Donnerstag, März 28, 2024

Was klinische Forschung in Österreich braucht

Obwohl Arzneimittelstudien hohen Nutzen für Gesundheit, Gesellschaft und Wirtschaft stiften, fehlen entsprechende Rahmenbedingungen, um ihre Effekte voll entfalten zu können.

2020 wurden in Österreich insgesamt 273 klinische Prüfungen, in deren Rahmen Impfstoffe und Medikamente entwickelt werden, bei der Behörde beantragt, darunter auch ein Impfstoff sowie zehn Therapeutika gegen COVID-19. 2019 waren es 268 Anträge. Die Anzahl der klinischen Prüfungen bleibt damit nach einem deutlichen Rückgang im Jahr 2017 weiterhin auf einem eher niedrigen Niveau. Die Herausforderungen zeigen sich insbesondere in Bezug auf genügend Personal mit entsprechendem Know-how, Anzahl an Studienteilnehmern, Ausbau der Forschungsinfrastruktur sowie finanzielle Förderungen von klinischen Studien.

„Konkret geht es darum, die bisher unzureichende Finanzierung der Studieninfrastruktur zu verbessern, die Digitalisierung von Studien sowie die bundesweite Vernetzung zwischen Krankenhäusern und niedergelassenem Bereich voranzutreiben, um mehr Patientinnen und Patienten und damit international wettbewerbsfähige Studiengrößenordnungen zu erreichen“, erläutert Alexander Herzog, Generalsekretär der PHARMIG. Das ist insbesondere mit Inkrafttreten der Clinical Trials Regulation (EU) NO 536/2014 Anfang 2022 relevant. Mit dieser EU-Verordnung wird ein zentrales Einreich- und Bewertungssystem für klinische Prüfungen in der Europäischen Union etabliert. Österreich wird damit seinen Vorteil eines raschen Genehmigungsverfahrens von klinischen Prüfungen verlieren und muss als kleines Land umso mehr mit Qualität, Know-how und Service punkten.

Zusätzlich erschwert der Mangel an Fachpersonal die Situation. Denn die Abwicklung klinischer Studien erfordert neben Patientinnen und Patienten die Zusammenarbeit vieler unterschiedlicher Berufsgruppen und Gremien, zu denen Ärztinnen und Ärzte, speziell ausgebildeten „Study Nurses“, klinisches Personal, Behörden, Ethikkommissionen und die pharmazeutische Industrie zählen.

Auch die anonymisierte und datenschutzkonforme Nutzung von im Gesundheitssystem bereits vorhandenen Gesundheitsdaten (Real World Data) würde dazu beitragen, den Erkenntnisgewinn bei Diagnose, Verlauf und Risikofaktoren von Krankheiten entscheidend zu erhöhen. Forschungsprojekte im Arzneimittelbereich könnten leichter und schneller aufgesetzt und Österreich international als Studienstandort interessanter gemacht werden.

Die Vorteile klinischer Forschung liegen laut Herzog auf der Hand: „Die COVID-19-Pandemie hat deutlich vor Augen geführt, dass Gesundheit zu den wesentlichsten Faktoren für eine funktionierende Wirtschaft und Gesellschaft zählt. Je mehr Arzneimittelstudien durchgeführt werden, desto mehr Patientinnen und Patienten können von ihnen profitieren. Für viele von ihnen bedeutet die Teilnahme an diesen Studien die letzte Rettung. Sie profitieren etwa vom frühen Zugang zu modernsten Medikamenten, und zwar noch bevor diese am Markt erhältlich sind.“

Darüber hinaus tragen die von der pharmazeutischen Industrie finanzierten Studien mit 100 Millionen Euro pro Jahr zur Entlastung des Gesundheitssystems bei. Schlussendlich generiert die Summe der Forschungsprojekte eine jährliche Wertschöpfung von 144,2 Millionen Euro, wie auch eine 2020 vorgestellte Studie des Instituts für Pharmaökonomische Forschung (IPF) und der PHARMIG belegt.

„Einzelne Koryphäen aus der Wissenschaft haben in den letzten Jahren Österreich den Rücken gekehrt und sind ins Ausland gegangen. Um das zu verhindern, muss ein forschungsfreundliches Klima geschaffen und dabei auch gezielt bei arbeitsrechtlichen Aspekten angesetzt werden, um Expertinnen und Experten im Land zu halten und auch Nachwuchstalente zu fördern und ihnen eine langfristige Perspektive zu verschaffen“, mahnt Herzog.


Quelle:

PHARMIG – Verband der pharmazeutischen Industrie Österreichs: www.pharmig.at

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