Donnerstag, April 25, 2024

Cabozantinib enttäuscht bei Prostatakarzinom

Das neue Therapeutikum Cabozantinib erzielt laut weltweiter Phase-3-Studie zum Prostatakarzinom keine signifikante Verlängerung der Lebensdauer.

Das neues, als vielversprechend erwartete Therapeutikum Cabozantinib erzielt keine signifikante Verlängerung der Lebensdauer – Überraschend endete eine nun publizierte, weltweite, klinische Studie der Phase 3 für ein vielversprechendes Medikament zur Behandlung vom fortgeschrittenem Prostatakarzinom: Verglichen mit der etablierten Standardtherapie erzielte das neue Therapeutikum keine wesentliche Verlängerung der Gesamtüberlebenszeit von Patienten.

Diese und weitere Daten der Studie wurden jetzt im Top-Magazin Journal of Clinical Oncology veröffentlicht. ForscherInnen der MedUni Wien waren maßgeblich daran beteiligt. Koordiniert wurde die Studie vom soeben gekürten „Best Hospital“ der USA, dem Massachusetts General Hospital (MGH) der Harvard Medical School.

 

Internationalen Studie zu Cabozantinib

Die Arbeitsgruppe Urologische Tumore an der Universitätsklinik für Innere Medizin I der MedUni Wien im AKH Wien gilt bei OnkologInnen weltweit als ein Forschungsteam mit anerkannter Expertise für die moderne Behandlung des Prostatakarzinoms. Im Jahr 2012 wurde sie daher eingeladen, an einer internationalen Studie eines neuen Medikaments (Cabozantinib) zur Behandlung des fortgeschrittenen – so genannten kastrationsresistenten –  Prostatakarzinoms teilzunehmen. Michael Krainer, Leiter der Arbeitsgruppe Urologische Tumore und derzeit auf Einladung des MGH als Visiting Scholar in den USA, kommentiert die Ergebnisse: „Cabozantinib erhöhte zwar das Gesamtüberleben der behandelten Patienten in den meisten Fällen um ein bis zwei Monate, doch im Vergleich zur gängigen Standardtherapie war dieser Effekt statistisch nicht signifikant. Das überraschte uns insofern, als Phase-II-Studien für die Patienten in vielen Bereichen klare Verbesserungen zeigten.“

Cabozantinib ist ein oral einzunehmender Hemmstoff bestimmter zellulärer Signalwege (wie dem der Rezeptor-Tyrosinkinase MET und des Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF), die im engen Zusammenhang mit der Entwicklung und dem Fortschreiten von Prostatakrebs stehen. Und tatsächlich zeigten erste klinische Studien, dass die Einnahme von Cabozantinib sich positiv auf den Krankheitsverlauf von Prostatakrebspatienten auswirkte: Die progressionsfreie Überlebenszeit der Patienten verlängerte sich und ihre Lebensqualität stieg.

„Nach diesen vielversprechenden Ergebnissen entschieden wir uns, in der anschließenden randomisierten Phase-3-Studie mit über 1.000 Patienten das Gesamtüberleben zu erfassen“, erklärt Krainer. „Zur Bestimmung dieses Endpunkts werden deutlich mehr Patienten und viel längere Zeiten benötigt als für die vorhergehenden Studien.“ Ausgewählt wurden insbesondere Patienten mit metastasierendem, kastrationsresistentem Prostatakarzinom, die bereits Knochenmetastasen hatten.

 

Cabozantinib hinter den Erwartungen

Dass in dieser Gruppe trotz der zuvor gemessenen Vorteile keine wesentliche Verbesserung des Gesamtüberlebens beobachtet werden konnte, war unerwartet – zumal die Phase-3-Studie noch einmal signifikante Verbesserungen sekundärer Endpunkte, wie z. B. dem Ansprechen des Knochenscans und dem radiologischen progressionsfreien Überleben zeigte. Cabozantinib stand auch mit einer Reduktion zirkulierender Tumorzellen, einer Verbesserung knochenassoziierter Laborparameter und vermindertem Vorkommen von Skelett assoziierten Problemen in Verbindung. Krainer: „Ein signifikantes Ansprechen der Konzentration des PSA (Anm.: Prostataspezifischen Antigens) gab es allerdings nicht.“

Für den MedUni-Wien-Forscher zeigt das Ergebnis einmal mehr den Wert umfassender klinischer Studien, für deren Unterstützung seine Arbeitsgruppe international Respekt genießt: „Natürlich ist es eine Enttäuschung für Patienten, wenn ein vielversprechender Therapieansatz schlussendlich nicht besser als die bestehenden Therapien ist. Dennoch lernen wir aus Ergebnissen wie denen zu Cabozantinib auch viel über die Herausforderungen, die wir auf dem Weg zu besseren Prostatakrebstherapien noch zu bewältigen haben. Daher ist es für Forschungszentren und vor allem für unsere Patienten enorm wichtig, an solchen Studien teilnehmen zu können. Es gibt keine bessere Versorgung onkologischer Patienten als die Teilnahme an klinischen Studien.“

Krainer selbst wurde dank der erfolgreichen Zusammenarbeit im Rahmen der klinischen Studie und vor allem wegen der Forschung seines Teams im Bereich der Prostatakarzinomstammzelle vom MGH, dem wichtigsten Lehrspital der Harvard Medical School, als Visiting Scholar eingeladen. Ein Aufenthalt, den er bis Herbst 2016 für Forschung und den Aufbau weiterer Kooperationen im Bereich Precision Medicine mit Schwerpunkt Prostatakarzinom nutzen wird, bevor er an die Medizinische Universität Wien zurückkehrt.

 

Über das Prostatakarzinom

Das Prostatakarzinom ist weltweit die dritthäufigste Krebsart und unter Männern weltweit die sechshäufigste Todesursache aller Krebsarten. Jedes Jahr wird bei 670.000 Männern ein Prostatakarzinom diagnostiziert. Die höchsten Raten gibt es in West- und Nordeuropa, den USA, Australien und Neuseeland. In Europa, wo derzeit mehr als zwei Millionen Männer mit einem Prostatakarzinom leben, ist dieser Krebs eine der häufigsten Krebsarten bei Männern. In den 25 Mitgliedstaaten der EU wurde im Jahr 2006 bei 301.500 Männern ein Prostatakarzinom diagnostiziert. Für zahlreiche Länder wurden in den vergangenen Jahren substanzielle Anstiege bei Prostatakrebsfällen verzeichnet. Patienten mit hormon-resistentem Prostatakarzinom benötigen zusätzliche Behandlungsoptionen.

Quelle:
Phase 3 study of cabozantinib in previously treated metastatic castration-resistant prostate cancer (COMET-1). Smith, M.R., de Bono, J.S., Sternberg, C.N., Le Moulec, S., Oudard, S., De Giorgi, U., Krainer, M., Bergman, A.M., Hölzer, W., De Wit, R., Bögemann, M., Saad, F., Cruciani, G., Thiery-Vuillemin, A., Feyerabend, S., Miller, K., Houede, N., Hussain, S.A., Lam, E.T., Polikoff, J., Stenzl A., Mainwaring, P., Ramies, D. A., Hessel, C., Weitzman, A.L., and Fizazi, K. Journal of Clinical Oncology, 11 July 2016.

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