Donnerstag, März 28, 2024

Urogynäkologen bevorzugen natürliche Geburt

Urogynäkologen bevorzugen mehrheitlich eine natürliche Geburt und befürworten eine individuellere Beratung der Gebärenden zu möglichen Risiken.

Ob sich eine Frau für oder gegen eine natürliche Geburt entscheidet, hängt auch von der Präferenz des behandelnden Frauenarztes und des geburtshilflichen Teams ab. Experten untersuchen derzeit, welche Haltung unter den Beteiligten vorherrscht und haben erste Ergebnisse in der Fachzeitschrift „Geburtshilfe und Frauenheilkunde“ (Georg Thieme Verlag, Stuttgart. 2017) veröffentlicht: Demnach bevorzugten Urogynäkologen, die auch auf schwangerschafts- und geburtsbedingte Erkrankungen des weiblichen Beckenbodens spezialisiert sind, bei unauffälligem Schwangerschaftsverlauf eine vaginale Geburt. Darüber hinaus befürworten sie eine individuellere Beratung der Gebärenden zu möglichen Risiken.

In Deutschland kommt derzeit jedes dritte Kind per Kaiserschnitt zur Welt. Davon sind jedoch geschätzt nur etwa zehn Prozent medizinisch absolut notwendig. „Der große Anteil an relativen Indikationen ist kritisch zu hinterfragen, wenn die derzeitige Kaiserschnittrate nachhaltig gesenkt werden soll“, erklärt der Gynäkologe PD Dr. Markus Hübner, geschäftsführender Oberarzt an der Universitätsfrauenklinik Tübingen. Denn auch wenn der operative Eingriff oft durchgeführt wird, ist er mit Risiken für Mutter und Kind verbunden.

 

Natürliche Geburt bei einer unkomplizierten Schwangerschaft

Gemeinsam mit Medizinern der Frauenklinik Heidelberg und des Deutschen Beckenbodenzentrums in Berlin hat Dr. Hübner deshalb die DECISION-Studie initiiert. „Die persönliche Einstellung des betreuenden geburtshilflichen Teams mag einen erheblichen Einfluss auf die individuelle Wahl des Geburtsmodus der Schwangeren haben“, betont er. Im ersten Teil der Studie fragten die Wissenschaftler daher die persönliche Präferenz von Urogynäkologen ab. Als Experten für Beckenbodenerkrankungen könnten sie die Entscheidung von Frauen für oder gegen eine vaginale Geburt maßgeblich beeinflussen.

Im Rahmen des Deutschen Urogynäkologie-Kongresses im Frühjahr 2017 luden die Forscher die Teilnehmer dazu ein, an einer Online-Befragung teilzunehmen. 189 der insgesamt 432 Spezialisten vor Ort gaben Auskunft: 85 Prozent der Befragten präferierten bei einer unkomplizierten Schwangerschaft eine spontane Geburt. Rund zwölf Prozent hingegen bevorzugten für sich oder ihre Partnerin eine Schnittentbindung. Als Hauptgründe nannten die Mediziner hier die Sorge vor einer Inkontinenz oder einem Beckenbodenschaden.

Des Weiteren stellten die Wissenschaftler den Umfrageteilnehmern eine Methode zur systematischen Analyse von ausgewählten Parametern vor, anhand derer sich das Risiko der Frauen für einen Beckenbodenschaden bereits vor der Geburt einschätzen lässt. So tragen zum Beispiel Mütter über 35 Jahren häufiger einen Beckenbodenschaden davon als jüngere. Eine geringe Körpergröße unter 1,60 Meter, Übergewicht sowie ein hohes Geburtsgewicht des Kindes sind weitere Risikofaktoren. 83,6 Prozent äußerten sich positiv und würden eine Risikoeinschätzung ihrer Patientinnen vornehmen und sie dementsprechend beraten. Auch das Interesse an Maßnahmen nach der Geburt, wie einer gezielten Rückbildung (97,8%) und an einer hiermit verbundenen optionalen Pessartherapie (64,4%) war groß.

Das Fazit von Dr. Hübner und Ko-Autoren fällt deshalb positiv aus: Die überwiegende Mehrheit der Urogynäkologen bevorzuge aktuell eine vaginale Entbindung für sich oder ihre Partnerin. Gleichzeitig bestehe eine große Bereitschaft, die Patientinnen individuell über mögliche Risiken aufzuklären. Daran anknüpfend sollen im Rahmen der DECISION-Studie weitere Berufsgruppen der Geburtshilfe und auch Schwangere befragt werden. Letztlich geht es darum, die Meinungen aller Beteiligten zusammenzutragen, um Frauen in Zukunft angemessen zu beraten und ihnen die Angst vor den möglichen Folgen einer natürlichen Entbindung zu nehmen.

J. Bihler, R. Tunn, C. Reisenauer, J. Pauluschke-Fröhlich, P. Wagner, H. Abele, K. K. Rall, G. Naumann, M. Wallwiener, S. Y. Brucker, M. Hübner:
Die persönliche Wahl des Geburtsmodus. Wie entscheiden sich Urogynäkologinnen und Urogynäkologen? Erste Ergebnisse der DECISION-Studie
Zeitschrift für Geburtshilfe und Frauenheilkunde 2017; 77 (11); S. 1182–1188

Related Articles

Aktuell

Steviosid: Eine revolutionäre Alternative zu Zucker

Mit seiner Süßkraft, die deutlich stärker ist als die von Zucker, hat Steviosid (ohne jegliche Kalorien) die Welt der Süßstoffe revolutioniert. Mit einer Süßkraft, die...
- Advertisement -

Latest Articles

Digital Detox: Der Weg zu einer besseren Männergesundheit

Die Entscheidung für einen Digital Detox ist ein Schritt hin zu bewussterem Leben und Arbeiten. In unserer heutigen, digital dominierten Welt ist es kaum noch...

Gartenmelde und seine Heilwirkung

Die Gartenmelde kommt in der Volksmedizin mit seiner diuretischen (harntreibenden) Heilwirkung als Brechmittel und als Abführmittel zum Einsatz. Gartenmelde ist ein vielseitiges Kraut in Küche...

Biosimilars in der Therapie der Psoriasis

Vergleich der Wirksamkeit und Sicherheit von Biosimilars mit Original-Biologika für die Behandlung von Psoriasis lässt Fragen offen. Bei der Behandlung von mittelschwerer bis schwerer Psoriasis...