Freitag, April 19, 2024

Stoffwechselvorgänge im Körper durch den Lebensstil beeinflussen

Stoffwechselvorgänge im Körper sind eine Art metabolischer Fingerprint, das individuelle Ernährungsverhalten spielt dabei eine bedeutende Rolle.

WissenschafterInnen der Medizinischen Universität Graz beschäftigen sich intensiv mit den Stoffwechselvorgängen in unserem Körper und wie diese maßgeblich durch unseren Lifestyle beeinflusst werden. Besonders die Rolle des individuellen Ernährungsverhaltens steht im Fokus der ForscherInnen. Die Grazer Studien liefern wichtige Ergebnisse für die Studiendesignplanung künftiger nutritiver Fragestellungen.

 

Der Lebensstil ist der Schlüssel zur Gesundheit

Das sogenannte Metabolom umfasst alle charakteristischen Stoffwechselvorgänge im Körper beziehungsweise fasst es alle charakteristischen Stoffwechsel-Eigenschaften einer Zelle oder eines Gewebes zusammen. Die Ermittlung des Gesundheitszustandes über die Auswertung von Metabolitenprofilen – Analyse von Stoffwechselprodukten in beispielsweise Körperflüssigkeiten – stellt die Wissenschaft nach wie vor vor große methodische Herausforderungen.

„Das Metabolom ist ein äußerst divergentes Gemisch aus organischen Säuren, Lipiden, Kohlenhydraten und deren chemischen Verbindungen“, erklärt Assoz.-Prof.in PDin Dr.in Sandra Wallner-Liebmann, Institut für Pathophysiologie und Immunologie der Med Uni Graz. Gemeinsam mit Univ.-Prof. Dr. Kurt Zatloukal, Institut für Pathologie der Med Uni Graz präsentiert sie nun erste Ergebnisse, die mittels Omics-Techniken unter Einbeziehung des Lebensstils zu einem besseren Verständnismodell über den Gesundheitszustand auf Basis des Metaboloms beitragen.

„In gezielt angelegten Metabolomstudien spielen die Probenanzahl sowie die Lebensstilstandardisierung eine entscheidende Rolle in Hinblick auf die Aussagekraft der Ergebnisse“, so die Grazer ForscherInnen unisono. So bieten Urinproben beispielsweise eine klare individuelle metabolische Signatur, jedoch mit großer täglicher Varianz. „40 Proben sind beispielsweise notwendig, um den individuellen metabolischen Fingerprint zu 100% bestimmen zu können“, so Sandra Wallner-Liebmann.

 

Über Stoffwechselvorgänge im Körper geben Körperflüssigkeiten Aufschluss

Bei einer aussagekräftigen Metabolomanalyse ist die Auswahl der Proben sehr wichtig – diese müssen optimal an die Fragestellung angepasst sein. Die Analyse von Körperflüssigkeiten bietet den Vorteil, dass diese im Gegensatz zu Gewebeproben leicht zugänglich sind. „Außerdem können Körperflüssigkeiten zu genau definierten Zeitpunkten gewonnen werden, was die Aussagekraft von Studien stärkt“, erklärt die Forscherin.

Der Informationsgehalt bleibt dabei jedoch sehr spezifisch: so zeigt Blutplasma beispielsweise ein zeitlich variables Metabolitenprofil, während sich das Metabolitenprofil im Urin als relativ stabiler metabolischer Fingerabdruck erweist. Unzählige Faktoren können das Metabolitenspektrum aktiv beeinflussen – Geschlecht, Hormonstatus, Alter, Ernährungs- und Bewegungsverhalten, Belastungs- und Krankheitsprofile. „Aber auch Medikamente, Suchtmittel und kulturelle Gewohnheiten lassen den metabolischen Prozess stark variieren“, erklärt Sandra Wallner-Liebmann.

 

Unser täglich Brot: Stoffwechselvorgänge im Körper und Ernährung

Die WissenschafterInnen konnten ebenfalls spezifische Effekte von verschiedenen Nahrungsmitteln auf das Metabolom identifizieren, wie beispielsweise den für Zitrusfrüchte charakteristischen Metabolit Prolin-Betain.

So bringen pflanzliche Lebensmittel unter anderem eine Reihe von phenolischen Verbindungen in Blut und Gewebe, die vom Stoffwechsel des Menschen nicht abgebaut werden können.

Tierische Lebensmittel hingegen weisen in ihren Bestandteilen kaum Unterschiede zum Blut bzw. Gewebe des Menschen auf. „Vorwiegend Pflanzen enthalten eine Reihe von Bestandteilen, die vom menschlichen Stoffwechsel nicht abgebaut werden können – sogenannte Xenobiotika“, fasst Sandra Wallner-Liebmann zusammen.

Erste Ergebnisse zeigen hier vor allem die Bedeutung der Darmflora, da beispielsweise Bakterien im Dickdarm ebenfalls Metabolite bilden, die im Darm resorbiert werden und dann im Blut nachweisbar sind. Diese Mikrobiom-Metabolite, wie beispielsweise Acetat, können auch die Appetitregulation durch Passieren der Blut-Hirn-Schranke beeinflussen.

Eine wichtige Chance der Metabolomanalyse besteht im Bereich der genauen individuellen Lebensmittel- und Inhaltsstoffverzehranalyse. Darüber hinaus gilt es in der personalisierten Ernährung das tatsächliche Stoffwechselbild und damit auch die zugrunde liegenden Regulationsprozesse besser zu verstehen.

Quelle: The impact of free or standardized lifestyle and urine sampling protocol on metabolome recognition accuracy. Wallner-Liebmann S, Gralka E, Tenori L, Konrad M, Hofmann P, Dieber-Rotheneder M, Turano P, Luchinat C, Zatloukal K., Genes Nutr. 2015 Jan;10(1):441. doi: 10.1007/s12263-014-0441-3. Epub 2014 Nov 18.

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