Donnerstag, April 25, 2024

Ursache für Unfruchtbarkeit beim Mann: Gendefekt beeinträchtigt Spermienbildung

Ursache für Unfruchtbarkeit beim Mann auf der Spur: Ein internationales Forscherteam entdeckt, warum in der Samenflüssigkeit betroffener Männer keine Spermien enthalten sind.

Bei etwa einem Drittel der ungewollt kinderlosen Paare liegen die Gründe bei den Frauen, bei einem Drittel bei den Männern und beim dritten Drittel der Fälle sind kombinierte oder keine Ursachen zu finden, wobei sich allgemein mit zunehmendem Lebensalter die Fruchtbarkeit verringert. Wenn die Ursache der Unfruchtbarkeit, Infertilität, beim Mann liegt, dann funktioniert meistens seine Spermienbildung nicht richtig.

Deutsche, polnische und US-amerikanische Forscher konnten allerdings unlängst einen Gendefekt als eine der Ursachen für die Unfruchtbarkeit beim Mann identifizieren. Die im renommierten Fachmagazin „New England Journal of Medicine“ publizierte Studie nimmt sowohl für die Grundlagenforschung an männlicher Infertilität als auch für die klinische Praxis einen wichtigen Stellenwert ein.

 

Störung der Meiose

Bei den unfruchtbaren deutschen und amerikanischen Männern wurden Mutationen im sogenannten TEX11-Gen nachgewiesen. „Genauer gesagt liegt bei der Mehrzahl der untersuchten Männer eine Störung der Meiose, dem wichtigsten Vorgang der Keimzellbildung, vor“, erläutert Priv.-Doz. Dr. Frank Tüttelmann, Mitarbeiter des münsterschen Instituts für Humangenetik und gemeinsam mit Dr. Alex Yatsenko aus Pittsburgh Leiter der Studie. Im Hoden findet ein sogenannter Meiosearrest statt, was bedeutet, dass die Spermienbildung bis zur Meiose richtig funktioniert, danach aber nicht weiter läuft.

Die Entdeckung hat große Bedeutung für die Grundlagenforschung und die klinische Praxis.

Die Meiose wird auch als Reifeteilung oder Reduktionsteilung bezeichnet. Sie ist eine besondere Form der Kernteilung der Zellen, bei der die Chromosomenzahl halbiert wird, indem jedem der beiden Tochterkerne je ein homologer Partner eines Chromosomenpaars zugeteilt wird, gleichzeitig kommt es zu einer Rekombination.

 

Genmutation als Ursache für Unfruchtbarkeit beim Mann

Das deutsche Forscherteam: hinten (v.l.) Dr. Birgit Westernströer, Dr. Frank Tüttelmann und Dr. Albrecht Röpke, vorn: Prof. Sabine Kliesch und Prof. Stefan Schlatt © M. Keß
Ursache für die Unfruchtbarkeit beim Mann durch das deutsche Forscherteam mitentdeckt: hinten (v.l.) Dr. Birgit Westernströer, Dr. Frank Tüttelmann und Dr. Albrecht Röpke, vorn: Prof. Sabine Kliesch und Prof. Stefan Schlatt © M. Keß

Verantwortlich für die nicht funktionierende Spermienbildung sind Mutationen des TEX11-Gens, die dazu führen, dass bei den betroffenen Männern die Samenflüssigkeit keine Spermien enthält und sie somit unfruchtbar sind. Diese Mutationen konnte das Forscherteam nun erstmals als Ursache für männliche Infertilität nachweisen.

Möglich wurde die Entdeckung dieser Genmutation durch die Anwendung neuester Technologie – der Array-CGH. „Dabei wurde das X-Chromosom hochauflösend analysiert und wir konnten kleine Stückverluste des TEX11-Gens bei zwei betroffenen Männern identifizieren“, berichtet Prof. Stefan Schlatt.

Auch bei weiteren unfruchtbaren Patienten ließen sich Punktmutationen mittels einer Sequenzuntersuchung im TEX11-Gen nachweisen. Dafür untersuchten die Forscher aus Münster 240 Patienten und ihre Kollegen vom Department of Obstetrics, Gynecology and Reproductive Sciences in Pittsburgh 49; anschließend wurden die Ergebnisse verglichen.

 

Ursache für die Unfruchtbarkeit beim Mann eindeutig geklärt

„Bei gesunden Männern mit normaler Spermienzahl fanden wir keine Mutationen des TEX11-Gens“, so Tüttelmann. Dass die Ursache für Unfruchtbarkeit beim Mann so eindeutig geklärt werden konnte, verschafft den Betroffenen zumindest Klarheit – auch wenn es für sie derzeit noch keine Therapie gibt und die Paare nur auf künstliche Befruchtung setzen können.

Das Wissenschaftler wollen nun erforschen, ob diese wissenschaftlichen Ergebnisse zur Ursache für Unfruchtbarkeit beim Mann durch eine etwaige Vererbbarkeit auch Bedeutung für die Nachkommen Betroffener haben.


Literatur:

Yatsenko AN, Georgiadis AP, Röpke A, et al. X-linked TEX11 mutations, meiotic arrest, and azoospermia in infertile men. N Engl J Med. 2015;372(22):2097-2107. doi:10.1056/NEJMoa1406192


Quelle:

Medizinische Fakultät der Universität Münster

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