), das heuer in Seefeld in Tirol stattfindet und von Univ.-Doz. Dr. Gerhard Pölzl (Universitätsklinik für Innere Medizin III, Innsbruck), OA Dr. Christian Ebner (Krankenhaus der Elisabethinen Linz) und OA Priv.-Doz. Dr. Deddo Mörtl(Universitätsklinikum St. Pölten) gemeinsam mit Kollegen aus der Schweiz und Deutschland ausgerichtet wird. Das Tagungsthema ist nicht nur von medizinischer, sondern auch von höchster gesundheitspolitischer Relevanz. „Geschätzte 300.000 Personen sind in Österreich von Herzinsuffizienz betroffen, bei steigender Tendenz. Denn das Erkrankungsrisiko steigt mit dem Alter“, so Doz. Pölzl.  Bei über 65-Jährigen ist Herzinsuffizienz die häufigste Ursache für eine stationäre Aufnahme.
Leitmotiv des Kongresses ist die Schnittstellenthematik zwischen konservativer, interventioneller und chirurgischer Behandlung von Herzpatienten. „Im Idealfall sollte die Abstimmung in einem ‚Herzinsuffizienz-Team’ erfolgen, in dem auf die medikamentöse Therapien und auf Katheterinterventionen spezialisierte Kardiologen und Herzchirurgen gemeinsam abwägen, welche Methode für den individuellen Patienten jeweils am besten geeignet ist“, so Doz. Pölzl. „Der gesamte Kongress ist so aufgebaut, dass verschiedene Krankheitsbilder, die mit der Herzinsuffizienz im Zusammenhang stehen, aus Sicht dieser drei Perspektiven diskutiert werden. Damit zeigen wir auf, dass der optimale Weg ein gleichberechtigtes Miteinander der Spezialisierungen ist.“

 

Konventionelle Kardiologie bei Herzinsuffizienz

Der Großteil der Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz benötigt eine sogenannte konservative Therapie – also die medikamentöse Behandlung. Wie Doz. Mörtl, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Herzinsuffizienz der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft, betont, ist die „konservative Kardiologie die Basistherapie für alle Herzinsuffizienz-Patientinnen und -Patienten. Bei einem kleineren Teil der Betroffenen ist zusätzlich eine Intervention oder eine Operation erforderlich. Der passende Eingriff zum richtigen Zeitpunkt ist hier idealerweise eine Team-Entscheidung.“
Die Arbeitsgruppe Herzinsuffizienz der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft empfiehlt, im Gleichklang mit der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie, dass Herzschwäche-Patienten in strukturierten Versorgungsprogrammen betreut werden sollten. „Disease-Management-Programme mit den unterschiedlichen Spezialisten auf unterschiedlichen Versorgungsstufen, vom Pflegedienst und dem Hausarzt bis zum Spezialzentrum, sollten endlich österreichweit zum Standard werden“, fordert OA Mörtl anlässlich der Dreiländertagung. „Mittlerweile besteht zwar von Seiten der Politik der Auftrag, solche Programme zu etablieren, aber die Umsetzung passiert nur schleppend.“ Derzeit werden strukturierte Disease-Management-Programme für Herzschwäche-Patienten nur punktuell aufgrund von Einzelinitiativen durchgeführt. „Man muss nicht jeder Region exakt das selbe Programm vorschreiben, aber die Kernelemente sollten dieselben sein“, so Doz. Mörtl. Die Arbeitsgruppe Herzinsuffizienz der Österreichischen Kardiologischen Gesellschaft arbeitet derzeit an einem Positionspapier, das die notwendigen Komponenten eines Disease-Management-Programms Herzschwäche definiert.

 

Interventionelle Kardiologie oder Herzoperation – Entscheidung im Team

Während die Herzchirurgie „am offenen Herzen“ operiert, nimmt die interventionelle Kardiologie mit dem Herzkatheter Untersuchungen und Eingriffe vor. Dieser wird über die Blutgefäße ins Herz geführt. Die interventionelle Kardiologie hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt und kommt in immer mehr Bereichen zum Einsatz, die früher der Herzchirurgie vorbehalten waren, wie Doz. Pölzl berichtet: „Die aktuellen Entwicklungen betreffen vor allem Herzklappenerkrankungen und Verengungen der Herzkranzgefäße. Die kathetergestützte Aortenklappenimplantation (TAVI) hat sich als eine echte Alternative zum chirurgischen Klappenersatz erwiesen.“ Ursprünglich wurde diese Methode bei Patienten eingesetzt, für die eine offene Operation aufgrund ihres schlechten Gesundheitszustandes nicht infrage kam. Nun gibt es bereits einen Trend diese Technik auch bei weniger kranken Patienten einzusetzen. „Auch bei der Versorgung undichter Mitralklappen, der Herzklappe zwischen linkem Vorhof und linker Herzkammer, gibt es mit dem sogenannten Mitraclip eine interventionelle Behandlungsoption, die in bestimmten Fällen zielführend sein kann“, so Dr. Pölzl.
Ob Operation oder Intervention im Einzelfall die Methode der Wahl für einen Patienten ist,  wird ebenso im interdisziplinären Herzteam diskutiert und entschieden, wie die Frage, ob ein Stent mittels Herzkatheter gesetzt werden soll, um die Erweiterung der Gefäße zu unterstützen, oder ob mit einer herzchirurgischen Bypass-Operation die Gefäßengstellen überbrückt werden.

 

Chirurgische Eingriffe: Den richtigen Zeitpunkt finden

Wenn andere Optionen nicht greifen, berät das Spezialistenteam über große chirurgische Eingriffe wie zum Beispiel eine Herztransplantation, das Einsetzen von Pumpen und Herzunterstützungssystemen (Ventricle Assist Devices, VAD) oder von Kunstherzen. Für Univ.-Prof. Dr. Michael Grimm, Herzchirurg und Direktor der Universitätsklinik für Herzchirurgie in Innsbruck, ist die Zusammenarbeit zwischen Chirurgen und Kardiologen essenziell, um den optimalen Zeitpunkt für die Eingriffe zu finden und je nach den Notwendigkeiten und Bedürfnissen des einzelnen Patienten die beste Behandlungsstrategie zu entwickeln. „Die Patienten werden von kardiologischer Seite medikamentös einige Wochen oder Monate vorbereitet, damit bei der Operation das Risiko so gering wie möglich ist“, so Prof. Grimm. Für den Chirurgen ist ein enger und regelmäßiger Kontakt mit dem Herzinsuffizienz-Kardiologen entscheidend: „In der Universitätsklinik Innsbruck gibt es seit wenigen Wochen ein auch räumlich konzentriertes Herzzentrum. Die Dienstzimmer und die Ambulanzen der Chirurgen und Kardiologen befinden sich nebeneinander“, berichtet Prof. Grimm. Diese Gegebenheiten sind in Österreich einzigartig. „Das ist ein ideales Modell, um Kommunikation und Abläufe zu verbessern“, so der Chirurg. Das Hauptproblem in der Teamarbeit ist, dass aufgrund von Tagesabläufen mit vielen Unterbrechungen und Unregelmäßigkeiten die Kommunikation schlecht funktioniert und nicht in Ruhe diskutiert werden kann. „Deshalb ist es notwendig, eine strukturelle Kommunikationsbasis für die Behandlung der Herzinsuffizienz aufzubauen“, resümiert Prof. Grimm.

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