Freitag, April 19, 2024

Tuberkulose-Behandlung mit Immuntherapie verbessern

Wenn die Immuntherapie eine Antibiotika-Behandlung unterstützt, so kann diese Kombination die Dauer der Tuberkulose-Behandlung verkürzen und Folgeschäden verringern.

Die Tuberkulose-Behandlung mit mehreren Antibiotika über viele Monate hinweg ist nach wie vor eine Tortur für die Patienten. Zunehmende Resistenzen erschweren diese langwierige Therapie zusätzlich und aufgrund von Nebenwirkungen kommt es häufiger zu Therapieabbrüchen und erhöhten Sterberaten. Die Entwicklung alternativer Behandlungsansätze ist daher von immenser Bedeutung. DZIF-Wissenschaftler an der Uniklinik Köln arbeiten an einer Immuntherapie, die die Antibiotikabehandlung unterstützt. In ihrer aktuellen Studie konnten sie ein neues Zielprotein in den menschlichen Abwehrzellen identifizieren, über das die zerstörerische Wirkung der Bakterien gehemmt werden kann.

„Wenn wir die Antibiotikabehandlung durch eine Immuntherapie unterstützen können, würde sich die Behandlungsdauer verkürzen und damit würden sich auch die Folgeschäden verringern“. Das erklärt Jan Rybniker von der Uniklinik Köln und dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) das Ziel der Forschungsarbeit. Die Wissenschaftler suchen nach Medikamenten, die den durch Tuberkulosebakterien verursachten Zelltod (Nekrose) und damit die Zerstörung des Lungengewebes stoppen können. Im Gegensatz zu dem direkten Angriff der Bakterien durch Antibiotika handelt es sich hierbei um eine wirtsgerichtete Therapie, die die Folgen der Infektion bekämpft und nicht den Erreger direkt angreift.

Ausgangspunkt der Untersuchungen sind Corticosteroide, eine Gruppe von Hormonen, die seit Jahrzehnten erfolgreich auch in der Tuberkulose-Behandlung, z. B. als Dexamethason, unterstützend eingesetzt werden. Der genaue Wirkmechanismus aber war bisher nicht bekannt. „Wir konnten nun zeigen, dass Corticosteroide den durch Mycobacterium tuberculosis ausgelösten Zelltod hemmt und damit den Heilungsprozess unterstützt“, so Rybniker.

 

p38 MAP-Kinase-Hemmer in der Tuberkulose-Behandlung

Über zellbiologische Untersuchungen konnten die Wissenschaftler den genauen Mechanismus der Steroidwirkung aufklären. Eine zentrale Rolle spielt hierbei die sog. p38 MAP-Kinase, ein Protein, das in den Abwehrzellen unter anderem die Ausschüttung von entzündungsfördernden Hormonen ankurbelt und den Zelltod befördert. „Wir erkennen in dieser Kinase ein neues Zielprotein, das wir mit Wirkstoffen hemmen könnten“, so Rybniker. Zahlreiche p38 MAP-Kinase-Hemmer wurden bereits bei rheumatoider Arthritis, Morbus Crohn und chronischen Lungenerkrankungen in klinischen Studien getestet. „Diese Substanzen könnten auch für die Tuberkulose-Behandlung Verwendung finden“, ist der DZIF-Wissenschaftler sicher.

Über Hochdurchsatz-Screening wollen die Kölner Forscher nun weitere Substanzen finden, die den Zelltod durch Tuberkulosebakterien hemmen können, indem sie die genannte Kinase blockieren. Im Tiermodell werden sie diese Substanzen dann in Kooperation mit dem Forschungszentrum Borstel weiter testen. Die Wissenschaftler hoffen, dass sich auf diese Weise neue Wege der Immuntherapie finden lassen.

Literatur:

Gräb J, Suárez I, van Gumpel E, Winter S, Schreiber F, Esser A, Hölscher C, Fritsch M, Herb M, Schramm M, Wachsmuth L, Pallasch C, Pasparakis M, Kashkar H, Rybniker J:
Corticosteroids inhibit Mycobacterium tuberculosis-induced necrotic host cell death by abrogating mitochondrial membrane permeability transition. Nature Communications Februar 2019. https://www.nature.com/articles/s41467-019-08405-9

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