Mittwoch, April 24, 2024

Übertherapie bei Prostatakrebs

Einerseits ist frühe Diagnose bei Prostatakrebs möglich, andererseits kann daraus eine Übertherapie resultieren, die Nebenwirkungen mit sich bringt.

Prostatakrebs ist der häufigste bösartige Tumor bei Männern, 20% der Betroffenen versterben am Prostatakrebs. Damit ist die Volkskrankheit überhaupt nicht harmlos, auch wenn viele sehr alte Männer auch Prostatakrebs haben und nicht daran versterben. Die Problematik besteht darin, dass jüngere Männer, die Prostatakrebs haben, ein viel höheres Risiko haben, daran auch zu versterben. Gerade die Tatsache, dass Prostatakrebs mit dem Tumormarker PSA und einer Biopsie recht früh festgestellt werden kann, führt einerseits dazu, dass in frühen Stadien eine wirksame Therapie mit Heilung durch Operation oder Bestrahlung möglich ist, dass aber auch viele Prostatakarzinome entdeckt werden, die eigentlich keiner Therapie bedürfen, weil sie nicht zum Tode führen werden. Dieses Dilemma wird mit den Stichwörtern Überdiagnose und Übertherapie zusammengefasst. Einerseits ist frühe Diagnose möglich, andererseits kann daraus eine Übertherapie resultieren, die Nebenwirkungen mit sich bringt. Gerade die Behandlung des kleinen, früh entdeckten Prostatakarzinoms ist daher Gegenstand kontroverser Diskussionen, die nicht einfach aufzulösen sind. Mehrere nationale Studien versuchen gegenwärtig, die Behandlung des frühen Prostatakrebses genauer zu untersuchen und zu klären, was besser sein könnte: Operation oder Bestrahlung oder Beobachtung mit regelmäßigen Verlaufskontrollen und einer Therapie erst dann, wenn der individuelle Prostatakrebs deutliche Anzeichen eines Fortschreitens zeigt.

Die sogenannten PROBASE- und PREFERE-Studien, beide von der Deutschen Krebshilfe geförderte Projekte, sind Beispiele deutscher Studien, die sich mit dieser Frage befassen. Diesem Thema wird in einer eigenen Pressekonferenz Raum für Fragen und Diskussion gegeben. Gerade die PREFERE-Studie ist in erhebliche Kritik geraten, weil trotz großer Anstrengungen der Einschluss von Patienten bislang sehr schleppend verläuft. Die PREFERE-Studie basiert darauf, dass Patienten sich einer von vier „Behandlungsgruppen“ nach Losverfahren (Randomisierung) zuteilen lassen: entweder Operation oder Bestrahlung oder Brachytherapie (eine spezielle Form der Bestrahlung) oder kontrolliertem Abwarten. Zwar können Patienten statt dieser 4er Randomisierung durch Ausschluss einzelner Optionen dies auf eine 3er oder 2er Randomisierung reduzieren, aber eine zufällige Zuteilung muss bleiben, weil sonst keine aussagekräftigen Ergebnisse erzielt werden können. Gerade diese Zufallszuteilung ist für viele Männer, die heute als mündige Patienten selbst entscheiden, problematisch. Auch ist eine Anzahl von Urologen nicht davon überzeugt, dass diese vier Optionen wirklich gleichwertig sind, obwohl die wissenschaftliche Datenbasis dies bislang so zeigt. Das Problem der PREFERE Studie, in die erstmalig auch die Krankenkassen als Kostenträger investieren, wird es sein, die Patientenrekrutierung erheblich zu steigern, wenn dieses größte deutsche Studienprojekt zu einem Erfolg gebracht werden soll.

Quelle:

Statement » Die Problematik von Studien zum Prostatakarzinom « von Prof. Dr. med. Oliver Hakenberg, Direktor der Klinik und Poliklinik für Urologie Universitätsklinikum Rostock

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