Samstag, April 20, 2024

Wie der Körper Lungenzellen erneuern kann

Wie der Körper Lungenzellen erneuern kann, wie die Lunge sozusagen ihre Wunden heilt, konnte nun mittels Massenspektrometrie nachvollzogen werden.

Unsere Lunge ist permanent widrigen Umwelteinflüssen ausgesetzt, die die Lungenzellen schädigen oder gar zerstören können. Folglich muss das betroffene Gewebe so schnell wie möglich ersetzt werden. Unlängst konnten dazu Wissenschaftler detaillierte Einblicke in die dynamischen Veränderungen der Gewebszusammensetzung während des Prozesses, dem Lungenzellen erneuern, gewinnen.

 

Lungenerkrankungen dritthäufigste Todesursache weltweit

Lungenerkrankungen sind derzeit nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) die dritthäufigste Todesursache der Welt: Toxische Partikel, Infektionen und chronische Entzündungsreaktionen bedrohen unsere Atemwege. Ein entscheidender Vorgang ist in diesem Zusammenhang die Heilung des Lungengewebes nach erfolgter Schädigung. Da kausale Therapien zurzeit rar sind, ist es wichtig, zu verstehen, wie diese Entzündungs- und Heilungsprozesse in der Lunge ablaufen.

Übrigens ist die Lungenfibrose eine chronische Lungenerkrankung. Der normale Verlauf der Lungenregeneration ist gestört, was zu einer starken Ansammlung von Eiweißen in der EZM führt. Die Folge ist eine Versteifung der Lungen und eine erschwerte Atmung.

Ein interdisziplinäres Wissenschaftlerteam um Prof. Dr. Matthias Mann, Direktor am MPI für Biochemie, und Prof. Dr. Oliver Eickelberg, Chairman am Comprehensive Pneumology Center (CPC) des Helmholtz Zentrums München und des Klinikums der Universität München, konnte unlängst mit Hilfe neuer Methoden der Massenspektrometrie die dynamischen Veränderungen in der Zusammensetzung des Lungengewebes in den unterschiedlichen Phasen der Geweberegeneration genau ermitteln und darzustellen.

 

Durch Stammzellen Lungenzellen erneuern

Um sich nach einer Verletzung zu regenerieren, ersetzt die Lunge die geschädigten Zellen in ihrer Oberfläche durch Stammzellen und kann so im Prinzip die Lungenzellen erneuen. Die molekularen Mechanismen dieses Vorgangs sind bisher nur wenig untersucht und verstanden. Kommt es zu einer solchen Verletzung, müssen die für die Reparatur nötigen Stammzellen durch eine komplexe Mischung aus Botenstoffen und Proteinen der Extrazellulären Matrix (EZM) aktiviert werden.

Nur durch dieses komplexe Zusammenspiel kann der Ursprungszustand der Lunge wiederhergestellt werden. Erstmals wurde nun die genaue Menge von über 8.000 Proteinen des Lungenproteoms im gesamten Zeitverlauf dieses mehrstufigen Reparaturprozesses ermittelt und bioinformatisch ausgewertet. „Insbesondere die jetzt gewonnene Information zur genauen Zusammensetzung und Veränderung der EZM und deren dynamischer Interaktion mit verschiedenen Botenstoffen, erlaubt es uns neue Hypothesen zur Aktivierung von Stammzellen in der Lunge zu entwickeln“, erklärt Dr. Herbert Schiller, Erstautor der Studie.

Die Forschungsergebnisse sind eine wichtige Basis für weitere translationale Forschungsansätze zur Entstehung der Lungenfibrose* und chronischer Lungenerkrankungen im Allgemeinen, so die Wissenschaftler. „Diese neuartige Methode der Massenspektrometrie erlaubt es uns, Unterschiede in der Art und Menge von Eiweißstoffen bei Patienten und Gesunden zu analysieren und so völlig neue Therapieansätze für chronische Lungenkrankheiten zu entwickeln“, blickt Eickelberg voraus.


Literatur:

Schiller, HB et al. (2015) Time- and compartment-resolved proteome profiling of the extracellular niche in lung injury and repair. EMBO Molecular Systems Biology, DOI: 10.15252/msb.20156123


Quellen:

Max-Planck-Institut (MPI) für Biochemie

Helmholtz Zentrum München

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