Freitag, April 19, 2024

Telemedizin hat bei Schlaganfall mittlerweile eine zentrale Bedeutung

Jeder zehnte Schlaganfall-Patient wird per Telemedizin versorgt, dazu fordern DSG-Experten eine einheitliche Finanzierung.

Im Grunde genommen zählt bei einem Schlaganfall jede Minute bis zum Beginn der Behandlung. Dabei kommt der Telemedizin mittlerweile bei der Betreuung von Patienten mit Schlaganfall eine zentrale Bedeutung zu. Über hundertmal pro Tag unterstützt ein Neurologe aus einem spezialisierten Schlaganfallzentrum über eine Videoverbindung einen Kollegen aus einer Partnerklinik. Und zwar bei der Diagnose sowie auch bei der Behandlung eines Erkrankten. Die Teleneurologie beziehungsweise Telemedizin kommt mittlerweile jedem zehnten Patienten mit Schlaganfall zugute, wie Experten der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG) berichten. 

In diesem Sinne kamen Mediziner so pro Jahr auf über 35 000 Telekonsile. Die Corona-Pandemie hat der teleneurologischen Versorgung noch einen weiteren Aufschwung gegeben. Das Konzept ist so erfolgreich, weil gerade bei einem Schlaganfall jede Minute Zeitersparnis Leben retten kann. Und damit auch infolgedessen Behinderungen verhindern sowie reduzieren. Hierzu gibt es jedenfalls verschiedene Ansätze der Teleneurologie mit einer notwendigen Finanzierung.

 

Spezialisierter Neurologe gefragt

Wenn ein Mensch einen Schlaganfall erleidet, entscheidet die Zeit bis zur Diagnose und Behandlung über sein weiteres Schicksal. Das Blutgerinnsel, das sich im Gehirn gebildet hat, muss so schnell wie möglich wieder aufgelöst oder entfernt werden. Je früher ein Arzt feststellt, dass ein Schlaganfall vorliegt, desto eher kann mit der Behandlung begonnen werden.

„Da nicht bei jedem Notruf ein spezialisierter Neurologe als erster Arzt vor Ort ist, kann es lebensrettend sein, wenn diese Experten über Video zugeschaltet werden und den behandelnden Arzt bei der Diagnose und bei seinen Entscheidungen über die nötigen therapeutischen Schritte beraten können“, erklärt Professor Dr. med. Christoph Gumbinger, Sprecher der Kommission für Telemedizin zur Schlaganfall-Versorgung der DSG. Durch die Telemedizin können Neurologen an spezialisierten Zentren (Stroke-Units) Kollegen im Rettungsdienst oder an kleineren Kliniken über moderne Telekommunikationsmittel unterstützen (Telekonsil). In Deutschland sind über 20 telemedizinische Netzwerke mit mehr als 200 neurologischen Kliniken miteinander verbunden.

 

Bessere Chance ohne Behinderung einen Schlaganfall zu überleben

Vor allem auf dem Land mit einer geringeren Facharzt- und Krankenhausdichte, aber auch in großen Städten machen Neurologen positive Erfahrungen mit der Teleneurologie und deren Einsatz in Rettungswägen – so zum Beispiel in Berlin mit den Stroke-Einsatz-Mobilen (STEMOs). Diese Rettungswägen sind in der Hauptstadt bereits seit zehn Jahren im Einsatz.

„Mit Hilfe dieser speziell für Schlaganfallpatienten ausgerüsteten Fahrzeuge kann die Behandlung schon am Einsatzort beginnen“, so der Neurologe Gumbinger vom Universitätsklinikum Heidelberg. „Wie Wissenschaftler der Berliner Charité nachweisen konnten, haben Patienten, die auf diese Weise behandelt wurden, eine viel bessere Chance ohne Behinderung einen Schlaganfall zu überleben.“

 

Nicht nur in der Akutversorgung von Patienten mit Schlaganfall bietet die Telemedizin Vorteile

Zunächst spielte die teleneurologische Schlaganfallversorgung vor allem bei der Akutversorgung von Patienten mit Schlaganfall eine zentrale Rolle. Jedoch zeigen sich inzwischen weitere Vorteile. „Vom Transport ins erstbehandelnde Krankenhaus über die Verlegung zur endgültigen Behandlung in eine spezialisierte Klinik bis hin zur Rehabilitation kann Telemedizin die Chancen für Patienten mit Schlaganfall auf eine gesunde und behinderungsfreie Zukunft verbessern“, so erläutert der DSG-Experte Gumbinger die Vorteile der teleneurologischen Schlaganfallbehandlung. Denn auch in der Phase der frühen Krankenhausbehandlung geht der Nutzen der Telemedizin über die Erstberatung hinaus.

Die Partnerklinik startet häufig eine Lysetherapie und verlegt den Patienten zur weiteren Therapie in ein Schlaganfall-Zentrum, meistens in eine überregionale Stroke Unit. Noch während der Krankenwagen mit dem Patienten unterwegs ist, planen Experten in der Stroke Unit bereits die Entfernung des Blutgerinnsels. Bei Ankunft des Patienten hat man bereits die CT- oder MRT-Bilder bereits elektronisch an den Teleneurologen übermittelt. Daher kennt der Spezialist vor Ort denn den klinischen Zustand des Patienten schon sehr genau. Schließlich kann man in der Stroke-Unit dann sofort mit dem Eingriff beginnen.

 

Corona-Pandemie und Telemedizin

Durch die Corona-Pandemie hat die Telemedizin – und damit auch die teleneurologische Versorgung – einen weiteren Schub bekommen. Die DSG begrüßt das ausdrücklich, fordert jedoch neue Finanzierungskonzepte.

Obwohl die Telemedizin die Versorgung von Patienten mit Schlaganfall deutlich verbessern kann, ist ihre Finanzierung in Deutschland nicht einheitlich geregelt und einige Netzwerke sind finanziell nicht ausreichend versorgt. „Die DSG fordert die Politik auf hier nachzubessern“, so Gumbinger abschließend.


Quelle: Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft (DSG)

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