Freitag, März 29, 2024

Sicherheit und Wirkung von Statinen überschätzt

Wirksamkeit und Sicherheit der zur Cholesterinsenkung eingesetzten Statine sorgen bei Experten für Diskussionen. Dass Statine zu einer dramatischen Cholesterinreduktion führen, ist dabei unumstritten.

Seit langem gelten Statine als die wirksamsten Arzneimittel unter den Cholesterinsenkern, die – so Verfechter – zu signifikanten Reduktion von Herz-Kreislauf-Erkrankungen beitragen. In einer aktuellen, kontroversen Analyse berichten Wissenschafter der University of Florida, dass der Nutzen dieser Substanzen übertrieben und Nebenwirkungen verharmlost werden.

„Die vor etwa zwei Jahrzehnten auf den Markt gebrachten Statine, zur Vorbeugung kardiovaskulärer Risiken, sind bei weitem nicht so effektiv und sicher, wie häufig propagiert,“ so Dr. David M. Diamond, Professor für Psychologie, molekulare Pharmakologie und Physiologie an der University of South Florida und Dr. Uffe Ravnskov, unabhängiger Wissenschafter und Experte für Cholesterin und Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wenngleich Statine – dies sei unumstritten – zu einer dramatischen Cholesterinreduktion führen, ist unklar, ob sie bei kardiovaskulärer Erkrankungen Vorteile bringen. „Zahlreiche Studien zur Bestätigung der Effektivität von Statinen haben nicht nur ernstzunehmende Nebenwirkungen ignoriert, sondern auch die tatsächlich geringe Wirksamkeit der Medikamente durch statistische Transformationen vorhandener Daten verfälscht,“ so die Autoren der aktuellen Publikation.

Übertriebene Behauptungen zu Statinen

Ihre scharfe Kritik hinsichtlich der übertriebenen Behauptungen, Statine sein in der Lage Schlaganfälle, Herzinfarkte und Todesfälle infolge von Herzerkrankungen zu verhindern, veröffentlichten die Wissenschafter vor kurzem im Journal Expert Review of Clinical Pharmacology. Ihre Datenanalyse brachte die Forscher zur Schlussfolgerung, dass „Statin-Befürworter statistische Täuschungen einsetzen, um die Illusion eines Wundermittels zu kreieren, wenn in Wirklichkeit ihre bescheidene Wirkung von massiven Nebenwirkungen in den Schatten gestellt wird.“

Die Basis der Täuschung liege in der Darstellung des tatsächlichen Nutzens sowie der unerwünschten Nebenwirkungen der Substanz. Der  Effekt der Medikamente wird als „Absolutes Risiko“ eingeschätzt, wodurch ersichtlich wird, dass Statine nur für 1 Prozent der Bevölkerung einen Nutzen mit sich bringt. Das bedeutet, dass nur 1 von 100 mit Statinen behandelten Personen einen Herzinfarkt weniger erleidet. Dieser 1-prozentige Effekt würde jedoch ignoriert. Stattdessen wird die Statistik transformiert, wodurch die Illusion entsteht, dass Statine bei 30 bis 50 Prozent der Bevölkerung von gesundheitlichem Nutzen sei.

Die übertriebene Darstellung der Wirksamkeit von Statinen wurde durch die Analyse diverser Statin-Studien klar, darunter der Jupiter Trial , der Anglo-Scandinavian Cardiac Outcomes Trial Lipid Lowering Arm (ASCOT-LLA), und die British Heart Protection Studie.

„Laut Jupiter Trial erzielte die Behandlung mit Statinen eine 54-prozentige Reduktion des Herzinfarktrisikos. Tatsächlich betrug die Reduktion koronarer Ereignisse weniger als 1%,“ so Ravnskov und Diamond.

„In der ASCOT-LLA Studie, die frühzeitig abgebrochen wurde, weil sie so außergewöhnlich gute Ergebnisse zeigte, betrug die Herzinfarkt- und Todesrate in der Placebogruppe – also bei unbehandelten Probanden – 3 Prozent. In der mit einem Statin behandelte Gruppe lag diese Zahl bei 1,9 Prozent. Die Verbesserung betrug also lediglich 1,1 Prozent. Als die Studie jedoch der Öffentlichkeit präsentiert wurde, wurde ebenfalls lediglich das relative Risiko dargestellt. Propagiert wurde somit eine 36-prozentige Reduktion des Herzinfarktrisikos.“

Zudem sind die Nebenwirkungen von Statinen deutlich stärker und treten wesentlich häufiger auf, als es in den Medien oder bei medizinischen Konferenzen zugegeben wird“ so Diamond und Ravnskov. Den Autoren zufolge kann es zu erhöhten Krebs- und Diabetesraten, kognitiven Beeinträchtigungen sowie zu muskuloskeletalen Störungen kommen. Dies stelle den Nutzen der Statine in den Schatten, so die US-Experten.

Die Autoren betonen, dass niedrige Cholesterinspiegel, die durch Statingebrauch zustande kommen, häufig mit einem erhöhten Krebsrisiko in Verbindung gebracht werden. Eine Langzeitstudie wies beispielsweise auf eine dramatische Erhöhung der Brustkrebsrate bei Frauen, die über einen Zeitraum von mehr als 10 Jahren Statine einnahmen, hin.

Diamond und Ravnskov weisen zudem auf die Interessenkonflikte innerhalb der Medizinischen Community und der pharmazeutischen Industrie hin, wenn es darum geht, den Nutzen von Statinen zu bewerten. „Es gilt sich diesen Interessenskonflikten bewusst zu werden,“ so Diamond und Ravnskov. In einer Zeit, in der Leiter des Gesundheitswesen und der Forschung in Großbritannien – darunter der Chefredakteur des British Medical Journals und die Vorsitzende des Britain’s Commons Health Select Committee – pharmazeutische Unternehmen auffordern, sämtliche unter Verschluss gehaltene Berichte über Nebenwirkungen von Statinen zu veröffentlichen, ist diese Publikation von besonders hoher Brisanz.

Die Autoren plädieren für andere Strategien zur Verbesserung der Gesundheit bzw. zur Reduktion des kardiovaskulären Risikos, darunter entsprechende Veränderungen des Lebensstils (z.B. Gewichtskontrolle, Bewegung und Stressreduktion). Sie unterstreichen zudem den Nutzen einer kohlenhydratarmen Ernährung für die Normalisierung des kardiovaskulären Risikos, die zu ausgezeichneten Erfolgen – speziell bei Betroffenen der Typ-2-Diabetes, führen.

Video: Ein Auszug, der in der Publikation angesprochenen Probleme, wird von Dr. Diamond in einer USF-Onlinevorlesung vorgetragen. https://www.youtube.com/watch?v=3vr-c8GeT34

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