Freitag, April 26, 2024

Primäre Gesundheitsversorgung – Thema einer aktuellen Patientenumfrage

Die primäre Gesundheitsversorgung in Österreich war Thema einer aktuellen Patientenumfrage: 98% der Befragten wollen ihren praktischen Arzt selbst aussuchen dürfen.

Freie Arztwahl und Vertrauensverhältnis zum Arzt haben oberste Priorität, Unternehmensgeführte PHC-Zentren werden abgelehnt – 98 Prozent der Österreicher ist es wichtig, ihren praktischen Arzt selbst auswählen zu können. Auch die Nähe zum Wohnort sowie das spezielle Vertrauensverhältnis zum Hausarzt spielen eine wichtige Rolle. Das sind einige der Topergebnisse einer aktuellen Meinungsumfrage des Meinungsforschungsinstituts Peter Hajek Public Opinion Strategies im Auftrag der Ärztekammer.

Der Hausarzt ist sehr wichtig für die primäre Gesundheitsversorgung

Von 10. bis 12. September 2015 wurden insgesamt 500 Österreicherinnen und Österreicher über 16 Jahren befragt. Die Ergebnisse sind auch für Marktforscher Peter Hajek überraschend eindeutig: Denn nahezu alle Befragten gehen nach Möglichkeit immer zum selben praktischen Arzt. Dabei ist es ebenfalls fast allen (98 Prozent) wichtig, ihren praktischen Arzt selbst auswählen zu können.

Auch die Nähe zum Wohnort spielt eine wichtige Rolle. Der Aussage „Mir ist die Nähe der Praxis meines Hausarztes zu meinem Wohnort wichtig“ stimmen 66 Prozent der Befragten sehr und zusätzliche 27 Prozent eher zu. Bei der primären Gesundheitsversorgung ist den Österreichern auch ein Vertrauensverhältnis zum Hausarzt sehr wichtig: 90 Prozent sind der Meinung, dass es gut ist, dass der Hausarzt den Patienten und dessen Familie schon länger kennt.

„Bei der Frage nach längeren Öffnungszeiten lässt sich eine zweigeteilte Meinung erkennen“, so Hajek weiter. „Längere Öffnungszeiten beim praktischen Arzt wünscht sich ungefähr die Hälfte der Befragten.“ Ebenfalls in etwa 50 Prozent sind der Meinung, dass es zu wenige Öffnungszeiten zeitig in der Früh oder spät am Abend gibt.

Primäre Gesundheitsversorgung (PHC), das große Unbekannte

Was genau ein Primärversorgungs- beziehungsweise Primary Health Care (PHC)-Zentrum ist, wissen nur die wenigsten: Auf die diesbezügliche Frage antworteten lediglich 17 Prozent mit ja. Von diesen 17 Prozent verstehen darunter die meisten ein Ärztezentren oder eine Gemeinschaftspraxis, wo Ärztinnen und Ärzten verschiedener Fachrichtungen zusammenarbeiten, beziehungsweise ein Erstversorgungszentren oder eine erste Anlaufstelle für Notfälle ähnlich den Ambulanzen.

Zwei Bestandteile, die im neuen PHC-Gesetz enthalten sein sollen, stoßen bei den Befragten auf deutliche Ablehnung: 65 Prozent der Befragten können sich nicht vorstellen, dass zum Beispiel eine ausgebildete Krankenschwester entscheidet, ob eine Untersuchung durch den Arzt erfolgt oder gleich ein Rezept ausgestellt werden soll. Eine noch größere Ablehnung gibt es gegenüber der Idee, dass Arztordinationen beziehungsweise PHC-Zentren auch von Unternehmen, die ursprünglich nicht aus dem medizinischen Bereich kommen, geführt werden sollen: 86 Prozent halten dies für eher oder überhaupt nicht sinnvoll.

Patientenumfrage 2: Absage an PHC-Zentren gemäß PHC-Gesetz

Miteinander von klassischen Hausärzten und PHC-Zentren nach Modell MedizinMariahilf ist beste Lösung für die Zukunft – Für Johannes Steinhart, Vizepräsident und Obmann der Kurie niedergelassene Ärzte der Österreichischen Ärztekammer sowie der Ärztekammer für Wien, sind die Ergebnisse der aktuellen Patientenumfrage ein eindeutiges Zeichen dafür, nicht nur im Interesse der Ärztinnen und Ärzte, sondern auch im Interesse der Patientinnen und Patienten gegen das geplante neue PHC-Gesetz anzukämpfen.

Steinhart: „Die Umfrageergebnisse zeigen, dass die freie Arztwahl sowie eine persönliche Beziehung zum praktischen Arzt von oberster Wichtigkeit sind.“ Dies könne nur beim klassischen Hausarzt oder in PHC-Zentren nach dem Konzept „Das Team rund um den Hausarzt“ ermöglicht werden. Auch eine Wohnortnähe sei nur dann gegeben, wenn es zusätzlich zu einigen PHC-Zentren weiterhin viele einzelne Hausarztordinationen gebe.

Die Ergebnisse zum Thema Öffnungszeiten würden aber auch zeigen, dass es einen Veränderungsbedarf gibt. Steinhart: „Um dem Wunsch der Hälfte der Befragten nach längeren Öffnungszeiten nachzukommen, werden wir uns in der Ärztekammer dafür einsetzen, weitere Projekte, wie beispielsweise das PHC MedizinMariahilf, umzusetzen.“

Darüber hinaus gibt es in Wien bereits zehn weitere bestehende allgemeinmedizinische Gruppenpraxen. Steinhart kann sich vorstellen, auch in diesen Gruppenpraxen Prinzipien des bewährten PHC-Konzepts zu übernehmen. „Ganz entscheidend für diese Projekte ist aber, dass Sie im Rahmen des Gesamtvertrags zwischen Ärztekammer und Gebietskrankenkasse vereinbart werden.“

Damit künftig ein System, das aus Hausärzten in Einzelordinationen und Kolleginnen und Kollegen in PHC-Modellen gemeinsam besteht, auch funktionieren kann, muss alles unter einem Dach – „und zwar dem Dach ‚Gesamtvertrag‘“ – zusammengefasst sein. Um Versorgungssicherheit zu schaffen, bräuchte es einen gemeinsamen Stellenplan und eine gemeinsame Basis für Honorarverhandlungen. Steinhart: „Im neu angedachten PHC-Gesetz ist das leider nicht der Fall. Daher wird es von uns auch so vehement abgelehnt und im Falle einer Umsetzung mit drastischen Maßnahmen bekämpft werden.“

PHC MedizinMariahilf als Ergänzung zum klassischen Hausarzt

„Das Konzept ‚Das Team rund um den Hausarzt‘ hat sich für uns ganz klar bewährt“, ergänzt Wolfgang Mückstein, Teilhaber am PHC MedizinMariahilf und selbst Hausarzt. „Wir können unseren Patienten neue Services bieten und gleichzeitig die Vorteile des Hausarztsystems bewahren. Unsere Ordination hat nun ausgeweitete Öffnungszeiten und arbeitet mit weiteren Gesundheitsberufen zusammen.“ Die Patienten können in dringenden Fällen 50 Stunden pro Woche versorgt werden.

Ein ganz wesentliches Prinzip sei es, dass Ärztinnen und Ärzte als persönliche Hausärzte für ihre Patienten weiter zur Verfügung stünden: „Meine Patienten können meine genauen Ordinationszeiten erfahren und mit mir persönlich einen Termin vereinbaren, wenn sie dies wollen.“

Man habe aus den ersten Monaten sehr viel Positives mitgenommen und sei guter Dinge, dieses System nach der Pilotphase von fünf Jahren weiterzuführen. Voraussetzung dafür müsse aber sein, dass die wesentlichen Eckpunkte der derzeitigen Bedingungen weiterhin bestehen blieben, allen voran der gesamtvertragliche Kündigungsschutz.

Eine Anstellung bei einem nach dem Prinzip der Gewinnmaximierung arbeitenden Unternehmen wäre für Mückstein nicht in Frage gekommen. „Als Ärztinnen und Ärzte haben wir einen sozialen Versorgungsauftrag und einen Berufsethos, bei dem die Versorgung kranker Menschen im Mittelpunkt steht.“ Diese gesellschaftliche Verantwortung gehöre in die Hände von Ärztinnen und Ärzten, so Mückstein.

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