Donnerstag, April 25, 2024

Computer-Training bei Retinitis pigmentosa

Patienten mit der Netzhauterkrankung Retinitis pigmentosa können durch ein neu entwickeltes Computer-Training ihr Orientierungsvermögen verbessern.

Unter dem Strich leiden zehntausende Menschen in Deutschland, Österreich und der Schweiz an der unheilbaren Netzhauterkrankung Retinitis pigmentosa. Deswegen haben Tübinger Augenärzte haben unlängst ein computerbasiertes Training entwickelt. Mit dem sollen die Betroffenen die Wahrnehmung und das Orientierungsvermögen innerhalb von sechs Wochen deutlich verbessern können. Schließlich sehen Experten in der Software eine Chance, die Sicherheit und die Lebensqualität von Menschen mit Retinitis pigmentosa zu steigern. Dementsprechend empfehlen sie auch, das Training in die Behandlung der Patienten einzubinden.

 

Retinitis pigmentosa führt zu Tunnelblick

Die Retinitis pigmentosa ist eine angeborene Netzhauterkrankung, bei der die Lichtsinneszellen der Netzhaut des Auges nach und nach untergehen. Dabei beginnt dieser Vorgang meist schon im Jugendalter an den äußeren Rändern des Gesichtsfelds. Im Laufe der Zeit dringt er dann weiter nach innen vor. Dadurch entsteht bei den Betroffenen ein Tunnelblick, der das Orientierungsvermögen einschränkt. Das führt dazu, dass die Patienten erkennen zu spät Hindernisse und häufiger stürzen. Außerdem ist auch das Risiko erhöht, als Fußgänger im Straßenverkehr zu Schaden zu kommen. Darunter leidet auch die Lebensqualität, denn viele Betroffene mit Tunnelblick trauen sich dann kaum mehr aus der Wohnung. Das beeinträchtigt dann wiederum die Teilnahme am öffentlichen Leben.

 

Computerbasiertes Trainingsprogrammum Gesichtsfeldausfall zu kompensieren

Beim eingangs erwähnten computerbasierten Trainingsprogramm sitzen Menschen mit Retinitis pigmentosa vor dem Bildschirm, wo zufällige Zahlen erscheinen. Der Patient soll die Zahlen dann mit der Computermaus wegklicken, wobei einige Zahlen auch außerhalb des Gesichtsfelds erscheinen. Schließlich lernen Betroffene, durch gezielte Bewegungen der Augäpfel auch diese zu erfassen. Übrigens nutzen bereits Schlaganfallpatienten ein ähnlich konzipiertes Training, bei denen der Hirnschaden zum Gesichtsfeldausfall geführt hatten.

In der ersten klinischen Studie testeten 25 Patienten mit Retinitis pigmentosa das PC-Programm zu Hause am Laptop. Sie trainierten an fünf Tagen pro Woche für jeweils 30 Minuten. Die Ergebnisse zeigten, dass nach sechs Wochen Training die Patienten ihre Reaktionszeiten im PC-Training um 37 Prozent senken konnten. Die Patienten konnten danach einen Gehtest mit Hindernissen schneller und mit weniger Fehlern absolvieren. Dies verglichen mit einer Kontrollgruppe, deren Teilnehmer nur an einem Lesetraining teilgenommen hatten. Während des Gehtests trugen alle Teilnehmer ein Gerät, das die Augenbewegungen registrierte.

Die Ergebnisse zeigen, dass die Probanden vermehrt die Umgebung ihres eingeschränkten Gesichtsfeldes erkunden. Und durch das Training lernen sie, die Bewegung ihrer Augäpfel bewusst zu steuern. Infolge dessen können sie Hindernisse besser wahrnehmen als untrainierte Patienten. Das Training kann daher auch die Mobilität nach einem bereits erfolgten Orientierungs- und Mobilitätstraining mit dem Langstock verbessern.

 

Wie sehr Netzhautprothesen die Mobilität beeinflussen können

Eine neue Generation von Netzhautprothesen mit suprachoroidaler transretinaler Stimulation (STS) unter Verwendung eines doppelt stimulierenden Elektrodenarrays soll zukünftig das Gesichtsfeld vergrößern. In einer aktuellen Studie wollten Forscher nun herausfinden, wie sehr dieses verbesserte Gesichtsfeld die Mobilität beeinflussen können. Dabei zeigte sich, dass das weite Gesichtsfeld zu einer besseren Mobilitätsleistung beitrug.

Literatur:

Ivanov IV., Mackeben M., Vollmer A., ​​Martus P., Nguyen NX., Trauzettel-Klosinski S. Augenbewegungstraining und vorgeschlagene Blickstrategien beim Tunnelblick – Eine randomisierte und kontrollierte Pilotstudie . PLoS One 2016; 11 (6): e0157825

Endo et al. The influence of visual field position induced by a retinal prosthesis simulator on mobility. Graefes Arch Clin Exp Ophthalmol. 30. Mai 2019 doi: 10.1007 / s00417-019-04375-2. [Epub vor Druck]


Quelle: Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft (DOG). Springer Nature

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