Dienstag, März 19, 2024

Hoffnung auf sicheren, wirksamen Impfstoff gegen das Coronavirus SARS-Cov-2

Ein sicherer, wirksamer Impfstoff gegen das Coronavirus SARS-Cov-2 ist dringend notwendig, um die Corona-Pandemie in den Griff zu bekommen.

Die ganze Welt sehnt sich nach einem Corona-Impfstoff, der auf einen Schlag all die gesundheitlichen, wirtschaftlichen und sozialen Probleme, die durch das neue Coronavirus SARS-Cov-2 entstanden sind, lösen könnte. Die Hoffnungen sind hochgeschraubt, auch in der Politik, weil die Aussicht besteht, mithilfe einer wirksamen Impfung zu einer gewissen »Normalität« ohne die derzeitigen Einschränkungen unseres Lebens zurückkehren zu können, auch wenn das Coronavirus weiter zirkuliert. Tatsächlich gibt es von der Impfstoff-Front viel Positives zu berichten, das zuversichtlich stimmen kann. Allen voran gilt das für den vom deutschen Biotech-Unternehmen Biontech gemeinsam mit Pfizer entwickelte Impfstoff BNT162b2 gegen SARS-Cov-2. Dieser soll einen mehr als 90-prozentigen Schutz vor Covid 19 bieten, und zwar ohne schwere Nebenwirkungen.

 

Bereits über 100 Impfstoff-Kandidaten gegen das Coronavirus SARS-Cov-2

Eine ganze Armada von Forschungsinstituten und pharmazeutischen Firmen entwickelt weltweit experimentelle Corona-Impfstoffe, und der Stand dieser Projekte ist beeindruckend. Die Corona-Forschung schöpft so gut wie jede Möglichkeit moderner Impfstoff-Technologien aus. Und die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat eine eindrucksvolle Liste der Impfstoffkandidaten zusammengestellt. Insgesamt sind es mehr als 100, von denen sich bereits acht in klinischen Prüfungen am Menschen befinden.

Eine derartig breite und intensive Anstrengung zur Entwicklung eines Impfstoffes ist ohne Beispiel und gibt berechtigte Hoffnung auf Erfolg. Bei aller Euphorie sind allerdings einige wichtige Aspekte zu beachten, die zu einer gewissen Vorsicht vor überhastetem Handeln mahnen. Bildlich gesprochen ist der Bär also noch nicht erlegt, und daher sollte man sein Fell auch nicht schon jetzt verteilen.

 

Worum geht es konkret?

Im Anschluss an die SARS-Krise des Jahres 2003 und das Auftauchen des MERS-Coronavirus im Jahr 2012 hat man ebenfalls experimentelle Corona-Impfstoffe entwickelt. Allerdings hat man bei deren Erprobung in Tierversuchen zum Teil unerwünschte Reaktionen beobachtet, deren genaue Ursachen nach wie vor ungeklärt sind.

In einigen Studien, die mit verschiedenen Arten von Impfstoffen durchgeführt wurden, entwickelten geimpfte Tiere bei späterer Infektion mit dem Virus (zur Untersuchung der Schutzwirkung der Impfung) stärkere pathologische Veränderungen in der Lunge beziehungsweise in der Leber, als das bei ungeimpften Kontroll-Tieren der Fall war. Diese Effekte wurden mit einer durch die Impfung fehlgesteuerten Immunantwort in Verbindung gebracht.

Ob solche Reaktionen auch durch jene Coronavirus-SARS-Cov-2-Impfstoffe ausgelöst werden können, die sich im Entwicklungsstadium befinden, ist derzeit nicht bekannt. Die WHO hat daher in ihrer Initiative zur Etablierung eines globalen Forums zur Corona-Impfstoff-Entwicklung dieses Problem als eine zentrale Frage identifiziert, deren Klärung eine Voraussetzung für die Durchführung größerer klinischer Studien und damit einer möglichen Zulassung ist.

 

Fehlendes Wissen über die Dauer der Immunität

Ein weiteres Problem bereitet das fehlende Wissen darüber, wie lang die durch Impfung induzierte Immunantwort tatsächlich eine Immunität, also den Schutz vor Erkrankung bei Infektion, vermitteln kann.

Dieser Aspekt ist nicht nur für den Individualschutz von Bedeutung, sondern auch im Hinblick auf die mögliche Schaffung der viel zitierten Herdenimmunität oder des Gemeinschaftsschutzes, der eine Immunität in mehr als der Hälfte der Bevölkerung erfordern würde, um die Viruszirkulation zu unterbinden oder zumindest drastisch einzuschränken.

Im Gegensatz zu anderen Virusinfektionen, die oft eine lebenslange Immunität hinterlassen, gibt es Hinweise, dass Coronavirus-Infektionen bei Tier und Mensch nur einen temporären Schutz vermitteln und daher Reinfektionen möglich sind.

 

Der ideale Coronavirus-SARS-Cov-2-Impfstoff sollte daher eine Immunantwort auslösen, die länger schützt als eine natürliche Infektion.

Zur Gewährleistung der Verfügbarkeit vergleichbarer Daten für Zulassungsbehörden weist die WHO auch hier auf bestehende Wissenslücken hin. Sie hebt daher die große Dringlichkeit der Entwicklung aussagekräftiger Testsysteme hervor. Diese müssen dann eine vergleichende Evaluierung der durch die verschiedenen Impfstoffkandidaten induzierten Immunantworten ermöglichen.

Man wird sehen, wie gut diese WHO-Initiative zur übergeordneten Koordinierung der Impfstoffversuche und Ergebnisanalysen mit den Geschäftsmodellen der Impfstoffentwickler vereinbar ist.

Jedenfalls ist klar, dass die Verfügbarkeit standardisierter Tiermodelle und in vitro-Tests zur Abschätzung möglicher unerwünschter Nebenwirkungen und der Dauer des Impfschutzes höchste Priorität haben.

Wenn diese Fragen nicht geklärt sind, nützen noch so innovative Technologien zur Impfstoff-Herstellung und der Aufbau großer Produktionskapazitäten nichts.

Es ist daher zu hoffen, dass ein Teil der auch von der öffentlichen Hand aufgebrachten Forschungsmilliarden nicht nur in die Förderung von Entwicklung und Produktion eines Impfstoffes fließt. Sondern dass man ebenso zielgerichtet in die Entwicklung von Modellen zur Evaluierung der Impf-Immunität und Verträglichkeit der Impfung investiert.

Dies ist umso bedeutender, als ja die Vision besteht, die Corona-Impfung allen Menschen dieser Welt (also Milliarden!) verfügbar zu machen. Und daher kann man ganz sicher keine Abstriche betreffend Impfstoff-Sicherheit machen.

 

Noch nie war die Aussicht auf einen Impfstoff besser als jetzt!

Auch wenn der Bedarf noch so dringend ist, sollte eine überhastete Vorgangsweise, getrieben durch einen allzu großen Erwartungsdruck, unbedingt vermieden werden.

Die Liste der erfolgreichen Impfungen ist lang. Und das Konzept der aktiven Immunisierung gehört zweifellos zu den größten Errungenschaften in der Geschichte der Medizin. Es sei aber an die Beispiele von HIV und HCV erinnert. Bei denen hat dieses Konzept trotz größter Anstrengungen bisher nicht funktioniert.

Obwohl hinsichtlich eines Corona-Impfstoffes noch Fragen offen sind, gibt die aktuelle Beobachtung der vielfältigen technologischen Neuerungen und intensiven weltweiten Anstrengungen Grund zu Optimismus. Die Arbeit der Forscher ist überragend, und noch nie war die Aussicht auf einen Impfstoff besser als jetzt.

Dennoch sind entscheidende Hürden zu überwinden. Und neben den Impfstoff-Entwicklern kommt dabei den internationalen und nationalen Zulassungsbehörden enorme Bedeutung zu. Und zwar, um die Sicherheit und Wirksamkeit eines Corona-Impfstoffes zu gewährleisten.


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Quelle:

VIRUSEPIDEMIOLOGISCHE INFORMATION” NR. 10/20-6.

Prof. Dr. Franz X. Heinz.

Department für Virologie der Med. Universität Wien.

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