Donnerstag, April 18, 2024

Sepsis und genetische Veranlagung

Verschiedene Einflüsse beeinträchtigen den Verlauf der Sepsis, wobei auch die genetische Veranlagung des Patienten eine ganz wesentliche Rolle spielen soll.

Sepsis ist ein lebensbedrohlicher Zustand, der entsteht, wenn die Abwehrreaktion des Immunsystems auf eine Infektion das körpereigene Gewebe schädigt. Eine Sepsis kann im Zusammenhang mit jeder Infektion auftreten. Wird sie nicht schnell erkannt und behandelt, endet sie oft tödlich. Zahlreiche Komponenten haben einen Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung, schon seit längerem ist bekannt, dass auch die genetische Veranlagung des Patienten eine wesentliche Rolle spielt. Dementsprechend könnten durch die Analyse genetischer Varianten die unterschiedlichen klinischen Verläufe nach dem Auftreten einer Sepsis prognostiziert werden.

 

Extrem unterschiedliche Verläufe bei Sepsis durch genetische Veranlagung

In einer Analyse von Sepsis-Erkrankungen, die durch extrem unterschiedliche Verläufe auffielen, zeigte sich, dass manche Patienten trotz offenbar ungünstiger Voraussetzungen – wie hohes Alter, verschiedene Vorerkrankungen, Behandlung mit nicht geeigneten Antibiotika – eine Sepsis überlebten. Bei anderen, eher jüngere, Patienten, die zeitnah und adäquat behandelt wurden, verlief die Sepsis hingegen sehr schwer verlief. Bei der Genanalyse von (aus mehr als 4.000) ausgewählten 74 Patienten aus diese beiden Extremgruppen wurden vor allem seltene, proteinverändernde Genvarianten in den Fokus gerückt.

Im Vergleich der beiden Extremgruppen zeigte sich, dass sich bei Patienten mit günstigen Sepsisverläufen eine größere Anzahl solcher Genvarianten fanden. Die in diesen Gensequenzen verschlüsselten Proteine sind an Signalprozessen in der Zelle, bei der Erkennung des Krankheitserregers und des angeborenen Immunsystems beteiligt. Die Forscher nehmen an, dass die veränderten Proteine die sonst im Fall einer Sepsis zu beobachtende Überreaktion des Körpers auf die Infektion abmildern. Wahrscheinlich ist zudem, dass dieser eher protektive Effekt erst aufgrund der Kombination mehrerer Varianten entsteht.Zudem könnte nicht ausgeschlossen werden, dass die Wirkung der Varianten unter anderen Umständen schädlich ist.

In einer anderen Studie wurden häufige Genvarianten des gesamten menschlichen Genoms untersucht. Bei der Analyse von 740 Sepsispatienten in einer genomweiten Assoziationsstudie wurden 14 Genregionen entdeckt, die mit einer erhöhten Sterblichkeit nach Sepsis zusammenhängen. Darunter sind auch Abschnitte des Gens CRISPLD2, die keine Eiweiße verschlüsseln. Für dieses Gen konnte in anderen Studien ein Zusammenhang mit Procalcitonin nachgewiesen werden, einer Hormonvorstufe, die als einer der validesten Biomarker bei der Verlaufskontrolle von Sepsisverläufen gilt.


Originalpublikationen:

Taudien, Stefan, et al. Genetic factors of the disease course after sepsis: a genome-wide study for 28 day mortality, 2016, EBioMedicine, DOI: 10.1016/j.ebiom.2016.08.037.

Scherag, André, et al. Genetic factors of the disease course after sepsis: Rare deleterious variants are predictive, 2016, EBioMedicine, DOI:10.1016/j.ebiom.2016.08.043.


Quellen:

CSCC: Das Integrierte Forschungs- und Behandlungszentrum Sepsis und Sepsisfolgen (Center for Sepsis Control & Care, CSCC) http://www.cscc.uniklinikum-jena.de

Leibniz-Institut für Alternsforschung – Fritz-Lipmann-Institut (FLI) http://www.leibniz-fli.de

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