Donnerstag, März 28, 2024

Die Volkskrankheit COPD maßgeschneidert behandeln

Bei der Volkskrankheit COPD profitieren die Patienten zunehmend vom gezielten Einsatz von Therapien und einer maßgeschneiderten Behandlung.

Im Grunde genommen ist die COPD (chronisch-obstruktive Lungenerkrankung) eine Volkskrankheit. Dementsprechend ist sie nach Herzinfarkt und Schlaganfall die dritthäufigste Todesursache weltweit. Wobei die Medizin in der Behandlung der COPD laufend Fortschritte macht. In diesem Sinne setzt man zunehmend auf individualisierte Therapien in Form einer Präzisionstherapie. Infolgedessen ist die COPD-Behandlung auf den einzelnen Patienten maßgeschneidert. Hierzu haben im Jahr 2018 mehrere Studien in der Fachwelt für Aufsehen gesorgt. Denn man konnte die medikamentöse, inhalative sowie auch die interventionelle Therapie nachhaltig optimieren. Übrigens ist das Rauchen mit Abstand der größte Risikofaktor für das Entstehen der Volkskrankheit COPD.

 

Volkskrankheit COPD – Krankheit mit vielen Ausprägungen

Unter chronisch obstruktiver Lungenerkrankung – so die deutsche Bezeichnung für die COPD (chronic obstructive pulmonary disease) – versteht man verschiedene Ausprägungen dieser Volkskrankheit. Diese gehen mit einer Verengung (Obstruktion) der Atemwege und/oder einer nicht rückbildungsfähigen Überblähung der Lunge (Lungenemphysem) einher. Bei COPD reagiert die Lunge mit überschießenden Entzündungsreaktionen, die zu einer irreversiblen Schädigung der Lungenstruktur und im Endeffekt zur Zerstörung der Lunge führen.

Jedenfalls gibt es zwei Ausprägungsformen der COPD. Erstens die chronische Bronchitis, die mit einer entzündlichen Verengung der Bronchien einhergeht. Zweitens eine COPD mit einem Lungenemphysem. Dabei kommt es zu einer Zerstörung von Lungenbläschen und zunehmender Überblähung der Lunge. Oft treten beide Formen gemeinsam auf.

Schließlich konnte man in den letzten Jahren ein weitaus besseres Verständnis der komplexen und lebensbedrohlichen Erkrankung gewonnen. Ähnlich wie in der Krebstherapie weiß man heute viel genauer, welche Medikamente und zusätzlichen therapeutischen Möglichkeiten bei welcher Ausprägungsform der Erkrankung besonders wirksam sind. So ist es zunehmend möglich, die Therapie für den jeweiligen COPD-Patienten maßzuschneidern.

 

Präzisionstherapie bei COPD

Für eine effektive Präzisionstherapie braucht man eine bessere Kenntnis der verschiedenen Ausprägungsformen der COPD. Dank zahlreicher neuer Erkenntnisse und eines tieferen Verständnisses der komplexen Zusammenhänge dieser Volkskrankheit, moderner diagnostischer Möglichkeiten sowie neuer Medikamente und Begleittherapien kann man Patienten mit COPD heute viel besser behandeln. Außerdem kommt es dadurch zu deutlich weniger Nebenwirkungen.

Einerseits haben zwar nahezu Menschen mit COPD dieselben Symptome. Wie beispielsweise Husten, Auswurf sowie Atemnot. Andererseits treten aber unterschiedliche Ausprägungsformen der Erkrankung auf. Und genau diese gilt es hierzu zu erkennen. Denn nur bei der richtigen Ausprägung kann die jeweils passende Therapie zum Einsatz kommen. Zur Erkennung orientieren sich die Experten einerseits am klinischen Bild. Andererseits spielt der biologische Status des jeweiligen Patienten eine wichtige Rolle.

In diesem Sinne sind Biomarker bedeutend, um biologische Merkmale messen zu können. Beispielsweise sind das spezielle weiße Blutkörperchen im Blut, die man auch als Eosinophile bezeichnet. Wenn diese gehäuft auftreten, dann weiß man heute, dass eine Inhalation mit Kortison-Präparaten besonders gut wirksam sein kann. Hingegen profitieren Patienten mit niedriger Zahl an Eosinophilen kaum davon. Daher kann man solchen nicht ansprechenden Patienten auch die Nebenwirkungen dieser Behandlung mit Kortison ersparen.

 

Triple-Therapie

Die Triple-Therapie besteht übrigens aus der Verabreichung von zwei Bronchodilatatoren und einem inhalativen Kortikosteroid. Beim Kortison-Präparat atmet der Patient das Medikament mittels Inhalator direkt in die Lunge ein. Hingegen sind Bronchodilatatoren die Bronchien erweiterende Medikamente, die man mittels Inhalator direkt in die Lunge einatmet. Unter dem Strich scheint eine Triple-Therapie besonders dann gut zu wirken, wenn beim Patienten Eosinophile im Blut stark vermehrt sind und gehäuft Exazerbationen – also akute, oft lebensbedrohliche Verschlechterungen der Erkrankung – auftreten. Vor allem wenn die Laboranalyse des Blutes mehr als 400 Eosinophile pro mm³ ergibt, ergeben sich vorteilhafte Effekte durch inhalative Glukokortikosteroide. Und zwar vor allem weil die diese Behandlung sehr gut weiteren Exazerbationen entgegenwirken kann.

 

Notfall Exazerbation

Zunehmende Atemnot, vermehrter Husten und vermehrter Auswurf, ein allgemeines schweres Krankheitsgefühl sowie Fieber sind Alarmsignale für eine Exazerbation. Der Patient muss dann sofort in ärztliche Behandlung beziehungsweise ins Krankenhaus. Wobei diese Verschlechterung prinzipiell in allen Krankheitsstadien auftreten kann. Im Grunde genommen sind Belastungen durch die kalte Jahreszeit, Infekte, Smog oder die Verschlechterung von Begleiterkrankungen mögliche Auslöser. Außerdem sollte man nicht vergessen, dass eine Exazerbation lebensbedrohlich sein. kann. Vor allem Patienten mit COPD, die in höherem Alter an der Volkskrankheit leiden sowie Patienten mit Begleiterkrankungen, sind stark gefährdet.

 

Interventionelle Therapien: Neue Erkenntnisse auch bei „Lungen-Ventilen“

Bei einem Lungenemphysem kommt es bei fortschreitender Erkrankung zu einer Überblähung der Lunge. Dann können die Patienten die verbrauchte Luft nicht mehr zur Gänze ausatmen. Denn die große, überblähte Lunge drückt das Zwerchfell nach unten. Dadurch kann der Patient immer schwerer einatmen. Außerdem werden die Atemzüge immer flacher und schneller. Schließlich tritt bei geringster Belastung Atemnot auf.

Um Patienten mit COPD, die an einem Lungenemphysem leiden, das Ausatmen von verbrauchter und Einatmen von frischer Luft zu erleichtern, kann man endobronchiale Ventile endoskopisch einsetzen. Und auch hierzu kann man heute besser einschätzen, welche Patienten davon am meisten profitieren. Durch den Einsatz von endobronchialen Ventilen bei Patienten mit heterogenem Emphysem (=das Emphysem ist ungleich im Brustkorb verteilt) und bei keinem oder geringen Luftaustausch zum benachbarten Lungenlappen (Kollateralventilation) kommt es bei folgenden Faktoren zu einer klinisch signifikante Verbesserung. Und zwar verbesserte sich die Lungenfunktion, durch die Beeinflussung der Atemnot. Weiter waren die Patienten körperlich belastbarer. Außerdem hatten sie durch die  Ventile eine höhere Lebensqualität. Und das alles für einen Zeitraum von mindestens 12 Monaten nach der Intervention.

Besonders eigenen sich für diese Therapieform jedenfalls Patienten mit einem FEV1 (= Forced Expiratory Volume in1 second; damit wird jene Menge an Luft bezeichnet, die der Patient innerhalb einer Sekunde forciert, also mit voller Anstrengung, ausatmen kann) von <45% des Sollwertes und einem Residualvolumen (= die Luft, die nach vollständiger Ausatmung in der Lunge verbleibt) von >175% des Sollwertes, wenn keine Kontraindikationen für eine Ventilimplantation vorliegen.

 

Fazit

Die verschiedenen therapeutischen Möglichkeiten zur Volkskrankheit COPD kann man heute zunehmend gezielt einsetzen. Und zwar dort, wo man den meisten Erfolg erwarten kann. Die rezenten Studien weisen jedenfalls den Weg zu einer weiteren Individualisierung der Therapie der Volkskrankheit COPD. Das macht die Behandlung effektiver. Zudem kann man dadurch wertvolle Zeit gewinnen, Nebenwirkungen vermeiden sowie auch Kosten sparen. Außerdem haben Patienten schließlich eine deutlich höhere Lebensqualität.


Literatur:

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Quelle: Österreichische Gesellschaft für Pneumologie

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