Freitag, April 19, 2024

Schlechte Immunabwehr durch Panikreaktion der B-Zellen

Unter Einfluss entzündlicher Botenstoffe, den Interferonen, produzieren die B-Zellen so viele Antikörper wie möglich – leider auf Kosten der Nachhaltigkeit.

Wissenschaftler der Universität Basel haben einen grundlegenden Mechanismus zu B-Zellen entdeckt, der die schlechte Abwehrreaktion des Körpers auf chronische Virusinfektionen erklären kann. Die Resultate eröffnen neue Möglichkeiten in der Entwicklung von Impfstoffen. Sie wurden in der Zeitschrift Science Immunology veröffentlicht.

 

B-Zellen stellen bei Infektion zu spät und zu wenige Antikörper her

Bei einer Infektion oder nach einer Impfung stellen spezialisierte Zellen unseres Immunsystems – sogenannte B-Zellen – Antikörper her, die gezielt an Viren binden und sie dadurch unschädlich machen. Bei chronischen Virusinfektionen wie HIV oder Hepatitis C stellen die B-Zellen allerdings zu spät und zu wenige Antikörper her.

Wie eine Forschergruppe um Prof. Daniel Pinschewer vom Departement Biomedizin der Universität Basel nun berichtet, liegt eine wichtige Ursache der schlechten Abwehr bei chronischen Infektionen in der starken Entzündung, die von den Viren ausgelöst wird. Diese Entzündung ist in der Anfangsphase einer Infektion besonders ausgeprägt, kann aber gerade bei HIV über Jahrzehnte andauern.

 

Übereilte Immunabwehr wirkt nur kurzfristig

Unter Einfluss entzündlicher Botenstoffe, sogenannter Interferone, produzieren die B-Zellen so viele Antikörper wie irgend möglich. Leider geht diese Reaktion auf Kosten der Nachhaltigkeit: B-Zellen, die sich zu hastig zur Antikörper-Herstellung entschlossen haben, verlieren dabei die Eigenschaft, sich zu vermehren und sterben nach kurzer Zeit ab. Die Abwehrreaktion wirkt also nur kurzfristig und kommt nach einem übereilten Start bald zum Erliegen.

Die Forschenden gehen davon aus, dass die Panikreaktion der B-Zellen auf einem Mechanismus beruht, der für die Bekämpfung von akut lebensbedrohlichen Infektionen gedacht ist und eine möglichst rasche Abwehr garantiert. Bei chronischen Infektionserregern wird der Abwehrkampf aber nicht innert Tagen sondern vielmehr über Monate oder Jahre entschieden. Unter solchen Umständen ist die heftige Reaktion unseres Körpers völlig unpassend und begünstigt sogar die Viren.

Die Forscher hoffen, dass diese neuen Erkenntnisse zu den grundlegenden Mechanismen des Immunsystems als Grundlage dienen können, um Impfungen gegen chronische Virusinfektionen zu verbessern.

Originalartikel

Fallet et al. Interferon-driven deletion of antiviral B cells at the onset of chronic infection
Sci. Immunol. 1, eaah6817 (2016) | doi: 10.1126/sciimmunol.aah6817

Related Articles

Aktuell

Zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom kultivieren

Wichtig zur Klärung der Metastasierung: Forscher gelang es, zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom zu kultivieren. Die Forschung zum kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC), einer besonders aggressiven Form...
- Advertisement -

Latest Articles

Individuelle Beratung zur Ernährung für Krebspatienten

Beratung zur Ernährung für Krebspatienten: Verbesserung der Lebensqualität durch individuelle ernährungsmedizinische Unterstützung. Eine rechtzeitige und individuell angepasste Beratung zur Ernährung kann wesentlich zur Verbesserung der...

Warum HIV trotz Kombinationstherapie höchst aktiv sind

Neue Herausforderungen in der HIV-Behandlung sind, dass aktive HI-Viren trotz Kombinationstherapie weiterhin aktiv bleiben. Die HIV-Kombinationstherapie, eingeführt in den 1990er Jahren, gilt als Meilenstein in...

Partnerschaft mit Diabetes-Patienten: auch die Partner profitieren von Einbeziehung

Den Partner in die Diabetes-Behandlung zu integrieren, verbessert die Partnerschaft und das gemeinsame Wohlbefinden. Diabetes Typ-2 stellt nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für...