Donnerstag, März 28, 2024

Vorsorge-Koloskopie gegen Darmkrebs verhindert tausende Erkrankungen

Die Qualitätsgesicherte Vorsorge-Koloskopie zur Früherkennung von Darmkrebs verhinderte in den letzten Jahren viele tausende Fälle.

Unter dem Strich entwickelt einer von 17 Menschen irgendwann in seinem Leben ein Kolonkarzinom. Dazu zeigen aktuelle Auswertungen auch, dass Darmkrebs jeden betreffen kann. Bei 38 Prozent aller Patienten, die ohne Symptome zur Untersuchung kommen, werden Polypen, (Adenome) in der Darmschleimhaut gefunden. Adenome, aus denen sich ein Tumor entwickeln könnte, sind bei jeder fünfter Person anzutreffen. Bei sechs Prozent werden bereits Wucherungen im fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, von denen vier Prozent pro Jahr tatsächlich zu einer Krebsdiagnose führen könnten. Mittels qualitätsgesicherter Koloskopie zur Vorsorge konnte man in den letzten knapp zehn Jahren mehr als 6.000 Darmkrebs-Fälle verhindern. Es gibt übrigens kaum eine andere Krebsart, bei der eine derart sichere Vorsorge wie die möglich ist.

 

Dank Früherkennung mittels Vorsorge-Koloskopie ist Darmkrebs besser therapierbar

Die Zusammenarbeit zwischen der Gastroenterologie und der Pathologie hat sich gerade in der Vorbeugung und Behandlung von kolorektalen Karzinomen besonders positiv ausgewirkt und dazu geführt, dass Darmkrebs kein zwingendes Schicksal mehr ist. Dabei spielt die Pathologie eine zentrale diagnostische Rolle.

Etwa 90 Prozent der bösartigen Darmtumoren entstehen aus Adenomen, einer zunächst harmlosen Geschwulst. Werden bei einer Vorsorge-Koloskopie solche Polypen entdeckt, ist die Beurteilung, ob es sich dabei um noch gutartige oder bereits im Übergang zu bösartigen Veränderungen und Darmkrebs handelt, nur durch die feingewebliche Analyse in der Pathologie möglich. Anfang der 2000er Jahre wurde entdeckt, dass nicht nur klassische Adenome eine Vorstufe zum Karzinom bilden, sondern auch ein weiterer Typ. Diese ‚serratierten Adenome‘ wurden früher zu selten erkannt. Inzwischen wurde sowohl endoskopisch durch die Gastroenterologen als auch mikroskopisch durch die Pathologen die Erkennungsrate dieser Läsionen signifikant gesteigert.

Die histologische Analyse dient nicht nur der Diagnose, sondern auch der Qualitätssicherung für die endoskopische Diagnose. Erst mit dem pathologischen Befund in Händen können Gastroenterologen sehen, ob sie mit ihrer Einschätzung richtig lagen und so ihre diagnostischen Fähigkeiten laufend verbessern. Zudem ermöglichen es diese Befunde abzuschätzen, ob und wann es sinnvoll ist, die Patienten zu einer Nachkontrolle einzuberufen. Gleichzeitig muss die Pathologie auch die Qualität der eigenen Diagnosen sicherstellen, das bedeutet permanente Fort- und Weiterbildung.

Im Grunde genommen bleiben optimale klinische Kriterien für die Qualität der Darmvorbereitung umstritten. Die Verwendung validierter Qualitätsskalen für die Darmvorbereitung mit strengen, aber einfachen Bewertungskriterien könnte hierzu dazu beitragen, die Daten klinischer Studien sowie die Leistung der Koloskopie in der klinischen Praxis im Zusammenhang mit Qualitätsmessungen zu klären. Verbesserte Ergebnisse sind übrigens auch durch die AmplifEYE-unterstützte Koloskopie im Vergleich zur Standardkoloskopie zu erwarten.

 

Investitionen in Vorsorge-Koloskopie, die sich mehr als lohnen

Wie effektiv die Darmspiegelung ist, haben im Jahr 2015 australische Forscher der Universität Melbourne bei einer Auswertung von WHO-Daten belegt. Den stärksten Rückgang bei der Darmkrebs-Sterberate konnte übrigens Österreich erreichen, wo die Sterberate bei Männern um 44,1 Prozent sank und bei Frauen sogar um 50,4 Prozent, wies die im British Medical Journal publizierten Studie nach. Die Autoren führten diese erfreuliche Entwicklung auf häufiger in Anspruch genommene Screening-Untersuchungen wie die Darmspiegelung zurück.

Eine unlängst publizierte Studie aus Vorarlberg zeigte, dass qualitätsgesicherte Vorsorge-Koloskopie mittelfristig nicht nur Leben verlängern, sondern auch die Kosten signifikant senken kann. Ein Österreich-weites Koloskopie-Programm würde bereits nach zehn Jahren jährlich rund 1.600 Fälle von Darmkrebs in einem fortgeschrittenen Stadium verhindern. Jeder Fall von Metastasierung verursacht enorme medizinische Kosten. Außerdem ließen sich durch Vorsorge-Koloskopie Krankenstände, Produktionsausfälle und Frühpensionierungen in Folge von Darmkrebs vermeiden.

 

Männer doppelt so häufig und früher betroffen – Rauchen wirkt sich bei Frauen negativer aus.

Geschlechtsspezifische Unterschiede beim Darmkrebs zeigen, dass Männer nicht nur doppelt so häufig an einem Kolonkarzinom beziehungsweise Vorstufen erkranken, sondern im Durchschnitt auch zehn Jahre früher als Frauen betroffen sind. Deswegen fordern Experten eine kostenlose Vorsorge-Koloskopie ab 45 Jahre.

Eine weitere Studie zu geschlechtsspezifischen Unterschiede zeigte eine ungleiche Verteilung von Risikofaktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum, ungesunder Ernährung oder Übergewicht. Es hat sich gezeigt, dass Männer, auch wenn diese Faktoren herausgerechnet werden, einfach das größere Erkrankungsrisiko tragen. Ausnahme stellt das Rauchen dar, dass sich bei Frauen noch negativer auf das Darmkrebs-Risiko auswirkt als bei Männern.


Literatur:

Sze SF, Cheung WI, Wong WC, Hui YT, Lam JTW. AmplifEYE Assisted Colonoscopy Versus Standard Colonoscopy: A Randomized Controlled Study. J Gastroenterol Hepatol. 2020 Nov 3. doi: 10.1111/jgh.15331. Epub ahead of print. PMID: 33141979.

Kim SY, Kim HS, Park HJ. Adverse events related to colonoscopy: Global trends and future challenges. World J Gastroenterol. 2019 Jan 14;25(2):190-204. doi: 10.3748/wjg.v25.i2.190. PMID: 30670909; PMCID: PMC6337013.

Kastenberg D, Bertiger G, Brogadir S. Bowel preparation quality scales for colonoscopy. World J Gastroenterol. 2018 Jul 14;24(26):2833-2843. doi: 10.3748/wjg.v24.i26.2833. PMID: 30018478; PMCID: PMC6048432.


Quelle:

Univ.-Prof. Dr. Monika Ferlitsch. Abteilung für Gastroenterologie und Hepatologie, MedUni Wien/AKH Wien. Fachtagung Neue Trends in der Vorsorge-Koloskopie 2016.

Österreichischen Gesellschaft für Gastroenterologie und Hepatologie (ÖGGH)

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