Nahrungsmittel, Obst und Gemüse, sowie Nahrungsergänzungen können zu starken Wechselwirkungen mit Arzneimitteln führen, und zwar besonders Johanniskraut und Grapefruit.
Die Problematik ist in der Medizin seit langem sehr gut bekannt. Wenn betagte Patienten zu viele Medikamente gleichzeitig einsetzen, steigt durch diese Polymedikation (auch Multimedikation oder Polypharmazie genannt) die Wahrscheinlichkeit von unerwünschten Neben- und Wechselwirkungen. Aber auch als gesund geltende Lebens- und Nahrungsergänzungsmittel (NEM) können die Wirkung von Arzneimitteln verändern. Speziell die Wechselwirkungen von Johanniskraut und Grapefruit sind seit langem im Blickpunkt zahlreicher Studien.
Beipackzettel der Medikamente beachten
Es gibt nicht ohne Grund immer den Hinweis in Beipackzetteln, ob ein Medikament vor, beim oder nach dem Essen eingenommen werden soll. Das muss beachtet werden. Denn sonst kommt vom Wirkstoff im Blut entweder zu wenig oder zu viel an. So muss beispielsweise das Schilddrüsenhormon L-Thyroxin eine halbe Stunde vorher eingenommen werden, sonst interagiert es mit dem Essen und wird nicht richtig freigesetzt.
Johanniskraut und Grapefruit
Problematische Wechselwirkungen entstehen vor allem auch durch natürliche, unveränderte Lebensmittel und Pflanzentherapeutika. Denn viele Menschen glauben, dass Pflanzliches immer unbedenklich und gut ist. Hingegen vermutet man bei chemischen Substanzen durchaus Probleme wie Wechselwirkungen. Dabei können auch pflanzliche Stoffe wie im Johanniskraut und der Grapefruit große Schwierigkeiten machen.
Johanniskraut
Johanniskraut ist als altbewährtes Hausmittel für seinen stimmungsaufhellenden, stabilisierenden und angstlösenden Effekt bekannt. Je nach Menge verursacht Johanniskraut aber drastische Wechselwirkungen. Beispielsweise wird die Wirksamkeit von Statinen herabgesetzt, die Wahrscheinlichkeit für eine Digoxinvergiftung steigt. Ein besonderes lebensbedrohliches Risiko entsteht nach einer Transplantation durch Herz- oder Nierenabstoßung. Grundsätzlich sollte vor einer Operation Johanniskraut mindestens für fünf Tage abgesetzt werden, sonst kann es zu verstärkten Blutungen kommen.“
Grapefruit
Ähnlich problematisch ist die Grapefruit. Sie ist ein Beispiel dafür, dass ein Nahrungsmittel keinen Ergänzungsstoff braucht, um eine starke Wirkung zu entfalten. Demnach führt der Stoff, der die Grapefruit bitter macht, zu massiven Wechselwirkungen bei der Aufnahme von Arzneimitteln. Neben der Bioverfügbarkeit verändert sich die Wirksamkeit von Immunsuppressiva, Statinen und Kalziumantagonisten. Das kann dann besonders für Herz- und Krebspatienten schwerwiegende Folgen haben. Deswegen empfehlen Experten, dass Patienten keine Grapefruit essen sollten, wenn sie auch Arzneimittel anwenden. Der Nutzen ist zu gering, die Gefahren sind zu groß.
Koffein
Schließlich kann auch Koffein bei Personen, die an einer Herzmuskel- oder Herzkranzgefäßerkrankung leiden, erhebliche Herzrhythmusstörungen auslösen. Denn Koffein ist von seinen ganzen Charakteristika ein hochwirksamer Wirkstoff, der auch einen positiven Effekt speziell für alte Menschen erzielt. Wenn man beispielsweise Patienten mit prädemenziellem Syndrom, die an Schlaflosigkeit leiden, abends Kaffee gibt, dann werden sie ruhiger. Das sorgt für eine paradoxe Schlafförderung. Abhängig von der individuellen Konstitution kann Koffein also ganz unterschiedliche Wirkungen haben.
Literatur:
St. John’s Wort. In: Drugs and Lactation Database (LactMed). Bethesda (MD): National Library of Medicine (US); July 20, 2020.
Chrubasik-Hausmann S, Vlachojannis J, McLachlan AJ. Understanding drug interactions with St John’s wort (Hypericum perforatum L.): impact of hyperforin content. J Pharm Pharmacol. 2019;71(1):129-138. doi:10.1111/jphp.12858
Chen M, Zhou SY, Fabriaga E, Zhang PH, Zhou Q. Food-drug interactions precipitated by fruit juices other than grapefruit juice: An update review. J Food Drug Anal. 2018;26(2S):S61-S71. doi:10.1016/j.jfda.2018.01.009
Arayne MS, Sultana N, Bibi Z. Grape fruit juice-drug interactions. Pak J Pharm Sci. 2005;18(4):45-57.
Quelle:
http://www.dggeriatrie.de/ – Statement von Prof. Dr. Martin Wehling, Institut für Experimentelle und Klinische Pharmakologie und Toxikologie an der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg