Donnerstag, März 28, 2024

Prävention nach Schlaganfall, wenn die Schlaganfall-Ursache ungeklärt ist

Beim Vergleich von Dabigatran und ASS zur Prävention nach Schlaganfall mit ungeklärter Ursache zeigten sich keine Unterschiede bei Wirkungen und Blutungen.

Bekanntlich sind Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht sowie Rauchen Ursachen für ischämische Schlaganfälle, die oft bei älteren Patienten mit Arterienverkalkung auftreten. Bei sogenannten kryptogenen Schlaganfällen, die oft jüngere Menschen betreffen, ist die Schlaganfall-Ursache unbekannt. Man vermutet, dass sich dahinter häufig Embolien unbekannten Ursprungs verbergen. Da sich diese wiederholen können, ist zur Prävention nach Schlaganfall eine medikamentöse Rückfall-Prophylaxe notwendig. Welches Medikament dafür optimal geeignet ist, sollte eine internationale Studie klären, die jetzt erschienen ist.

Die häufigste Form eines Hirninfarkts ist der Ischämische Schlaganfall. Er entsteht durch den Verschluss eines Blutgefäßes. Der dahinter liegende Gehirnbezirk wird dann gar nicht mehr oder nicht mehr ausreichend durchblutet. Es werden verschiedene Ursachen (Ätiologien) unterschieden:

  • Erkrankungen großer Arterien (Makroangiopathie),
  • Erkrankungen kleiner und kleinster Arterien (Mikroangiopathie), deren Verschluss zu kleinen, unterhalb der Hirnrinde gelegen Infarkten führt (sogenannte lakunäre Infarkte)
  • sowie kardiale Embolien, bei denen kleine Blutgerinnsel (Emboli) vom Herz mit dem Blutstrom in die Gehirnarterien gelangen und es verstopfen (Embolisierung).

 

Arteriosklerose vermeiden zur Prävention nach Schlaganfall

Eine der häufigsten Ursachen für Schlaganfälle ist eine Arteriosklerose, also eine Gefäßverkalkung. „Ältere Menschen haben oft Gefäßerkrankungen durch Bluthochdruck, Diabetes, Übergewicht und Rauchen“, erklärt Professor Dr. med. Hans-Christoph Diener von der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg Essen. „Bei sogenannten kryptogenen Schlaganfällen ist die Ursache dagegen unbekannt. Sie machen 20 bis 30 Prozent der ischämischen Schlaganfälle aus und betreffen oft schon jüngere Menschen unter 55 bis 60 Jahren.“ Bei fünf Prozent der Patienten mit einem kryptogenem Schlaganfall kommt es in den zwölf Monaten nach der ersten Erkrankung zu einem erneuten Schlaganfall.

 

ESUS – embolischer Schlaganfall ungeklärter Ätiologie

Unter der Annahme, dass der Löwenanteil der „kryptogenen“ Schlaganfälle eine embolische Ursache hat (mit jedoch unbekanntem Ursprung des Embolus), haben Experten einen neuen Terminus etabliert: ESUS („embolic stroke of undetermined source“ = embolischer Schlaganfall ungeklärter Ätiologie). Bei Patienten mit ESUS kommt daher der Prophylaxe erneuter Schlaganfälle eine besondere Bedeutung zu. Die Sekundärprävention erfolgt bisher mit Acetylsalicylsäure (ASS). Dieser sogenannte Thrombozytenaggregationshemmer hemmt die Verklumpung – also die sogenannte Aggregation – von Blutplättchen/Thrombozyten.

 

Antikoagulanzien – NOAK – zum besseren Schutz vor weiteren Schlaganfällen

Experten hoffen, mit neuen Gerinnungshemmern – die auch als Antikoagulanzien bezeichnet werden – aus der Gruppe der sogenannten Nicht-Vitamin-K oralen Antikoagulanzien (NOAK) einen noch besseren Schutz vor weiteren Schlaganfällen zu erreichen. „Die Wirkweise der NOAK beruht nicht wie bei ASS auf der Hemmung der Thrombozytenaggregation, stattdessen hemmen sie direkt bestimmte Blutgerinnungsfaktoren“, erläutert Professor Dr. med. Wolf-Rüdiger Schäbitz, Pressesprecher der Deutschen Schlaganfall-Gesellschaft (DSG).

Bisherige Untersuchungen – wie etwa die NAVIGATE ESUS-Studie [1] – haben gezeigt, dass gerinnungshemmende Mittel wie Rivaroxaban bei Patienten mit ESUS nicht wirksamer sind als ASS, um einen wiederkehrenden Schlaganfall nach einem embolischen Schlaganfall ungeklärter Ätiologie zu verhindern.

 

RE-SPECT ESUS

Unter der Leitung von DGN-Pressesprecher Professor Dr. med. Hans-Christoph Diener von der Medizinischen Fakultät der Universität Duisburg Essen wurde eine weitere große randomisierte Studie zur Prävention nach Schlaganfall durchgeführt [2]. Diese untersuchte die Wirkung einer Antikoagulation mit Dabigatran (einem direkten Faktor IIa-beziehungsweise Thrombinhemmer) im Vergleich zu ASS auf wiederkehrende (rezidivierende) Schlaganfälle nach ESUS. Die Ergebnisse der Studie wurden gestern in der renommierten Fachzeitschrift The New England Journal of Medicine [2] publiziert.

Bei der Studie „RE-SPECT ESUS („Dabigatran Etexilate for Secondary Stroke Prevention in Patients With Embolic Stroke of Undetermined Source“) handelte es sich um eine multizentrische, randomisierte, doppelblinde Studie. Dabei untersuchten die Wissenschaftler die Wirkung von Dabigatran 150 mg oder 110 mg zweimal täglich mit ASS 100 mg einmal täglich bei Patienten mit ESUS. Der primäre Endpunkt war ein rezidivierender Schlaganfall. Wichtigster Sicherheitsparameter war das Auftreten schwerwiegender Blutungen als Nebenwirkung beziehungsweise Komplikation der Behandlung.

Insgesamt untersuchten die Forscher 5.390 Patienten an 564 Standorten in 46 Ländern. Alle hatten vor kurzem einen ESUS erlitten. Zur Rezidiv-Prophylaxe erhielten 2.695 Dabigatran und 2.695 ASS. Während einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 19 Monaten trat ein rezidivierender Schlaganfall bei 177 (6,6 Prozent) der mit Dabigatran behandelten Patienten und bei 207 (7,7 Prozent) der mit ASS behandelten Patienten auf.

 

Dabigatran versus ASS

Unter dem Strich verhinderte die Prävention nach Schlaganfall mit Dabigatran das Auftreten von Rezidiv-Schlaganfällen nach ESUS nicht signifikant besser als ASS 100. Schwere Blutungen als Therapienebenwirkung traten bei 77 (2,9 Prozent) Patienten mit Dabigatran und bei 64 (2,4 Prozent) Patienten mit ASS auf. Dementsprechend hatte Dabigatran statistisch kein signifikant erhöhtes Risiko für schwerwiegende Blutungen verglichen mit ASS.

Zwar konnte die Studie keine Überlegenheit der Therapie mit Dabigatran gegenüber ASS zeigen. Allerdings ergaben die Ergebnisse auch, dass keine schwere Blutungskomplikationen durch eine zu starke Gerinnungshemmung zu erwarten sind.

Dabigatran und NOAKs bieten gegenüber den klassischen „alten“ Antikoagulanzien wie Heparin und Vitamin-K-Antagonisten (Marcumar) verschiedene Vorteile für die Patienten. Sie sind im Gegensatz zu Heparin – das ja der Patient täglich unter die Haut spritzen muss – als Tabletten anzuwenden. Weiters brauchen sie kein strenges Therapiemonitorings wie Vitamin-K-Antagonisten. Denn deren Wirkung ist relativ schwer vorhersagbar und macht strenge Blutkontrollen notwendig.

Literatur:

1. Hart RG, Sharma M, Mundl H et al. NAVIGATE ESUS Investigators. Rivaroxaban for Stroke Prevention after Embolic Stroke of Undetermined Source N Engl J Med 2018; 378(23): 2191-201

2. Diener HC, Sacco RL, Easton JD et al. Dabigatran for Prevention of Stroke after Embolic Stroke of Undetermined Source. N Engl J Med 2019; 380:1906-1917. DOI: 10.1056/NEJMoa1813959

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