Montag, März 18, 2024

Risikoschwangerschaft bei Diabetes Typ 1 und diabetische Nephropathie

Eine Risikoschwangerschaft bei Patientinnen mit Diabetes Typ 1 und diabetischer Nephropathie erfordert eine engmaschige Überwachung.

Patienten mit Typ-I-Diabetes entwickeln in durchschnittlich 30% der Fälle eine diabetische Nephropathie, nach einer Diabetesdauer von 12–18 Jahren. Im Bevölkerungsquerschnitt fand Connel 1985 bei 3% der Frauen mit Diabetes Typ 1 eine Nephropathie, Berichte über Risikoschwangerschaft bei Frauen mit Diabetes Typ 2 und diabetischer Nephropathie sind in der Literatur selten. Denn Typ-II-­Diabetikerinnen für eine Schwangerschaft oft schon zu alt sind.



 

Schwangerschaft und Nieren

Während der Schwangerschaft kommt es in den Nieren zu ausgeprägten physiologischen Veränderungen mit Absinken des Serum-Kreatinins und der Harnsäure sowie zur Zunahme der sogenannten GFR – Glomerular Filtration Rate. Nach eigenen Untersuchungen steigt im 1. Trimenon die Kreatinin-Clearance um 20 bis 30% an, und bleibt bis zum 3. Trimenon erhöht. Kurz vor der Entbindung fällt sie wieder etwas ab. Bei Diabetikerinnen mit normaler Nierenfunktion verhält sich die GFR gleich wie bei nicht diabetischen schwangeren Frauen.

Weiter steigt bei Diabetikerinnen mit Mikroalbuminurie während der Schwangerschaft die Albuminausscheidung an. Zudem tritt gelegentlich eine passagere Makroproteinurie auf. Außerdem steigt bei Diabetikerinnen mit einer Makro­proteinurie die renale Eiweißausscheidung während der Gravidität meist um das 2–4-fache an. Nach der Entbindung kehren dann die Proteinmengen im Harn wieder auf ihren Ausgangswert vor Schwangerschaftsbeginn zurück.

Im Grunde genommen verhalten sich die Nierenwerte bei Diabetikerinnen mit einer eingeschränkten Nierenfunktion während der Schwangerschaft jedenfalls unterschiedlich.



 

Wann vor einer Risikoschwangerschaft bei Diabetes Typ 1 und diabetischer Nephropathie abzusehen ist

Die GFR kann wie bei nierengesunden Schwangeren ansteigen, sie kann aber auch gleich bleiben oder sogar abnehmen, das ist vor allem bei fortgeschrittener Nierenfunktionsstörung (Serum-Kreatinin > 1,5 mg/dl) und bei schwerer Hypertonie zu erwarten.

In mehreren Studien an schwangeren Typ-I-Diabetikerinnen mit reduzierter GFR (< 70 ml/min) zeigte sich bei einer präexistenten Kreatinin-Clearance von < 60 ml/min eine deutlich erhöhte Gefahr einer rascheren Verschlechterung der Nierenfunktion.

In manchen Fällen persistiert diese progrediente Nierenfunktionsabnahme auch postpartum, sodass in seltenen Fällen durch die Schwangerschaft auch eine frühere Dialysepflichtigkeit verursacht wird. In all diesen Fällen ist darüber hinaus eine retardierte Entwick­lung des Föten typisch. Daher sollte bei Diabetikerinnen mit bereits bestehender Nierenfunktionsstörung im Rahmen einer diabetischen Nephropathie von einer Schwangerschaft abgeraten werden.

Die Schwangerschaft ist ansonsten für eine Diabetikerin mit einer diabetischen Nephropathie bei noch weitgehend normaler Nierenfunktion kein Nachteil. In Studien konnte gezeigt werden, dass der Abfall der Kreatinin-Clearence bei Typ-I-Diabetikerinnen mit und ohne Schwangerschaft mit 3,4 ml/min vergleichbar ist.

Wenn auch das fetale und neonatale Outcome bei der diabetischen Nephropathie gut ist, ist eine Risikoschwangerschaft bei diesen Frauen mit Diabetes Typ 1 erhöht. In mehreren Studien war das Präeklampsie-Risiko schon bei Frauen mit alleiniger Mikroalbuminurie (im Mittel 60%) signifikant höher als bei Normoalbuminurie (sehr unterschiedliche Daten in der Literatur). Durch frühzeitige exakte Blutdruckeinstellung kann das Risiko halbiert werden.



 

Ähnliches gilt für die Häufigkeit von Frühgeburten (Entbindung vor der 24. S-Woche) und die Rate an SGA-Neugeborenen.

Die Frühgeburtenrate ist schon bei mikroalbuminurischen Frauen höher als bei normoalbuminurischen Diabetikerinnen und noch höher bei manifester Nephropathie. Auch hier kann durch frühzeitige Blutdrucksenkung (< 140/90 mm Hg) die Frühgeburtenrate von ca. 40 auf 20% gesenkt werden. Fortgeschrittene Stadien der Nephropathie sind auch heute noch mit hohen fetalen und neonatalen Schwangerschaftsrisiken assoziiert.

Diabetikerinnen mit terminaler Niereninsuffizienz, die eine Hämodialyse oder CAPD benötigen, sind selten schwanger, häufiger sind Schwangerschaften nach alleiniger Nierentransplantation (NTX) und simultaner Pankreas-Nieren-Transplantation (SPNT). Nach NTX lag in einer Studie die Frühgeburtenrate bei 35%. Nach einer SPNT war die Rate ähnlich. Die Zahl der Lebendgeburten betrug 80%. Die Häufigkeit eines Transplantatverlustes betrug 17% innerhalb von zwei Jahren. Daher gilt die Empfehlung eine Schwangerschaft erst zwei Jahre nach der Transplantation zu planen.



 

Empfehlungen zu einer Risikoschwangerschaft bei Frauen mit Diabetes Typ 1

Die diabetische Nephropathie ist ersten per se keine Kontraindikation.

Vor jeder Schwangerschaft sollte man zweitens die Albuminausscheidung bestimmen. Bei Frauen mit Diabetes und Mikroalbuminurie erfordert eine Risikoschwangerschaft eine engmaschigere Überwachung.

Schwangere mit diabetischer Nephropathie, die einen Hochdruck vor der 22. SSW neu entwickeln, sollten drittens während ihrer gesamten Risikoschwangerschaft auf Zielwerte < 140.790 mm Hg eingestellt werden.  Eine frühzeitige Therapie mit alpha-Methyl Dopa kann auch bei Mikroalbu­min­urie ohne Hypertonie von Vorteil sein (Vermeidung von Frühgeburten).

Bei einem S-Kreatinin ab 1,5 mg/dl entsprechend einem Nephropathie-Stadium III nach KDOQI (GFR < 60 ml/min) und ebenso bei schwer einstellbarer Hypertonie sollte man schließlich aufgrund der häufigen mütterlichen und fetalen Risiken von einer Schwangerschaft abraten.

Diabetikerinnen in der Prädialyse sollte der Arzt über Optionen nach Nierentransplantation oder Pankreas-Nieren-Transplantation informieren. Und zwar frühestens zwei Jahre nach der Transplantation.




Literatur:

McCance DR, Casey C. Type 1 Diabetes in Pregnancy. Endocrinol Metab Clin North Am. 2019 Sep;48(3):495-509. doi: 10.1016/j.ecl.2019.05.008. PMID: 31345519.

Quelle:

Risikoschwangerschaft bei Typ-I-Diabetikerinnen mit diabetischer Nephropathie. Prim. Univ.-Prof. Dr. Georg Biesenbach. MEDMIX 10/2008.

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