Freitag, März 29, 2024

Infektionen mit dem Puumala-Virus stark angestiegen

Im Jahr 2019 verzeichnete man in Österreich bislang einen starken Anstieg an Puumala-Virus-Infektionen. Mit bereits 97 Erkrankungsfällen bis jetzt.

Unter dem Strich gab es heuer bereits bis jetzt mehr Puumala-Virus-Infektionen als in anderen Jahren gesamt. So traten in den Jahren 2004, 2007, 2014 sowie 2017 je 72, 78, 72 und 87 Erkrankungsfälle auf. Nur im Jahr 2012 waren mit 264 Fällen mehr Infektionen nachweisbar (Abbildung 1).

Die Anzahl an Puumala-Virus-Infektionen kann jährlich stark schwanken, sowie auch die saisonale Verteilung. In den starken Jahren 2004, 2007 und 2014 sind die meisten Fälle in den Sommermonaten Juli bis September aufgetreten, während im Jahr 2012 und 2017 eine Häufung in den Frühlingsmonaten April bis Juni registriert wurde (Abbildung 1).

Abbildung 1: Saisonale Verteilung der Puumala-Virus-Infektionen in Österreich von 2004 bis Juni 2019 (Stand 1.6.2019)
Abbildung 1: Saisonale Verteilung der Puumala-Virus-Infektionen in Österreich von 2004 bis Juni 2019 (Stand 1.6.2019)

Aufgrund dieser unterschiedlichen saisonalen Entwicklungen lässt sich die Gesamtjahres Fallzahl nicht sicher aus den ersten zwei Quartalen abschätzen, es ist aber mit einer Fallzahl von etwa 200 Fällen für 2019 zu rechnen (Abbildung 1).

 

Puumala-Virus-infizierte Rötelmäuse

Die Puumala-Virus Infektion ist die bedeutendste Hantavirus-Infektion in Österreich. Die jährlichen Unterschiede in den Fallzahlen sind durch Schwankungen der Rötelmaus-Population verursacht. Die asymptomatisch infizierten Rötelmäuse scheiden das Puumalavirus monatelang über Speichel, Kot und Urin aus, und die Ansteckung des Menschen erfolgt vor allem durch das Einatmen von virushaltigem Staub. Wenig bzw. längere Zeit unbewohnte Häuser, wie z.B. Wochenendhäuser, Jagdhütten, Almhütten und wenig frequentierte Bereiche von am Waldrand gelegenen Wohnhäusern, sowie angrenzende Ställe, Schuppen, Garagen, Werkräume, Dachböden und Keller sind bevorzugte Ziele für das Eindringen der Rötelmäuse.

Häufig erfolgen Puumala-Virus Infektionen durch Tätigkeiten an solchen Orten. Zur Vermeidung einer Ansteckung wird in Endemiegebieten vor allem für die Reinigung der von Mäusen befallenen Räumen das Tragen von Handschuhen, Atemmaske und das Vermeiden von Staubaufwirbelung (feuchtes Wischen) empfohlen (siehe auch Merkblatt des Robert Koch Instituts Link: https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/H/Hantavirus/Merkblatt_PDF).

 

Große regionale Unterschiede

Auch wenn die Rötelmaus in ganz Österreich beheimatet ist, kommen Puumala-Virus-infizierte Rötelmäuse und die damit verbundenen Infektionen beim Menschen regional unterschiedlich vor. Die meisten Infektionen wurden in der Steiermark vor allem in der Südoststeiermark, Kärnten, Südburgenland und in Oberösterreich im Bezirk Rohrbach nachgewiesen.

Auch in diesem Jahr ist die Südoststeiermark mit 89% der Fälle am stärksten betroffen. Jeweils zu einem Fall kam es in Oberösterreich, Niederösterreich sowie dem Burgenland. Schließlich ist bei 4 Personen der Infektionsort noch unbestimmt. Ein Erkrankter hat sich in Bosnien angesteckt. Die wahrscheinlichsten Infektionsorte des Jahres 2019 sowie aller bisher bestätigten Puumala-Fälle sind in Abbildung 2 ersichtlich.

Abbildung 2: Infektionsorte von Puumala-Virus-Infektionen in Österreich
Abbildung 2: Infektionsorte von Puumala-Virus-Infektionen in Österreich

Von den Puumala-Virus-Erkrankungen des Jahres 2019 sind, wie schon in den vergangenen Jahren, mit 73% hauptsächlich Männer betroffen. Das durchschnittliche Alter der Erkrankten beträgt 48 Jahre, wobei der jüngste Patient 24 Jahre, der älteste 86 Jahre alt war.

 

Symptome, Beschwerden

Die Puumala-Virus-Infektion führt zu plötzlich auftretendem hohem Fieber mit Kopfschmerz, Schüttelfrost sowie reduziertem Allgemeinbefinden. Meist gefolgt von starken Bauch-, Flanken- oder Rückenschmerzen als Zeichen der Nierenbeteiligung. Die Nierenfunktionsstörung kann zu einem akuten Nierenversagen führen, und in 4% der Erkrankten ist eine vorübergehende Akutdialyse notwendig.

Eine Thrombozytopenie, sowie eine CRP-Erhöhung und Leukozytose werden häufig nachgewiesen. Die Erkrankung, auch als „Nephropathia epidemica“ bezeichnet, heilt üblicherweise ohne bleibende Schäden aus und führt sehr selten (ca. in 0,5%) zum Tod. Auch im Jahr 2019 kam es bisher zu keinem Todesfall durch eine Puumala-Virus-Infektion.

 

Die Unterschiede zu Dobrava-Virus-Infektionen

Im Grunde genommen können die Infektionen mit dem Dobrava-Virus, einem Verwandten des Puumala-Virus, sehr viel schwerer verlaufen. Dieses Hantavirus ist unter dem Strich vor allem am Balkan verbreitet. Man konnte es allerdings auch schon in Ungarn, der Slowakei sowie in Tschechien nachweisen.

Im Jahr 2011 beobachtete man erstmals eine in Österreich erworbene Dobrava-Virus-Infektion. Insgesamt wurden seit 2000 in Österreich 20 Dobrava-Virus-Infektionen diagnostiziert. Von denen kamen 10 Fälle vor allem aus Bosnien und Serbien. Weitere 10 Fälle aus Österreich. Von diesen lag der wahrscheinliche Infektionsort in 4 Fällen in Kärnten, und in je 2 Fällen in der Steiermark, im Burgenland und in Wien/Niederösterreich.

Zwei Patienten sind aufgrund eines schweren septischen Zustandsbildes, Schocks und Multiorganversagens verstorben. Die Wahrscheinlichkeit, daran zu versterben, entspricht bei den in Österreich nachgewiesenen Dobrava-Virus-Infektionen den internationalen Angaben von etwa 10%. Der im heurigen Jahr diagnostizierte Fall, mit wahrscheinlichen Infektionsort in Kärnten, ist hingegen sehr mild verlaufen.

Die Diagnostik einer Puumala-Virus-Infektion erfolgt durch den Nachweis spezifischer IgM- sowie IgG-Antikörper im Serum. Nach dem serologischen Ausschluss einer Puumala-Virus-Infektion sollte man – vor allem bei Balkanbezug – auf Dobrava-Virus untersuchen. In der ersten Krankheitswoche kann man die Viren auch direkt mittels PCR im Blut nachweisen.


Quelle:

VIRUSEPIDEMIOLOGISCHE INFORMATION” NR. 11/19-7

Prof. Dr. Stephan Aberle. Department für Virologie der Med. Universität Wien.

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