Donnerstag, März 28, 2024

Auf den Kopf gestellt: Wann Gesichter schöner wirken

Wann Gesichter schöner wirken, zeigte eine Studie, bei der Probanden auf dem Kopf stehende Gesichter mit aufrechten Gesichtern vergleichen mussten.

Auf dem Kopf stehende Gesichter werden als schöner wahrgenommen als aufrechtstehende. Je weniger schön ein Gesicht ist, desto mehr profitiert es von der Drehung, wird also subjektiv als schöner empfunden. Warum Gesichter wann schöner wirken und was uns dieser Effekt über unsere mentale Verarbeitung verrät, haben unlängst PsychologInnen um Helmut Leder und Jürgen Goller von der Universität Wien untersucht.

 

Wenn Gesichter umgedreht sind, fällt es wesentlich schwerer, Personen wiederzuerkennen oder ihren Gesichtsausdruck zu interpretieren

Das Universum unterscheidet grundsätzlich nicht zwischen oben und unten; ganz im Gegenteil zu uns Menschen, für die diese Unterscheidung zu den selbstverständlichsten Dingen des Alltags zählt. Oben und unten sind als Kategorien der Orientierungshilfe so essentiell, dass sie auch in unserer Wahrnehmung und unserem Gehirn ihre Spuren hinterlassen haben. Vor allem die visuelle Wahrnehmung und ihre mentale Verarbeitung haben sich im Zuge der Evolution auf diesen Oben-und-Unten-Modus eingespielt. „Wenn Dinge plötzlich auf dem Kopf stehen, ist dadurch unsere Wahrnehmung erheblich gestört“, erklärt Jürgen Goller vom Institut für Psychologische Grundlagenforschung der Universität Wien. Dies lässt sich eindrucksvoll an Hand von Gesichtern illustrieren: Wird das Bild einer Person umgedreht, fällt es wesentlich schwerer, die Person wieder zu erkennen oder ihren Gesichtsausdruck einzuschätzen. Die psychologische Grundlagenforschung macht sich diesen sogenannten Inversionseffekt schon länger zunutze, um dadurch Prozesse der alltäglichen Wahrnehmung besser zu verstehen.

Gesichter gehören für uns Menschen zu den wichtigsten Kategorien der visuellen Wahrnehmung. Sie lassen uns Personen leichter wieder erkennen und erlauben es, eine ganze Menge über unbekannte Personen in Erfahrung zu bringen. So lassen uns Gesichter etwa das Geschlecht und das Alter abschätzen oder etwas über die Vertrauenswürdigkeit und die Persönlichkeit der Person aussagen. Der Gesichtsausdruck verrät uns darüber hinaus etwas über den emotionalen Zustand und die Absichten der Person. Zudem können wir mühelos einschätzen, ob wir Gesichter für mehr oder weniger schön halten. So selbstverständlich uns Menschen diese Dinge erscheinen mögen, so spannend und rätselhaft präsentieren sie sich der wissenschaftlichen Forschung. Die psychologische Grundlagenforschung versucht zu verstehen, wie diese Prozesse mental funktionieren und warum sie sich überhaupt entwickelt haben.

 

Schönheit der Gesichter mental verarbeiten – wann sie schöner wirken

Wann Gesichter schöner wirken, haben WissenschafterInnen an der Universität Wien rund um den Psychologen Helmut Leder unlängst untersucht. Im Fokus stand die Frage, wie die mentale Verarbeitung der Schönheit von Gesichtern funktionieren könnte. Dazu haben sie Bilder von weiblichen und männlichen Gesichtern entweder aufrecht oder auf dem Kopf stehend präsentiert. Freiwillige StudienteilnehmerInnen wurden schließlich gebeten, die Schönheit der jeweiligen Gesichter einzuschätzen. Die Ergebnisse zeichnen ein klares Bild: Auf dem Kopf stehende Gesichter wurden deutlich schöner eingeschätzt als aufrechte Gesichter. Allerdings war dieser Unterschied generell von der Schönheit der Gesichter abhängig: Je weniger schön ein Gesicht von den ProbandInnen wahrgenommen wurde, desto mehr profitierte es durch die Drehung.

Diese beiden Ergebnisse sind ein bedeutendes Puzzleteil im Verständnis, wie die Schönheit von Gesichtern mental bewertet wird. Als Grundlage werden interne, mentale Abbildungen herangezogen, also Prototypen schöner Gesichter. „Menschen haben subjektive Vorstellungen davon, was die Schönheit eines Gesichtes ausmacht. Diese internen Prototypen werden bei der Bewertung von Gesichtern aktiv und als Vergleichsschablone herangezogen“, erklärt der Psychologe Helmut Leder. Für jedes Element, das von diesen Schablonen abweicht, verringert sich die Einschätzung der Schönheit des jeweiligen Gesichtes. „Dieser Mechanismus läuft nicht unbedingt bewusst ab, sondern ist unentwegt am Arbeiten, wenn wir mit anderen Menschen interagieren“, so Jürgen Goller. Damit haben die WissenschafterInnen einen ersten Schritt hin zu einem konkreten mentalen Modell gemacht.


Publikation in Acta Psychologica
Leder, H., Goller, J., Forster, M., Schlageter, L., & Paul, M. (2017). Face inversion increases attractiveness. Acta Psychologica, 178, 25-31. 
DOI: 10.1016/j.actpsy.2017.05.005

Related Articles

Aktuell

Steviosid: Eine revolutionäre Alternative zu Zucker

Mit seiner Süßkraft, die deutlich stärker ist als die von Zucker, hat Steviosid (ohne jegliche Kalorien) die Welt der Süßstoffe revolutioniert. Mit einer Süßkraft, die...
- Advertisement -

Latest Articles

Digital Detox: Der Weg zu einer besseren Männergesundheit

Die Entscheidung für einen Digital Detox ist ein Schritt hin zu bewussterem Leben und Arbeiten. In unserer heutigen, digital dominierten Welt ist es kaum noch...

Gartenmelde und seine Heilwirkung

Die Gartenmelde kommt in der Volksmedizin mit seiner diuretischen (harntreibenden) Heilwirkung als Brechmittel und als Abführmittel zum Einsatz. Gartenmelde ist ein vielseitiges Kraut in Küche...

Biosimilars in der Therapie der Psoriasis

Vergleich der Wirksamkeit und Sicherheit von Biosimilars mit Original-Biologika für die Behandlung von Psoriasis lässt Fragen offen. Bei der Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Psoriasis...