Donnerstag, März 28, 2024

Prävention von Gestationsdiabetes mellitus

Screening auf Blutzucker: Gestationsdiabetes mellitus wird jetzt früher erkannt, Experten fordern intensivere Prävention

Diabeteserkrankungen in der Schwangerschaft, also Gestationsdiabetes mellitus (GDM), werden einer unlängst publizierten Studie zufolge in Deutschland heute früher erkannt. Experten der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) führen dies neben einer Reform der Mutterschaftsrichtlinien auch auf eine Leitlinie der Fachgesellschaft aus dem Jahr 2011 zurück, die ab der 24. Schwangerschaftswoche einen Blutzuckertest im venösen Blut vorsieht. Die Untersuchung zeigt aber auch, dass werdende Mütter zunehmend übergewichtig sind und weiters zu häufig Insulin zur Behandlung des Gestationsdiabetes mellitus verordnet wird. Gefordert wird deswegen ein umfassendes Präventionskonzept für junge Frauen mit Kinderwunsch, das frühzeitig auf Ernährungsumstellung, Bewegungsförderung, Normalisierung des Körpergewichts vor der Konzeption und Stillen setzt.

Gestationsdiabetes kann zu Komplikationen in der Schwangerschaft und bei der Geburt führen. Die Erkrankung steigert weiters das Risiko für Schwangerschaftshochdruck und fördert das übermäßige Wachstum des ungeborenen Kindes. Weiters ist bei Mutter und Kind die Wahrscheinlichkeit größer, in späteren Jahren dauerhaft an Diabetes zu erkranken. So entwickelt jede zweite Frau nach Gestationsdiabetes mellitus innerhalb von zehn Jahren einen Typ-2-Diabetes.

Die Mutterschaftsrichtlinien in Deutschland schreiben zwischen der 24. und 28. Schwangerschaftswoche eine venöse Blutentnahme auf Schwangerschaftsdiabetes vor, den sogenannten Gestationsdiabetes mellitus (GDM). Beim Screening trinkt die Schwangere zunächst im nicht-nüchternen Zustand 200 Milliliter Wasser mit 50 Gramm Traubenzucker, bevor eine Stunde später der Blutzucker im Venenblut bestimmt wird. Ist das Screening auffällig, muss zeitnah ein 75-Gramm-Diagnosetest über zwei Stunden im nicht-nüchternen Zustand folgen.

 

Untersuchungen zeigen nicht nur Positives

Die Mutterschaftsrichtlinien haben die Diagnostik des Schwangerschaftsdiabetes in wenigen Jahren verbessert. Der Anteil der Diabetes-Erkrankungen, die bereits zwischen der 24. bis 28. Schwangerschaftswoche erkannt werden, ist innerhalb von fünf Jahren von 27 auf 33 Prozent gestiegen, wie die sogenannte windiab-Studie zeigte. Dabei wurden insgesamt 2334 Schwangerschaften mit Gestationsdiabetes mellitus in den Jahren 2009/2010 analysiert und den Daten von 4640 Schwangerschaften mit Gestationsdiabetes mellitus in 2013/2014 bereinigt gegenübergestellt. Es zeigte sich auch, dass in diesem Zeitraum der Anteil übergewichtiger Frauen von 26 auf 28 und der Anteil adipöser Frauen von 32 auf 35 Prozent angewachsen ist – während der durchschnittliche Body-Mass-Index der Schwangeren in 2009/2010 noch bei 27,8 lag, belief er sich in 2013/14 auf 28,5. Zugleich stieg die Quote der Frauen, bei denen eine Insulintherapie begonnen wurde, von 34 auf 40 Prozent – eine ungewöhnlich hohe Insulinrate. International benötigen zwischen sieben und zwanzig Prozent der Schwangeren mit Gestationsdiabetes mellitus Insulin. Die windiab-Daten belegen für Deutschland daher eine Übertherapie.

 

Auf die Gesundheit von Mutter und Kind wirken sich diese Trends ungünstig aus. So fördert zu großzügiger Insulineinsatz unnötig die Kaiserschnittrate – die Geburtshelfer gehen bei einer Insulinbehandlung von einem schwereren Fall aus und beenden am errechneten Entbindungstermin die Schwangerschaft. Eine Adipositas vor der Schwangerschaft wiederum verdoppelt das Fehlbildungsrisiko. Zugleich stillen adipöse Mütter, insbesondere wenn sie aus sozial schwachen Milieus stammen, seltener und kürzer. Damit vergeben sie die Chance einer Diabetesprävention. Denn Stillen über die Dauer von mindestens drei Monaten mindert das spätere Diabetesrisiko um dreißig Prozent.

Vor diesem Hintergrund gewinnt die Prävention von Adipositas zunehmend an Bedeutung bei der Betreuung der Schwangeren. Der Fokus muss ebenso sehr auf das Erreichen eines normalen Blutzuckers wie auf die Beschränkung der Gewichtszunahme gelegt werden. Das erfordert eine konsequente Lebensstiländerung – mit Ernährungsumstellung, intensivierter körperlicher Bewegung und Stillen. In der Schwangerschaft sollte eine drastische Gewichtsabnahme aber vermieden werden.

Für den Gestationsdiabetes mellitus insgesamt gilt: Je früher Blutzuckerselbstkontrolle, Ernährungsumstellung, Bewegungsförderung und intensivere Beobachtung des Kindes mit Ultraschall und – wenn notwendig –Insulintherapie einsetzen, desto eher kann kindlichen Fehlentwicklungen und Fehlprogrammierungen entgegengewirkt werden.

Für Schwangere, die sich über die richtige Ernährung informieren möchten, stellt der Aid-Infodienst Materialien zur Verfügung: http://shop.aid.de/1605/das-beste-essen-in-der-schwangerschaft.

Weiterführende Links:
Mutterschaftsrichtlinie: www.g-ba.de/informationen/richtlinien/19/
Leitlinie Gestationsdiabetes: www.awmf.org/fileadmin/user_upload/Leitlinien/057_D_Diabetes_Ges/057-008p_S3_Gestationsdiabetes_2011-08.pdf

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