Freitag, April 19, 2024

Sirtuine zur Vermeidung von Herzmuskelschäden erfolgreich

Sirtuine können Herzmuskelschäden vermeiden helfen. Sie unterstützen auch die Behandlung von Herzinfarkt, Schlaganfall und akutem arteriellen Verschluss.

Viele Stent-bedingte Herzmuskelschäden kann man derzeit nicht angemessen behandeln. Nun zeigten Grazer Forscher, dass diese Schäden vom erst kürzlich entdeckten Protein Sirtuin 5 (SIRT5) abhängen. Im Grunde genommen sollen die sieben derzeit bekannten Sirtuine nicht nur in der Vermeidung solcher Herzmuskelschäden eine wichtige Rolle spielen. Sie könnten auch generell zur Optimierung der Behandlung von Herzinfarkt, Schlaganfall sowie akutem arteriellen Verschluss einer Extremität positiv beitragen.

 

Sirtuin 5 zur Vermeidung von Herzmuskelschäden

Herzmuskelschäden, die durch die Wiederherstellung des Blutflusses in einem Herzinfarkt-bedingt verschlossenen Gefäßes mittels eines Stent (Reperfusion) entstehen können, sind vom erst kürzlich entdeckten Protein Sirtuin 5 (SIRT5) abhängig. Reperfusionsschäden, die noch nicht angemessen behandelt werden können, machen bis zu 30 Prozent der Herzinfarktgröße aus. Das berichten Grazer Forscher auf dem Europäischen Kardiologiekongress in Paris.

„Wir konnten zeigen, dass sich der minder- oder nicht durchblutete Herzmuskel während der Reperfusion deutlich schlechter erholt, wenn SIRT5 im Herzmuskel nicht vorkommt“, so PD Dr. Heiko Bugger von der Klinische Abteilung für Kardiologie der Medizinischen Universität Graz. „Umgekehrt führt ein vermehrtes Vorkommen von SIRT5 zu einer deutlich besseren Erholung des Herzmuskels, was die wichtige Rolle dieses Proteins in der Ausbildung des Reperfusionsschadens unterstreicht.“

 

SIRT5 und auch anderer Sirtuine bei Herzmuskelschäden, Herzinfarkt, Schlaganfall sowie akutem arteriellen Verschluss

Es zeigte sich auch, dass der Anstieg der Produktion von reaktiven Sauerstoff-Radikalen (ROS), die zu einer Schädigung der Herzmuskelzellen führen können, während der Reperfusionsphase durch SIRT5 unterdrückt werden kann. Das dämmt den Reperfusionsschaden ein und verbessert die Erholung des Herzmuskels. Da die Funktion von SIRT5 während Ischämie (Minderdurchblutung oder Durchblutungsausfall) und Reperfusion reduziert ist, lege diese Studie nahe, dass eine Erhaltung der SIRT5-Aktivität während Ischämie und Reperfusion ein „neuer therapeutischer Ansatz zur Optimierung der Herzinfarktbehandlung sein könnte“, so Dr. Bugger.

Die davon auszugehen, dass die positiven Effekte von SIRT5 und wahrscheinlich auch anderer Sirtuine nicht nur bei Herzmuskelschäden, Herzinfarkt, sondern auch beim Schlaganfall oder dem akuten arteriellen Verschluss einer Extremität wirken dürften. Eine Dauerbehandlung mit einem Sirtuinaktivator wäre somit als sinnvolle Therapieergänzung bei Patienten denkbar, die aufgrund einer ausgeprägten Atherosklerose nicht nur ein Risiko für einen Herzinfarkt, sondern auch für einen Schlaganfall oder ein kaltes Bein aufweisen.“

 

Die Rolle der Sirtuine und der Nutzen ihrer Aktivierung

Der Hintergrund: Bei der Implantation einer Gefäßstütze (Stent) nach einem Herzinfarkt kann es durch die Wiedereröffnung des Gefäßes und die Wiederherstellung der Durchblutung zu einer Schädigung des Herzmuskels kommen. Insbesondere kommt es in der Reperfusion durch die Wiederdurchblutung mit Sauerstoff-reichem Blut zur Bildung reaktiver Sauerstoff-Radikale.

Grundsätzlich sind Sirtuine Enzyme, die unterschiedliche Proteinanhängsel von anderen Proteinen abspalten können und somit die Funktion dieser Zielproteine regulieren können. Bisher wurden 7 Sirtuine beschrieben (SIRT1-7) Sie wurden bekannt, weil sie die Lebenszeit von Zellen sowohl in niederen Organismen aber auch in Säugetieren verlängern können. Vermutlich entstehen diese positiven Effekte u.a. durch eine günstige Beeinflussung des zellulären Energiestoffwechsels und der Bildung von ROS.

Weiterhin deuten zahlreiche Studien darauf hin, dass Fehlfunktionen von Sirtuinen bei zahlreichen altersassoziierten Erkrankungen wie Krebs, Diabetes mellitus oder neurodegenerativen Erkrankungen eine Rolle spielen, und dass ihre Aktivierung sich günstig auf den Krankheitsverlauf auszuwirken scheint.

Dieser Therapieansatz hat viel Potential. Denn nicht nur die Aktivierung von SIRT5 kann die Herzinfarktgröße günstig beeinflussen. Sondern auch die Aktivierung anderer Sirtuine (SIRT1, SIRT3, SIRT6). Dr. Bugger erklärt: „Das übergeordnete Ziel sollte daher sein, durch entsprechende Medikamente möglichst viele Sirtuine aktivieren zu können, um den maximalen protektiven Effekt dieser Proteine ausnützen zu können.“

 

Entwicklung von SIRT5-Aktivatoren

Da diese Studien in genetisch veränderten Organismen durchgeführt wurden, muss man nun möglichst spezifische pharmakologische Aktivator von SIRT5 entwickeln.  Damit kann man eine Reproduzierbarkeit und Anwendung im Menschen ermöglichen. „Studien zur Entwicklung solcher SIRT5-Aktivatoren sind bereits an mehreren Institutionen im Gange. Und sie sollten in absehbarer Zeit verfügbar sein“, berichtet Dr. Bugger. „Ob und wann dieser neue Therapieansatz die Umsetzung in die Klinik schaffen wird, wird von diesen künftigen Studien abhängen. Es ist davon auszugehen, dass dies noch mehrere Jahre dauern wird.“

Quellen:

Österreichische Kardiologengesellschaft

Europäischer Kardiologiekongress (Paris) – ESC 2019; P5381: Lack of sirtuin 5 aggravates myocardial ischemia reperfusion injury.

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