Donnerstag, März 28, 2024

Gemeine Wegwarte, Zichorie: Heilpflanze, Kaffeeersatz und Gemüsepflanze

Die Gemeine Wegwarte, Zichorie, hat als Heilpflanze, Kaffeeersatz und Gemüsepflanze lange Tradition. 2020 ist sie nun die Heilpflanze des Jahres.

Fast an jedem Straßen- und Wegesrand kann man im Sommer die Wegwarte sehen. Die Gemeine Wegwarte – Cichorium intybus L. oder Zichorie, Chicorée – ist ein mehrjähriges Kraut aber auch eine Heilpflanze aus der Gattung Cichorium, Familie Asteraceae, und wird weltweit angebaut. Lange Zeit diente Zichorie vor allem auch als Tierfutter. Heute wird die Gemeine Wegwarte aber auch immer öfter in der Lebensmittelindustrie verwendet. Und zwar als Salat, für Tees und Teemischungen, zur Kaffeeergänzung und als Quelle für die Produktion von Inulin. Zudem besteht ein zunehmendes Interesse an der Verwendung von Zichorie für die Herstellung und Nahrungsergänzung von Lebensmitteln.

Als bitteres Anregungs- und Kräftigungsmittel fördert die Gemeine Wegwarte die Gallensekretion und ging als Kaffeeersatz in die Geschichte ein. Auch in der Homöopathie kommt die Wegwarte als Heilpflanze zur Anwendung. Und zwar bereitet man die Urtinktur Cichorium intybus aus der frischen Wegwartenwurzel zu. Weiter ist Chicorée – wie Radicchio, Wurzelzichorie und Zuckerhut eine Kulturformel der Gemeinen Wegwarte beziehungsweise Zichorie – auch die 8. Bachblüte.

 

Wegwarte ist eine vergessene Heilpflanze und blaue Schönheit

Die Wegwarte wurde bereits im Altertum als Heilpflanze genutzt. Schon Plinius und Dioskurides lobten diese Pflanze als magenstärkendes Gemüse. Karl der Große ließ die Wegwarte schließlich als Heil- und Speisepflanze unter der Bezeichnung „Intubas“ gemäß seiner Landgüterverordnung von seinen Landpächtern anbauen. Im späteren Mittelalter fand man sie in Klostergärten und Medizinalgärten.

Auch Hildegard von Bingen empfahl dieses Kraut als sogenannten „Sonnenwirbel“ bei Heiserkeit und Verdauungsstörungen. Schon viele Jahrhunderte wurde die Wegwarte in der Volksmedizin innerlich und äußerlich als vorzügliches Mittel zur Anregung der Verdauung verwendet, kam aber auch bei Hautkrankheiten und Augenentzündungen zur Anwendung.

Selbst heute findet der Tee aus Blätter oder Wegwartenwurzel bei Appetitlosigkeit, Leberkrankheiten, Gallenbeschwerden und Stoffwechselstörungen Verwendung. Die Wegwarte ist das beste Mittel zur Heilung der Milz und der gesundheitlichen Probleme, die aus der gestörten Milzfunktion resultieren.

Auch auf den Gemütszustand wirkt die Wegwarte. Der Genuss der bitteren Wegwarte führt meist zu einer besseren Laune und gelösteren Stimmung.

Nicht zu vergessen: Die Wegwarte ist eine Einschleuserpflanze für Kalium. Wenn der Körper Probleme mit der Aufnahme von Kalium hat, dann kann die Wegwarte hier erfolgreich entgegenwirken. Außerdem wirkt der Saft aus Frischpflanzen sehr positiv auf die Bauchspeicheldrüse. Und zwar täglich 2 Teelöffel Saft aus der ganzen Pflanze, der jedoch sehr bitter schmeckt!

 

Kaffeewurzel – Kaffeeersatz in Notzeiten

Aus der Wegwarte sind im Laufe der Zeit viele Zuchtformen entstanden: Zum einen die viel genutzte Kaffee-Zichorie und zum anderen die Variante mit den Unterarten Radicchio, Chicoree und Zuckerhut, auch die Endivie ist eine nahe Verwandte. Die blaue Wegwarte wurde wegen ihrer bitteren Wurzeln im 18. Jahrhundert in Zucht genommen und feldmäßig angebaut.

Aus den gerösteten und gemahlenen Wurzeln ließ sich damals ein Kaffeeersatz zubereiten oder der sündhaft teure Bohnenkaffee wurde damit gestreckt, sodass selbst der dünnste „Blümchenkaffee oder Muckefuck“ noch einen bitteren Geschmack aufwies.

Während der beiden Weltkriege wurde der Ersatzkaffee reichlich getrunken. Für die Herstellung des Kaffees schneidet man die Wurzel in kleine Stücke und trocknet sie, anschließend werden sie langsam ohne Fettzugabe geröstet. Die gerösteten Wurzelstücke werden gemahlen und können dann wie Bohnenkaffee aufgebrüht werden.

 

Alle Verwandten sind Vitaminbomben

Allen Zuchtformen gemein ist der Gehalt an essenziellen Spurenelementen. Wobei hier Eisen, Zink, Selen, Jod, Vorstufen zum Vitamin A, B- Vitamine, Folsäure, Vitamin C, Inulin sowie Intibyn zu nennen sind. Dabei stärkt die Wegwarte die Darmzellen sowie die krebsabwehrende Bakterien. Und zwar unterstützt sie deren ständigen Abwehrkampf gegen Entartung und Schadstoffe. Dabei ist das Inulin ein wichtiger Helfer.

Im Grunde genommen sind einige in Chicorée enthaltenen Verbindungen wie Polyphenole, Inulin, Oligofructose und Sesquiterpenlactone als potenzielle Träger der Lebensmittelfunktionalität. Diese ernährungsphysiologischen, mineralischen und bioaktiven Zusammensetzungen der Zichorienpflanze und sowie die wichtigsten biologischen Aktivitäten hängen mit dem Vorhandensein bioaktiver Verbindungen in den verschiedenen Pflanzenteilen zusammen.

 

Die Gemeine Wegwarte (Zichorie) aus botanischer Sicht

Die Gemeine Wegwarte wird auch Zichorie genannt und zählt zur Familie der Korbblütler (Asteraceae). Experten haben die Gemeine Wegwarte (Zichorie) unlängst zur Heilpflanze des Jahres 2020 gewählt. Sie ist eine ausdauernde Pflanze und wird bis zu 100cm hoch. Die blauen Blüten erscheinen von Juli bis Oktober. Man findet das mehrjährige Kraut an Straßen- und Wegrändern, Bahndämmen sowie auf Schuttflächen.


Literatur:

Perović J, Tumbas Šaponjac V, Kojić J, Krulj J, Moreno DA, García-Viguera C, Bodroža-Solarov M, Ilić N. Chicory (Cichorium intybus L.) as a food ingredient. Nutritional composition, bioactivity, safety, and health claims. A review. Food Chem. 2021 Jan 30;336:127676. doi: 10.1016/j.foodchem.2020.127676. Epub 2020 Jul 29. PMID: 32768902.

Germ M, Kacjan-Maršić N, Kroflič A, Jerše A, Stibilj V, Golob A. Significant Accumulation of Iodine and Selenium in Chicory (Cichorium intybus L. var. foliosum Hegi) Leaves after Foliar Spraying. Plants (Basel). 2020 Dec 13;9(12):E1766. doi: 10.3390/plants9121766. PMID: 33322207.

Renée A. Street, Jasmeen Sidana, and Gerhard Prinsloo. Cichorium intybus. Traditional Uses, Phytochemistry, Pharmacology, and Toxicology. Evid Based Complement Alternat Med. 2013; 2013: 579319.

S.HIRSCH, F. GRÜNBERGER: Die Kräuter in meinem Garten (2012) Freya – Verlag

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