Freitag, März 29, 2024

Gefahr Akanthamöben: Auf das Tragen von Kontaktlinsen beim Schwimmen gehen verzichten

Zum Start der Badesaison sollte Betroffene im Pool oder See besser auf das Tragen von Kontaktlinsen beim Schwimmen gehen verzichten.

Wenn die Temperaturen steigen, dann öffnen die Freibäder. Zudem laden Pools und Seen zum erfrischenden Bad ein. Doch wer Kontaktlinsen nutzt, sollte die Haftschalen beim Schwimmen nicht tragen und den Kopf besser über Wasser halten. Das raten Experten der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) zum Auftakt der Badesaison. Denn Kontaktlinsen sind das größte Risiko für eine Hornhautentzündung mit Akanthamöben, wobei Schwimmen das Risiko dafür noch einmal steigert. Dementsprechend waren die Ergebnisse einer neuen Langzeitstudie aus Österreich. Die parasitären Einzeller tummeln sich bevorzugt in abgestandenem Wasser. Allerdings kommen sie auch in Leitungswasser vor.

Akanthamöben sind winzige Parasiten, die überall vorkommen und gedeihen – im Boden wie im Wasser, ob frisch oder verschmutzt. „Nisten sich Akanthamöben in der Hornhaut ein, können sie eine schwerwiegende, hartnäckige Entzündung hervorrufen, die sogenannte Akanthamöben-Keratitis“, erklärt Professor Dr. med. Björn Bachmann vom Zentrum für Augenheilkunde an der Universität zu Köln.

 

Kontaktlinsen fördern Kleinstverletzungen im Auge

Etwa 90 Prozent aller Menschen, die an einer Akanthamöben-Keratitis erkranken, tragen weiche Kontaktlinsen. „Die Akanthamöben-Hornhautentzündung ist überhaupt erst in Erscheinung getreten, seit es Kontaktlinsen gibt“, berichtet Bachmann. Denn weiche Kontaktlinsen verschlechtern die Sauerstoffversorgung der Hornhaut und machen sie anfälliger für winzige Verletzungen an der Oberfläche. „So können die Parasiten leichter in die Hornhaut eindringen“, erklärt der DOG-Experte.

Eine häufige Infektionsquelle, aus der die Akanthamöben stammen, ist abgestandenes Wasser – schlecht gereinigte Pools und ungenügend gechlorte Freibäder, mitunter sogar Leitungswasser, das für die Kontaktlinsenreinigung verwendet wird „Deshalb sollte man beim Schwimmen keine Kontaktlinsen tragen“, warnt Bachmann. „Wenn doch, dann bitte nicht untertauchen und dabei womöglich noch die Augen unter Wasser öffnen, ohne eine Taucherbrille zu tragen.“ Der DOG-Experte rät zudem, auf eine besonders sorgfältige Hygiene im Umgang mit den Haftschalen zu achten.

 

Haftschalen-Hygiene penibel befolgen

„Das bedeutet: Verschmutzung im Auge vermeiden, nicht die Augen reiben“, erläutert er, „und Kontaktlinsen niemals mit ungereinigten Fingern entnehmen oder einsetzen.“ Bachmann empfiehlt, die Hände zuvor gründlich zu waschen. Zur Hygiene gehört auch die Pflege der Kontaktlinsen. Hauptursache für eine Akanthamöben-Keratitis ist die fehlerhafte Reinigung der Kontaktlinsen, der Haftschalen. Deshalb sollte man für die Reinigung kein Leitungswasser verwenden. Daher sollte man auch regelmäßig die Behältnisse wechseln. Zudem sollte man die Flüssigkeit zur Aufbewahrung der Kontaktlinsen nach den Angaben des Herstellers anwenden und erneuern.

Wenn es zu einer Infektion mit Akanthamöben, macht sich die Erkrankung mit Schmerzen, verschlechtertem Sehvermögen und Rötung der Augen bemerkbar. „Die Schmerzen sind teils auffällig stark“, berichtet Bachmann. „Die Betroffenen sind zudem blendungsempfindlich und kneifen häufig die Augen.“ Nach kurzer Zeit zeigt sich eine entzündliche, mitunter auch ringförmige Trübung in der Hornhaut. Der direkte Nachweis der Erreger ist jedoch schwierig, weshalb es häufig zu Fehldiagnosen kommt. „Oft wird die Akanthamöben-Keratitis mit einer Herpesvirus-Infektion verwechselt“, erläutert der Kölner Augenarzt.

 

An Hornhautzentren wenden

Wer Kontaktlinsen trägt und innerhalb der ersten Woche nach einem Badeausflug auffällig starke Augenschmerzen sowie eine Rötung entwickelt, sollte nicht zögern und sich sofort in augenärztliche Behandlung begeben, rät Bachmann. „Ist die Hornhaut auffällig, sollte die umgehende Vorstellung in einem Hornhautzentrum erfolgen“, fügt der Augenarzt hinzu. Der Nachweis der Parasiten erfolgt über Abstriche, Gewebeproben, PCR-Untersuchung und Bildgebung.

„Antibiotika alleine helfen gegen die Erkrankung nicht“, betont der DOG-Experte. Man bekämpft die Parasiten mit desinfizierenden Mitteln, mit Antiseptika. „Das kann sehr lange dauern und Monate intensiver Therapie erfordern“, so Bachmann. Zwar ist die Akanthamöben-Keratitis eine vergleichsweise seltene Erkrankung – doch erfordert sie nicht selten eine Hornhauttransplantation.


Literatur:

List W, Glatz W, Riedl R, Mossboeck G, Steinwender G, Wedrich A. Evaluation of Acanthamoeba keratitis cases in a tertiary medical care centre over 21 years. Sci Rep. 2021 Jan 13;11(1):1036. doi: 10.1038/s41598-020-80222-3. PMID: 33441799; PMCID: PMC7806847.


Quelle: Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft

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