Freitag, März 29, 2024

Bei Schlafstörungen Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung aufheben

Schlafmediziner fordern bei Schlafstörungen die Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Bei gleicher Vergütung für gleiche medizinische Leistungen.

Untersuchungen der Krankenkassen Barmer/GEK und DAK zeigen übereinstimmend, dass etwa ein Drittel der Bevölkerung unter chronischen Problemen des Ein- und Durchschlafens leidet, etwa 10 Prozent unter dem Krankheitsbild der Insomnie (1, 2). Häufig sind es Umweltfaktoren wie Stress, Lärm, Licht oder schlafstörende Gewohnheiten, die die nächtliche Ruhe beeinträchtigen. Es gibt aber auch eine Reihe von Erkrankungen, die zu Schlafstörungen führen. Verbreitet sind das Restless-Legs-Syndrom, bei dem periodische Beinbewegungen den Schlaf unterbrechen und Atmungsstörungen wie die obstruktive Schlafapnoe, die zu nächtlichen Atemaussetzern führt.

 

Schlafstörungen beeinträchtigen Gedächtnisleistung und Konzentration. Sie begünstigen weiters diverse Folgeerkrankungen.

Wer an Schlafstörungen leidet, fühlt sich tagsüber meist schläfrig, ist weniger konzentriert und nicht mehr voll leistungsfähig. Auch die Gedächtnisleistung lässt nach. Es besteht die Gefahr des Sekundenschlafs, was vor allem im Straßenverkehr gefährlich werden kann. Chronischer Schlafmangel kann außerdem zu Folgeerkrankungen, etwa des Herz-Kreislauf-Systems, führen. Durch die große Zahl der Betroffenen, Arbeitsausfallzeiten, Krankheitskosten und die Schwere der Folgeerkrankungen stellen Schlafstörungen nicht nur ein gesundheitliches, sondern auch ein gesellschaftliches Problem dar.

 

Untersuchung im Schlaflabor

Um die Ursache von Schlafstörungen genau feststellen zu können, kann es sinnvoll sein, den Patienten für einige Nächte in einem Schlaflabor zu beobachten. Dort können die Ärzte verschiedene Organaktivitäten, wie etwa Hirnströme, Atmung, Augen- und Beinbewegungen oder die Herzaktivität messen, während der Patient schläft. Durch die Untersuchung im Schlaflabor erhalten Ärzte wichtige Einblicke in das Schlafverhalten des Patienten. Dennoch müssen in Deutschland immer mehr Schlaflabore schließen, weil die Krankenkassen immer weniger für stationäre Behandlungen im Krankenhaus zahlen.

In Deutschland können Untersuchungen im Schlaflabor sowohl ambulant, von Fachärzten, als auch stationär von Krankenhäusern durchgeführt werden. Für ambulante und stationäre Behandlungen gibt es in Deutschland zwei verschiedene Vergütungssystem. Dabei ordnen die Krankenkassen schlafmedizinische Untersuchungen als ambulante Leistung ein, die Krankenhäuser – streng genommen – gar nicht erbringen dürfen. Dies führt dazu, dass die Kostenträger eine stationäre Untersuchung im Schlaflabor nicht oder nicht angemessen vergüten. Der Art der Betreuung – nämlich die Überwachung durch Personal, die kontinuierliche Erfassung von Messsignalen und die eingesetzten Geräte – ist aber für niedergelassene Kassenärzte und Krankenhäuser derselbe.

 

Schlafmediziner plädieren dafür, die Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung aufzuheben. Mit dem Ziel, schlafmedizinsche Zentren einzurichten.

Unterschiede können sich durch die Komplexität schlafmedizinischer Diagnosen und Angebote am Tag ergeben. Die Unterdrückung eines Systems ist weder inhaltlich noch ökonomisch gerechtfertigt. Der erhebliche Kostendruck und die Verlagerung vom Krankenhaus in den kassenärztlichen Bereich führen zudem zu einer deutlichen Reduktion der Weiterbildungsstellen. Jährlich werden nur noch wenige Schlafmediziner ausgebildet, sodass die zukünftige Versorgung von Patienten mit Schlaferkrankungen nicht gesichert werden kann. Bereits heute sind Wartezeiten von mehreren Monaten bis über ein Jahr für Patienten nicht die Ausnahme, sondern die Regel.

Aus diesen Gründen plädieren Schlafmediziner dafür, dass die Trennung zwischen ambulanter und stationärer Versorgung aufgehoben wird. Das bedeutet unter anderem, dass gleiche medizinische Leistungen gleich vergütet werden sollen. Ziel ist die Einrichtung schlafmedizinischer Zentren (in Praxis oder Krankenhaus), die sektorenübergreifend – also unabhängig von der Einteilung ambulant/stationär arbeiten.

Diese Zentren sollen das gesamte Spektrum der Untersuchungsmöglichkeiten leitliniengerecht anwenden können. Ein sektorenübergreifendes Modell würde nicht nur die Schlafmedizin finanziell entlasten: Es würde auch zu einer besseren Versorgung führen, weil die Patienten frühzeitig eine sichere Diagnose erhalten und dementsprechend gezielt therapiert werden können. So lassen sich Folgeerkrankungen und damit auch erhebliche Krankheitskosten vermeiden.

Quellen:

(1) Barmer Gesundheitsreport 2017.

(2) DAK-Gesundheitsreport 2017 für Nordrhein-Westfalen.


Schlafstörungen: Ein Versuchsmodell für die sektorübergreifende Versorgung? Professor Dr. med. Winfried J. Randerath, Generalsekretär der DGP. Chefarzt am Krankenhaus Bethanien sowie Direktor des Wissenschaftlichen Instituts Bethanien, Solingen. 60. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin (DGP), März 2019, Berlin

Related Articles

Aktuell

Renale Denervation

Die renale Denervation hat sich als ein bahnbrechender Ansatz in der Behandlung von therapieresistentem Bluthochdruck etabliert. Die renale Denervation stellt einen innovativen Ansatz in der...
- Advertisement -

Latest Articles

Beruflicher Sonnenschutz: Wie man sich richtig vor der Sonne?

Wichtige Maßnahmen und Erkenntnisse, wie beruflicher Sonnenschutz bei der Arbeit im Freien einfach und kostengünstig sein kann. Viele freuen sich auf den Sommer, vernachlässigen aber...

Digital Detox: Der Weg zu einer besseren Männergesundheit

Die Entscheidung für einen Digital Detox ist ein Schritt hin zu bewussterem Leben und Arbeiten. In unserer heutigen, digital dominierten Welt ist es kaum noch...

Gartenmelde und seine Heilwirkung

Die Gartenmelde kommt in der Volksmedizin mit seiner diuretischen (harntreibenden) Heilwirkung als Brechmittel und als Abführmittel zum Einsatz. Gartenmelde ist ein vielseitiges Kraut in Küche...