Freitag, März 29, 2024

Schmerzmittel bei Zahnextraktion: rechtzeitig vor dem Zahn ziehen

Viele Schmerzspezialisten meinen, dass man vor dem Zahn ziehen schon ein Schmerzmittel einsetzen sollte. Dann wirkt es rechtzeitig nach der Zahnextraktion.

Beim Zahn ziehen oder dem operativen Entfernen vom ganzen Zahn mit den Zahnwurzeln aus dem Zahnfach haben viele Patienten vor allem Angst vor den Schmerzen. Über den richtigen Zeitpunkt für die Schmerzmittel-Einnahme entscheidet im Rahmen einer Zahnextraktion streiten sich die Geister. Jedenfalls wäre es wichtig, dass die Wirkung des Schmerzmittels nach dem Rückgang der Anästhesie stark genug ist. Deswegen empfehlen viele Schmerzspezialisten, dass man lange genug vor dem Zahn ziehen das Schmerzmittel einnimmt.

Doch viele Zahnärzte raten im Gegensatz zu Schmerzspezialisten vor einer Zahnentfernung davon ab, Schmerzmittel vorbeugend einzunehmen. Denn sie befürchten dadurch Komplikationen beim Eingriff oder bei der Wundheilung.

 

Die richtigen Schmerzmittel rechtzeitig vor dem Zahn ziehen anwenden

Seit der intensiveren Forschung mit der Schmerzmedizin in Europa in den letzten Jahrzehnten hat sich auch das Verständnis für die Wirkung von Schmerzmittel deutlich verändert. Das hat wiederum die die Behandlungsqualität in der Schmerztherapie deutlich verbessert.

Und deswegen empfehlen viele Schmerzspezialisten heute die Einnahme eines Schmerzmittels bereits vor einer Zahnextraktion. Denn dann wirkt das Schmerzmittel eher bereits rechtzeitig nach dem Zahn ziehen.

Allgemein ist es bei Zahnschmerzen wichtig, dass man sorgfältig darauf achtet, ob auch eine Entzündung vorliegt. Denn dann kann manchmal auch durchaus auch der Einsatz einfacher Analgetika kombiniert mit Antibiotika klinisch angezeigt sein. Hier sind der Zahnarzt sowie auch der Allgemeinmediziner gefordert.

Starke Schmerzen 1 bis 3 Stunden nach der Zahnextraktion vermeiden

Beim Zahn ziehen weiß man aus der schmerzhaften Erfahrung heraus, dass ein bis drei Stunden nach dem Eingriff starke Schmerzen auftreten. Da diese Schmerzen nach einer Zahnextraktion mit einer ziemlichen Sicherheit auftreten, ergeben sich dadurch die besten Voraussetzungen, verschiedene Schmerzmittel auf ihre Wirksamkeit beim Zähne ziehen zu testen.

So geschah es beispielsweise mit dem Wirkstoff »Ibuprofen«, der bei einer Patientengruppe vor der Zahnextraktion getestet wurde. Dabei zeigte sich, dass die eingenommene Standardmenge ausreichend war, um die Zahnschmerzen nach einer Operation zu beheben.

In der Kontrollgruppe bekamen Patienten erst am Tag nach der Zahnextraktion das Schmerzmittel Ibuprofen verabreicht. Als eben die Schmerzen als Folge der Entfernung des Weisheitszahnes tatsächlich auftraten.

 

Ibuprofen als Schmerzmittel vor dem Zahn ziehen

Wenn man das Ibuprofen erst bei der Zahnextraktion einnimmt, dann dauert es dreimal so lange, bis die Wirkung einsetzt. Und zwar im Vergleich mit der früheren Gabe. Das zeigte eine Studie zum Stillen des Schmerzes beim Zahn ziehen. Wobei die gängige Dosis von 200 mg Ibuprofen kaum ausreichend war.

Es ergab sich jedenfalls eindeutig, dass man das Schmerzmittel Ibuprofen einnehmen sollte, bevor man sich beim Zahnarzt einen Zahn ziehen lässt. Der jeweiligen Bioverfügbarkeit des Wirkstoffs entsprechend. Und nicht erst nach der Zahnextraktion. Wobei übrigens das Ibuprofen-Natriumdihydrat als schneller wirksam gilt als Ibuprofensäure.

Eine rezente Cochrane-Untersuchung sieht jedenfalls mögliche Vorteile einer Verwendung von Schmerzmitteln vor dem zahnärztlichen Eingriff. Das hat das Potenzial, postoperative Beschwerden, aber auch intraoperative Schmerzen zu reduzieren. Allerdings bei geringer Evidenz, da zu wenige Studien dazu vorliegen.

Weitere Wirkstoffe

Viele Zahnärzte empfehlen aber auch verschiedene alternative andere Schmerzmittel zur Anwendung vor der Zahnextraktion. Vor allem Schmerzmediziner betonen im Gegensatz zu vielen Zahnärzten jedoch, dass man alle Schmerzmitteln früh genug vor dem Besuch beim Zahnarzt und dem Zahn ziehen einsetzen sollte. Unabhängig vom Wirkstoff.

Doch nicht jedes Schmerzmittel kann vor und nach zahnmedizinischen Behandlungen problemlos eingenommen werden. Als gut verträgliches Arzneimittel wird Ibuprofen seit langem zur Linderung von Zahnschmerzen verwendet. Auf jeden Fall sollte die Problematik mit dem behandelnden Arzt vor Anwendung besprochen werden.

 

Unbehandelte Schmerzen hinterlassen Spuren im Nervensystem

Beispielsweise weiß man in der heutigen Zeit, dass unbehandelte starke Schmerzen im Nervensystem ihre Spuren hinterlassen. Und außerdem können auch harmlose Reize, die man sonst kaum beachtet, in der Zukunft heftige Schmerzen auslösen.

Denn Schmerzen verursachen eine falsche Konditionierung der Nervenbahnen, wenn sie nicht behandelt werden. Denn das Nervensystem lernt immer fort, auf Reizwiederholungen zu reagieren. Das kann dann zu chronischen Schmerzen führen. Daher ist es auch von Bedeutung, dass man allgemein nicht zu lange zögert, Schmerzmittel zu verwenden.


Literatur:

Koh SWC, Li CF, Loh JSP, Wong ML, Loh VWK. Managing tooth pain in general practice. Singapore Med J. 2019 May;60(5):224-228. doi: 10.11622/smedj.2019044.

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Taggar T, Wu D, Khan AA. A Randomized Clinical Trial Comparing 2 Ibuprofen Formulations in Patients with Acute Odontogenic Pain. J Endod. 2017 May;43(5):674-678. doi: 10.1016/j.joen.2016.12.017. Epub 2017 Mar 18.

Cho H, Lynham AJ, Hsu E. Postoperative interventions to reduce inflammatory complications after third molar surgery. Review of the current evidence. Aust Dent J. 2017 Dec;62(4):412-419. doi: 10.1111/adj.12526. Epub 2017 Jun 14. PMID: 28498604.

Ashley PF, Parekh S, Moles DR, Anand P, MacDonald LC. Preoperative analgesics for additional pain relief in children and adolescents having dental treatment. Cochrane Database Syst Rev. 2016 Aug 8;2016(8):CD008392. doi: 10.1002/14651858.CD008392.pub3. PMID: 27501304; PMCID: PMC8568367.

Zhou HZ, Hu KJ. [Pain and prevention in extraction of the mandibular third molar]. Hua Xi Kou Qiang Yi Xue Za Zhi. 2010 Apr;28(2):153-7. Chinese. PMID: 20480657.


Quelle: Schmerzmittel und Zahnbehandlungen. MEDMIX 1/2005.

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