Donnerstag, April 25, 2024

Rückenschmerzen: Patienten überschätzen Bildaufnahmen

Von jährlich mehr als 38 Millionen Rückenschmerz-bedingten Arztbesuchen und den dabei veranlassten sechs Millionen Bildaufnahmen wären viele vermeidbar.

Wenn der Rücken schmerzt, reagieren Patienten und Ärzte häufig übertrieben. Wie der neue Faktencheck Rücken der Bertelsmann Stiftung zeigt, sind Betroffene unsicher und erwarten zu schnell eine ärztliche Einschätzung auf Basis von Bildaufnahmen. Behandelnde Ärzte rücken die überzogenen Hoffnungen ihrer Patienten oft nicht zurecht.

Jeder fünfte gesetzlich Versicherte geht mindestens einmal im Jahr wegen Rückenschmerzen zum Arzt – 27 Prozent davon suchen sogar vier Mal oder öfter einen Arzt auf. Von den jährlich mehr als 38 Millionen rückenschmerzbedingten Besuchen bei Haus- oder Fachärzten und den dabei veranlassten sechs Millionen Bildaufnahmen wären viele vermeidbar. Zu diesem Schluss kommt die Studie Faktencheck Rücken der Bertelsmann Stiftung.

 

Falsche Erwartungen: Patienten wollen den Grund für Rückenschmerzen sehen

Wenn es um Rückenschmerzen geht, ist jeder Zweite (52 Prozent) überzeugt davon, dass man immer einen Arzt aufsuchen muss. 60 Prozent der Bevölkerung erwarten außerdem schnellstens eine bildgebende Untersuchung. Und mehr als zwei von drei Personen (69 Prozent) sind der Meinung, dass der Arzt durch Röntgen-, Computertomografie- (CT) und Magnetresonanztomografie-Aufnahmen (MRT) die genaue Ursache des Schmerzes findet. Ein Trugschluss: Ärzte können gerade einmal bei höchstens 15 Prozent der Betroffenen eine spezifische Ursache für den Schmerz feststellen. Die meisten Bilder verbessern oft also weder Diagnose noch Behandlung von Rückenschmerzen.

 

Falsche Reaktion: Ärzte weichen oft von wissenschaftlichen Empfehlungen ab

Die falschen Erwartungen der Patienten rücken Ärzte häufig nicht zurecht. Dadurch kommt es neben übermäßig vielen Arztbesuchen auch zu unnötig vielen Bildaufnahmen. Das führt dann oft zu weiteren unnötigen Untersuchungen und Behandlungen, zur Verunsicherung des Patienten. Dadurch kann es sogar zu einer Chronifizierung der Beschwerden kommen.

Die bildgebende Diagnostik erfolgt vor allem auch oft vorschnell. Bei etwa jedem fünften Patienten wird beispielsweise eine Aufnahme vom Rücken bereits im Quartal der Erstdiagnose angeordnet. Bei jedem zweiten Betroffenen wird ein Bild veranlasst, ohne vorher einen konservativen Therapieversuch, zum Beispiel mit Schmerzmitteln oder Physiotherapie, unternommen zu haben.

 

Fazit

Im Grunde genommengelten 85 Prozent der akuten Rückenschmerzen als medizinisch unkompliziert und nicht spezifisch. Ärztliche Leitlinien empfehlen bei Rückenschmerzen ohne Hinweise auf gefährliche Verläufe (beispielsweise Wirbelbrüche oder Entzündungen), körperliche Aktivitäten so weit wie möglich beizubehalten, Bettruhe zu vermeiden und keine bildgebende Diagnostik durchzuführen. Ärzte weichen von diesen wissenschaftlichen Empfehlungen jedoch häufig ab. So wird 43 Prozent der Betroffenen Ruhe und Schonung empfohlen. Zudem verstärken Ärzte oft das Krankheitsgefühl der Betroffenen, anstatt sie zu beruhigen. 47 Prozent der Betroffenen wird vermittelt, dass der Rücken „kaputt“ oder „verschlissen“ sei.


Quelle: Institut für angewandte Gesundheitsforschung (InGef)

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