Donnerstag, April 25, 2024

Schon vor Corona: Personal im Gesundheitswesen und Burnout

Der Umgang mit Notfällen, Leid, Sterben und Tod forderte schon vor der Corona-Pandemie Tribut, dringend erforderlich sind Entlastung, psychosoziale Unterstützung und Prävention für das Personal im Gesundheitswesen.

Mit dem dringenden Appell „Jetzt handeln: Personal im Gesundheitswesen vor Burnout!“ wenden sich heute diverse Fachgesellschaften, Berufsverbände und Stiftungen unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) in ernster Sorge um die hohe Belastung der Gesundheitsfachkräfte durch die Corona-Pandemie an die Politik. „In Anbetracht dieser ununterbrochenen Konfrontation mit Notfallsituationen, teils leidvollem Sterben und Tod ist Entlastung für Gesundheitsfachkräfte durch den Einsatz psychosozialer Fachkräfte in Versor-gungsbereichen mit hoher Belastung unerlässlich.“, so Dipl.-Psych. Urs Münch, Vizepräsident der DGP, Psychologischer Psychotherapeut und Psychoonkologe. Die DGP ruft Fachverbände und -gesellschaften dazu auf, sich dem Appell anzuschließen.

„Die Corona-Pandemie führt in allen Bereichen der Gesundheitsversorgung zur Überlastung der Gesundheitsfachkräfte. Sie sind seit einem Jahr dauerhaft zahlreichen Stressoren ausgesetzt.“ unterstreicht DGP-Präsidentin Prof. Dr. Claudia Bausewein, die als Direktorin der Klinik und Poliklinik für Palliativmedizin am LMU Klinikum, Campus Großhadern, erlebt, welche Kraftanstrengung dies täglich für die Teams bedeutet. „Besonders zu schaffen machen den Fachkräften neben dem täglichen Umgang mit Notfällen, Leid, Sterben und Tod die Ausfälle ihrer Kolleginnen und Kollegen durch Covid-19-Erkrankungen oder Quarantäne, die physische und psychische Herausforderung bei der Pflege beatmeter wie nicht beatmeter Covid-19-Erkrankter, das eigene Infektionsrisiko inclusive der Covid-19-Stigmatisierung und der erhöhte Betreuungsaufwand von durch Besuchsverbote vereinsamten Menschen.“ betont Heidi Müller, Dipl.-Politologin, Trauerforscherin und Trauer-beraterin, Sprecherin der AG Psychosoziale und Spirituelle Versorgung der DGP und Erstautorin des Aufrufs.

Das Problem gilt für alle Arbeitsbereiche: Alten- und Pflegeheime, ambulante Versorgung Schwerstkranker und Kliniken, dort insbesondere auf COVID-19- und Intensivstationen. Die wirt-schaftlichen Kosten der gesundheitlichen Folgen, wie z.B. Posttraumatische Belastungsstörungen oder Depressionen, werden durch Arbeitsausfälle, Behandlungskosten, dauerhaften Personalman-gel massiv und hoch ausfallen. Das Rahmenkonzept für den Schutz vor chemischen, biologischen, radiologischen und nuklearen Gefahren (CBRN) des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe thematisiere zwar psychosoziale Unterstützung für Professionelle in Schadens- und Gefahrenlagen, biete aber keinen Ansatz für eine konkrete Umsetzung.

„Es besteht akuter Bedarf an Entlastung der Gesundheitsfachkräfte!“ so die Unterzeichnenden des Appells, genannt werden insbesondere Pflegende wie auch Ärztinnen und Ärzte. Da strukturelle Schwachstellen wie der Mangel an Pflegekräften so schnell nicht behoben werden können, muss dies vorrangig durch psychologische, psychotherapeutische, soziale und spirituelle Unterstützung Schwerstkranker, deren An- und Zugehöriger wie auch pflegender Angehöriger geschehen. Unumgänglich ist außerdem präventive Hilfe für betroffene Gesundheitsfachkräfte, Schwerstkranke und deren An- und Zugehörige, auch, um Folgekosten durch langwierige psychische Störungen und deren Behandlungen zu reduzieren.

„Wir fordern Sie auf, eine Lösung zur Entlastung der von COVID-19 besonders betroffenen Bereiche der Gesundheitsversorgung zu finden, die auch den Grundsätzen des Rahmenkonzepts des CBRN-Schutzes für eine Pandemie entspricht.“ Es sei dringend dafür zu sorgen, dass die von COVID-19 besonders betroffenen Bereiche der Gesundheitsversorgung mit zusätzlichen Fachkräften aus der Psychologie, Psychotherapie, Neuropsychologie, Sozialarbeit und Spiritual Care bzw. Seelsorge gestärkt werden, appellieren die unterzeichnenden Fachgesellschaften und Berufsverbände.

Kurzfristig profitieren könnten COVID-19-Stationen und Intensivstationen in den Kliniken, Alten- und Pflegeheime und die Spezialisierte ambulante Palliativversorgung (SAPV). Mittel- und langfristig braucht es zum Schutz der durch eine Pandemie besonders belasteten Gesundheitsfachkräfte im Sinne des Rahmenkonzepts für den CBRN-Schutz ein nachhaltiges Konzept, das letztlich die psychische Gesundheit aller im Gesundheitssystem durch die Pandemie besonders belasteten Personengruppen sowohl aus ethisch-moralischer als auch aus volkswirtschaftlicher Perspektive gewährleistet. Die Unterzeichnenden stellen ihre Expertise gerne beratend zur Verfügung.

Die Initiative zum Appell hat die DGP als wissenschaftliche Fachgesellschaft mit über 6.000 Mitgliedern aus der Hospiz- und Palliativversorgung ergriffen, „weil wir aus unserer Erfahrung um den wirksamen Effekt multiprofessionellen Arbeitens und der regelhaften Einbeziehung psychosozialer und spiritueller Fachkräfte wissen“, so Susanne Kiepke-Ziemes, Dipl.-Sozialarbeiterin und Systemische Therapeutin, ebenfalls Sprecherin der AG Psychosoziale und Spirituelle Versorgung der DGP und Mitautorin des Aufrufs.


Quelle:

Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin: www.palliativmedizin.de

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