Freitag, April 19, 2024

Bessere Schlafhygiene gegen Übergewicht und Metabolisches Syndrom

Eine bessere Schlafhygiene verringert das Risiko für Übergewicht und ein Metabolisches Syndrom, oft kann man Letzteres so überhaupt vermeiden.

Das Risiko für Übergewicht und ein Metabolisches Syndrom wird durch lange Abende am Computer oder vor dem Fernseher sowie auch Nachtschichten im Betrieb erhöht. Im Grunde genommen spricht man von einem metabolischen Syndrom beim gleichzeitigen Auftreten verschiedener Symptome. Das deutlichste Merkmal ist eine bauchbetonte Fettsucht, eine abdominelle Adipositas. Neben dem meist starkem Übergewicht treten häufig auch Insulinresistenz, Fettstoffwechselstörungen und Bluthochdruck auf. Ein Metabolisches Syndrom ist im Grunde genommen eine weit verbreitete hormonelle Störung. Und man könnte diese nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE) durch eine bessere Schlafhygiene durchaus vermeiden.

 

Schlafhygiene für hormonelles Gleichgewicht – gegen Übergewicht und Metabolisches Syndrom

Ein Metabolisches Syndrom ist für Ärzte leicht zu erkennen. Die Betroffenen sind stark übergewichtig, mit einer bevorzugten Fetteinlagerung am Bauch. Sie haben einen erhöhten Blutdruck, und im Blut steigen die Zucker- und Fettwerte. Als wesentliche Ursachen des Metabolischen Syndroms gelten Bewegungsmangel und Überernährung.

Weniger bekannt ist, dass auch Schlafmangel das hormonelle Gleichgewicht stören kann. Die Beweislage dafür ist laut Professor Dr. med. Sebastian M. Schmid von der Medizinischen Universitätsklinik I in Lübeck eindeutig.

In epidemiologischen Studien ist unter dem Strich jede Stunde weniger Schlaf pro Tag mit einer Zunahme von Übergewicht, Typ-2-Diabetes, erhöhten Cholesterinwerten und Bluthochdruck verbunden. Auch der Zusammenhang zwischen einer verkürzten nächtlichen Schlafdauer und einem erhöhten Sterberisiko gilt als belegt. Chronischer Schlafmangel kann im Grunde genommen zu einem früheren Tod führen.

 

Ursachen im Schlaflabor auf den Grund gegangen

Schlafentzug aber auch eine Störung des normalen Tag-Nacht-Wechsels führen dort schon in wenigen Tagen zu einer hormonellen Störung, die als Insulinresistenz bezeichnet wird. Die Patienten haben erhöhte Blutzuckerwerte, obwohl sie vermehrt Insulin produzieren. Außerdem verschiebt sich das Gleichgewicht von Hunger regulierenden Hormonen; Folge ist ein vermehrter Appetit. Es kommt im limbischen System des Gehirns zudem zu einer Aktivitätsänderung der Belohnungszentren.

Menschen mit Schlafmangel greifen dann gerne zu energiedichten Lebensmitteln wie Chips oder Schokoladenriegeln. Auf Karotten oder andere gesunde Nahrungsmittel haben sie dagegen keine Lust. Nicht ausgeschlafene Menschen essen gerne und sie essen viel. Verschiedene Studien zeigen, dass Schlafmangel Hunger, Appetit und letztlich auch die Nahrungsaufnahme steigern kann.

Aber auch zu viel Schlaf wurde in mehreren Studien mit ungünstigen Folgen wie Übergewicht und einem höheren Risiko für Diabetes in Zusammenhang gebracht. Das Risiko scheint besonders dann erhöht zu sein, wenn ein zu viel an Schlaf – das heißt mehr als neun Stunden am Tag – mit wenig Bewegung verbunden ist.

 

Auf Balance von Aktivität und Ruhephasen achten

Aus diesen Erkenntnissen ergeben sich auch neue Strategien zur Vorbeugung und Behandlung des Metabolischen Syndroms mit Lebensstilmaßnahmen. So scheint es nicht nur darauf anzukommen, nicht zu wenig zu schlafen, um eine damit möglicherweise verbundene übermäßige Kalorienaufnahme zu vermeiden. Man sollte auch auf eine optimale Balance von Aktivität und Ruhephasen mit ausreichender Bewegung und Vermeidung von übermäßigem Stress achten. Das führt dann schließlich meist auch zu einer optimalen Schlafdauer von sieben bis acht Stunden führt.

Da es sich bei vielen dieser Untersuchungen um epidemiologische Studien handelt und die vorliegenden Interventionsstudien nur über einen kurzen Zeitraum von wenigen Tagen durchgeführt wurden, erscheint ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Schlafdauer und dem Risiko für Übergewicht, für ein Metabolisches Syndrom und Diabetes hochwahrscheinlich. Dennoch sollte im Rahmen zukünftiger Studien gezielt untersucht werden, ob eine verbesserte Schlafhygiene ein Metabolisches Syndrom verhindern kann.

Menschen, die infolge eines Übergewichts unter Schlafstörungen und Schlafapnoe leiden, können beispielsweise durch eine Schlafmaske (CPAP-Beatmung) ihren Schlaf verbessern und den Stoffwechsel normalisieren. Auch am Arbeitsplatz wären Veränderungen sinnvoll. Dazu benötigt man wiederum optimierte Arbeitszeitmodelle, die die Beschäftigten weniger belasten.

Alles in allem könnten maßgeschneiderte Beleuchtungs-, Bewegungs- und Ernährungsprogramme auch jenen Beschäftigten helfen, die aufgrund von Schichtarbeit ein erhöhtes Risiko für Übergewicht, für ein Metabolisches Syndrom und Diabetes haben.


Literatur:

Schmid SM., Hallschmid M., Schultes B.: The metabolic burden of sleep loss. Lancet Diabetes Endocrinol 2014. Published Online. March 25, 2014. http://dx.doi.org/10.1016/ S2213-8587(14)70012-9

Hallschmid M., Oster H., Schultes B., Schmid SM.: Kurzer, gestörter und unregelmäßiger Schlaf: Die schädlichen Auswirkungen auf den menschlichen Stoffwechsel. Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 1278–1283.

Related Articles

Aktuell

Zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom kultivieren

Wichtig zur Klärung der Metastasierung: Forscher gelang es, zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom zu kultivieren. Die Forschung zum kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC), einer besonders aggressiven Form...
- Advertisement -

Latest Articles

Individuelle Beratung zur Ernährung für Krebspatienten

Beratung zur Ernährung für Krebspatienten: Verbesserung der Lebensqualität durch individuelle ernährungsmedizinische Unterstützung. Eine rechtzeitige und individuell angepasste Beratung zur Ernährung kann wesentlich zur Verbesserung der...

Warum HIV trotz Kombinationstherapie höchst aktiv sind

Neue Herausforderungen in der HIV-Behandlung sind, dass aktive HI-Viren trotz Kombinationstherapie weiterhin aktiv bleiben. Die HIV-Kombinationstherapie, eingeführt in den 1990er Jahren, gilt als Meilenstein in...

Partnerschaft mit Diabetes-Patienten: auch die Partner profitieren von Einbeziehung

Den Partner in die Diabetes-Behandlung zu integrieren, verbessert die Partnerschaft und das gemeinsame Wohlbefinden. Diabetes Typ-2 stellt nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für...