Donnerstag, April 18, 2024

T-Zellen gegen saisonale Coronaviren erkennen auch SARS-Cov-2-Corona-Infektion

Wichtige Entdeckung während der Corona-Pandemie: Die T-Zellen des Immunsystems gegen saisonale Coronaviren scheinen auch SARS-Cov-2 zu erkennen.

Wie auch bei anderen Virusinfektionen wird die spezifische Immunabwehr gegen SARS-CoV-2 von T-Zellen reguliert, die unter anderem dafür sorgen, dass neutralisierende Antikörper und Gedächtniszellen gebildet werden, die bei neuerlicher Infektion für eine schnellere Virusabwehr sorgen. T-Zellen gegen SARS-CoV-2 finden sich im Blut von genesenen COVID-19-Patienten und überraschenderweise auch bei manchen Menschen, die noch gar keine Corona-Infektion mit dem neuen Coronavirus hatten. Neuen Corona-Studien zufolge könnten diese T-Zellen gegen verwandte, saisonale Coronaviren von Infektionen mit verwandten Coronaviren stammen auch das Coronavirus SARS-Cov-2 erkennen. Inwiefern sie die Immunantwort auf eine SARS-CoV-2-Infektion, den Krankheitsverlauf oder eventuell auch eine COVID-19 Impfung beeinflussen können, muss weitere Untersuchungen abklären.

 

Entscheidende Rolle in der Corona-Pandemie: Virus-spezifische T-Zellen gegen das Coronavirus SARS-Cov-2 und Covid-19

Aktuell haben weltweit über 19 Millionen Menschen eine nachgewiesene Infektion mit dem neuen Coronavirus überstanden. Ob die Genesenen Jahre oder vielleicht nur Monate vor einer erneuten Ansteckung geschützt sind, ist noch unklar. Virus-spezifische T-Zellen könnten dabei eine entscheidende Rolle spielen. Sie erkennen Virusproteine, nachdem diese von spezialisierten Immunzellen prozessiert und als Peptide an der Zelloberfläche präsentiert werden. T-Helferzellen, die solche Viruspeptide erkennen, können andere Immunzellen, wie B-Zellen und zytotoxische T-Zellen aktivieren, die in der Folge schützende Antikörper produzieren und virusinfizierte Zellen abtöten. Die Antikörper und Gedächtniszellen bleiben nach der Infektion erhalten, sie finden sich im Blut von genesenen COVID-19-Patienten. Bei milden oder symptomlosen Verläufen ist die Antikörperkomponente allerdings schwächer ausgeprägt und von kürzerer Dauer.

 

Spezifische T-Zellen des Immunsystems gegen saisonale coronaviren scheinen auch SARS-COV-2 erkennen zu können

Eine gerade erschienene Arbeit in Nature Medicine untersuchte 37 Personen, die sich in Wuhan angesteckt haben, aber nicht erkrankt sind. Bei 40 Prozent dieser Personen konnten die IgG-Antikörper nach 2 Monaten nicht mehr im Blut nachgewiesen werden. Das bedeutet nicht unbedingt, dass diese Personen nicht vor einer neuerlichen Ansteckung geschützt sind.

Erstens sind längst nicht alle Antikörpertests sensitiv genug und in der Lage, die Antikörperimmunität gegen SARS-CoV-2 zu messen. Zweitens spielen aber vor allem auch andere Komponenten des Immunsystems für den Schutz vor einer neuerlichen Infektion eine Rolle. Und zwar wie zum Beispiel die in den Schleimhäuten gebildeten IgA-Antikörper, sowie B- und T-Gedächtnis-Zellen.

Letztere findet man auch bei Personen, in denen nach Infektion keine Antikörper mehr nachweisbar sind. Sie werden eine neuerliche Infektion mit diesem Virus zwar wahrscheinlich nicht gänzlich verhindern, könnten aber durch eine schnellere Virusabwehr vor schweren Erkrankungen schützen.

 

T-Zellen gegen SARS-CoV-2 auch bei Menschen ohne vorherige Corona-Infektion

Interessanterweise findet man T-Zellen gegen SARS-CoV-2 auch bei einigen Menschen, die noch keinen Kontakt mit dem neuen Coronavirus hatten. Das zeigen mehrere internationale Studien aus den USA, Singapur, Deutschland, den Niederlanden und Großbritannien. Die für diese Untersuchungen herangezogenen Blutproben stammen von gesunden Personen aus den Jahren 2015 bis 2018, also lange bevor das SARS-CoV-2 in China erstmals aufgetreten ist.

Je nach Studie konnten in 20 bis 50 Prozent der Blutspender T-Zellen gegen SARS-CoV-2 nachgewiesen werden. Auch in Österreich konnte man in bisherigen Untersuchungen in 30 Prozent der Blutproben aus den Jahren 2018-2019, also vor der Corona-Pandemie, T-Zellen gegen verschiedene SARS-CoV-2 Proteinen gefunden.

 

Vier bekannten Coronaviren mit milden respiratorischen Infektionen

Inzwischen wissen wir von Studien aus den USA und Deutschland, dass es sich dabei vor allem um Gedächtnis T-Zellen handelt, die im Rahmen von Infektionen mit jenen vier bekannten Coronaviren gebildet worden sind, die relativ milde respiratorische Infektionen verursachen. Sie werden als HCoV-OC43, -229E, -HKU1 und -NL63 bezeichnet. Weiter kommen sie weltweit vor und verursachen etwa 30% der Erkältungskrankheiten, die man allerdings jedes Jahr wiederbekommen kann.

Die Beobachtungen sind deshalb besonders interessant, weil diese Coronavirus-kreuzreaktiven Gedächtnis T-Zellen die Immunantwort auf eine SARS-CoV-2-Infektion aber auch auf COVID-19-Impfstoffe beeinflussen könnten, indem sie eine schnellere Antikörperantwort gegen SARSCoV- 2 vermitteln.

Im Rahmen von derzeit laufenden Corona-Impfstoffstudien könnte ein solcher Effekt auf die Immunantwort bei Personen mit und ohne vorbestehender SARS-CoV-2 die Antwort der T-Zellen untersuchen.

Wie lange das T-Zellgedächtnis gegen SARS-CoV-2 anhält und ob ein Zusammenhang mit der Schwere des Krankheitsverlaufes besteht, kann derzeit noch nicht beantwortet werden. Schließlich sind die ersten COVID-19 Patienten erst seit acht Monaten wieder genesen.


Literatur:

Long QX, Tang XJ, Shi QL, et al. Clinical and immunological assessment of asymptomatic SARS-CoV-2 infections. Nat Med. 2020;26(8):1200-1204. doi:10.1038/s41591-020-0965-6


logo-virusepidemiologische-informationen
Quelle:

VIRUSEPIDEMIOLOGISCHE INFORMATION” NR. 18 / 20-5.

Prof. Dr.in Judith Aberle

Department für Virologie der Med. Universität Wien

Related Articles

Aktuell

Zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom kultivieren

Wichtig zur Klärung der Metastasierung: Forscher gelang es, zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom zu kultivieren. Die Forschung zum kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC), einer besonders aggressiven Form...
- Advertisement -

Latest Articles

Individuelle Beratung zur Ernährung für Krebspatienten

Beratung zur Ernährung für Krebspatienten: Verbesserung der Lebensqualität durch individuelle ernährungsmedizinische Unterstützung. Eine rechtzeitige und individuell angepasste Beratung zur Ernährung kann wesentlich zur Verbesserung der...

Warum HIV trotz Kombinationstherapie höchst aktiv sind

Neue Herausforderungen in der HIV-Behandlung sind, dass aktive HI-Viren trotz Kombinationstherapie weiterhin aktiv bleiben. Die HIV-Kombinationstherapie, eingeführt in den 1990er Jahren, gilt als Meilenstein in...

Partnerschaft mit Diabetes-Patienten: auch die Partner profitieren von Einbeziehung

Den Partner in die Diabetes-Behandlung zu integrieren, verbessert die Partnerschaft und das gemeinsame Wohlbefinden. Diabetes Typ-2 stellt nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für...