Freitag, April 19, 2024

RSV-Impfstoff soll vor RSV-Infektion und Erkrankungen der Atemwege schützen

Erkrankungen der Atemwege durch eine RSV-Infektion treten weltweit bei Millionen Kleinkindern auf. Davor soll ein neuer RSV-Impfstoff zukünftig besser schützen.

Eine RSV-Infektion mit dem Respiratory Syncytial Virus (RSV) zählt weltweit zu den Hauptursachen schwerer Erkrankungen der Atemwege bei Baby und Kleinkind. Im Gegensatz zu früheren erfolglosen Impfstoffkandidaten hat nun ein innovativer RSV-Impfstoff in einer Phase 1 klinischen Studie vielversprechende Ergebnisse erzielt und die Bildung jener neutralisierenden Antikörper induziert, die vor einer RSV-Infektion schützen können (Science 2019;365:505-509).



Nach Schätzungen der WHO bekommen weltweit mehr als 30 Millionen Kleinkinder im ersten Lebensjahr Erkrankungen der Atemwege durch eine RSV-Infektion. Der größte Anteil schwerer Erkrankungen und Todesfälle durch eine RSV-Infektion entfällt auf Säuglinge. Und zwar, wenn sie bei der Erstinfektion jünger als 6 Monate sind.

 

Vor allem Kleinkinder, Senioren über 65 Jahre und immunsupprimierte Patienten erkranken wegen einer RSV-Infektion

Weltweit, so die Schätzungen, ist die RSV-Infektion jährlich für 86.000 (69.000 bis 109.000) Todesfälle bei Kleinkindern, vor allem in Ländern mit mittlerem oder niedrigem Einkommen verantwortlich (WHO Meeting, PAHO, Washington DC, USA, 18–20 Dec 2017).

Auch bei Senioren (≥ 65 Jahre) und immunsupprimierten Patienten kann das Virus schwere Erkrankungen, insbesondere Pneumonien hervorrufen. Trotz seiner großen Bedeutung gibt es bis heute keine aktive Impfung gegen RSV. Ein Formalin-inaktivierter RSV-Impfstoff hatte in den 60er Jahren nicht nur nicht geschützt, sondern zu schwereren Erkrankungen nach RSV-Infektion bei Geimpften geführt.

Auch eine ganze Reihe weiterer RSV-Impfstoff-Kandidaten war nicht erfolgreich. Lange Zeit konnte man sich nicht erklären, warum in den Geimpften zwar hohe Antikörperspiegel gegen das Virusoberflächenprotein (das sogenannte Fusionsprotein) gebildet wurden, die Geimpften jedoch nicht vor Erkrankung geschützt waren.

 

Neuer innovativer RSV-Impfstoff

Seit einigen Jahren verfolgen Forscher des NIAID Vaccine Research Centers eine neue Strategie, die als strukturbasiertes Impfstoffdesign bezeichnet wird. Es war bereits bekannt, dass das virale Fusionsprotein neutralisierende Antikörper induzieren kann und sich daher im Prinzip gut als Impfstoffkandidat eignen würde. Allerdings verändert das Protein während der Infektion seine Struktur und wandelt sich von der Prefusions-Form in die Postfusions-Form um (‚Pre-F‘ bzw. ‚Post-F‘) (VEI 06/18).

Das Virus neutralisieren und damit die Infektion hemmen können nur Antikörper gegen die „Pre-F“ (Prefusions-) Form. Diese ist jedoch instabil, sodass bei der bisherigen Herstellung des Impfantigens als rekombinantes Protein überwiegend die „Post-F“ (Postfusions-) Form entstand und als Impfstoff verabreicht wurde.

Ein konventionell hergestellter RSV-Impfstoff führt daher nicht zur Bildung schützender, neutralisierender Antikörper. Durch die Kenntnis der drei-dimensionalen Struktur des RSV FProteins und darauf basierenden gezielten Veränderungen ist es den Forschern schließlich gelungen, stabile Pre-F Proteine herzustellen, die in tierexperimentellen Studien neutralisierende Antikörper und eine hohe Schutzwirkung erzielten (Science, 2013; 592: 592-598).



 

Gute Verträglichkeit

In der ersten klinischen Studie (Phase 1) hat sich nun gezeigt, dass dieser RSV-Impfstoff (DS-Cav1) von den Testpersonen (insgesamt 40 Erwachsene) gut vertragen wurde. Und auch, dass keiner der Geimpften schwerwiegende Nebenwirkungen entwickelte (Science, 2019;365:505-509).

In den Geimpften war eine zehnfache Zunahme der virus-neutralisierenden Antikörper messbar im Vergleich zu den Antikörperspiegeln, die die Probanden bereits vor der Impfung im Zuge einer vorangegangenen natürlichen RSV-Infektion gebildet hatten. Wie zu erwarten war, ist ein Großteil dieser Antikörper und der für die Langzeitimmunität so wichtigen B-Gedächtnis Zellen gegen Epitope gerichtet, die nur in der Pre-F Form zugänglich sind.

Für die weitere RSV-Impfstoff-Entwicklung wird entscheidend sein, ob die Immunantwort auf DS-Cav1 oder ähnliche Pre-F Impfstoff-Kandidaten vor RSV bedingten schweren Erkrankungen und Todesfällen schützt, und ob diese gegen alle zirkulierenden Virusvarianten wirksam ist.

Bisher kennt man jedenfalls zwei unterschiedliche RSV-Genotypen (A und B), die in weitere Subtypen unterteilt werden und weltweit zirkulieren.

 

RSV-Saison in Österreich

In Österreich ist mit Erkrankungen der Atemwege durch eine RSV-Infektion vor allem von Dezember bis April zu rechnen (RSV-Saison). In den übrigen Monaten können sporadische Infektionen vorkommen.

Am Zentrum für Virologie erheben die Forscher die Daten zum genauen Beginn, Verlauf und dem Ende der RSV-Saison über ein flächendeckendes Überwachungssystem. Das ist das ÖRSN, das Österreichische RSV-Netzwerk.

In dem Beobachtungszeitraum seit 2012/13 folgte die RSV-Aktivität in Österreich einem zweijährlichen Rhythmus. Demnach folgt einer relativ schwachen Saison mit weniger als 1.000 RSV-Nachweisen eine starke RSV-Saison. Und zwar mit mehr als doppelt bis dreimal so vielen RSV-Fällen.

Über die aktuelle RSV-Aktivität informiert das Zentrum für Virologie der Medizinischen Universität Wien jetzt wieder wöchentlich (von November bis April) unter https://www.virologie.meduniwien.ac.at/wissenschaft-forschung/virusepidemiologie/ rsv-netzwerk-oersn




logo-virusepidemiologische-informationenQuelle:

VIRUSEPIDEMIOLOGISCHE INFORMATION” NR. 23/19-7. Prof. Dr. Judith Aberle. Department für Virologie der Med. Universität Wien.

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