Samstag, April 20, 2024

Posttraumatische Belastungsstörung durch Stress

Bei einer Posttraumatische Belastungsstörung durch Stress kommt es im Gehirn zu einer Kettenreaktion, die das Herz in Alarmbereitschaft versetzt.

Unser Gehirn leitet eine Kettenreaktion ein, wenn wir Stresssituationen ausgesetzt sind. Das Herz kommt in Alarmbereitschaft, Angst und Furcht entstehen. Unser Körper aktiviert undifferenziert Abwehrmaßnahmen – unabhängig von der Schwere der Bedrohung. Um herauszufinden, wie die Angstkomponente auf solche Abwehrreaktion gesteuert wird, haben Forscher am Max-Planck-Institut für Psychiatrie unlängst Nervenzellen in einer Hirnregion – dem »erweiterten Amygdala-Komplex« – lokalisiert, die für die Regulierung unserer Furcht- und Angstreaktionen verantwortlich sind. Bei den meisten Menschen lassen jedenfalls Furcht- und Angstreaktionen rasch nach, sobald die bedrohliche Situation vorüber ist. Bei manchen jedoch bleibt die Angst bestehen; der Zustand kann chronisch werden. Mit der Folge, dass nach starkem Stress Angststörungen, Depressionen oder Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entstehen. Medikamente können helfen, aber meist sind sie bestenfalls partiell wirksam.



 

Furcht- und Angstreaktionen nach Stresssituationen verschwinden meisten rasch wieder

Forscher am Max-Planck-Institut für Psychiatri suchten ausschließlich im erweiterten Amygdala-Komplex, der Hirnregion, die für Furcht und Angst verantwortlich und an der Stressreaktion beteiligt ist, nach den entscheidenden Nervenzellen. Einige ihrer Zellen produzieren Rezeptoren für ein Protein, das in Stresssituationen freigesetzt wird.

Dazu bedienten sie sich einer Methode, mit der wir Nervenzellen an- und ausschalten können, um herauszufinden, ob und wie diese Zellen die Angstreaktion beeinflussen. Die Optogenetik genannte Methode setzt Licht zur Kontrolle der Aktivität von Nervenzellen ein. Labormäuse wurden gentechnisch so modifiziert, dass sie in bestimmten Nervenzellen im erweiterten Amygdala-Komplex ein lichtempfindliches Protein produzieren. Durch die Bestrahlung mit lichtleitenden Fasern in blau oder gelb ließ sich die jeweilige Zelle an- oder ausschalten.

Beim Vergleich fanden die Wissenschaftler heraus, dass Mäuse, deren Neuronen angeschaltet waren, weniger ängstlich waren als diejenigen, bei denen die entsprechenden Neuronen abgeschaltet waren.

Um mehr zu erfahren, erhoben die Forscher die Kortisolwerte. Kortisol ist ein Hormon, das angemessene Stressreaktionen steuert. Die Forscher verglichen die Mäuse mit angeschalteten Neuronen mit einer Kontrollgruppe. Erstere hatten niedrigere Gesamtwerte und es dauerte weniger lang, bis ihre Kortisolwerte sich nach einem Stress auslösenden Ereignis normalisierten.

Durch ihre Experimente konnten die Wissenschaftler erstmals die Lage und Funktion der Neuronen ermitteln, die die Angstreaktion auf Stress innerhalb des erweiterten Amygdalakomplexes regulieren.



 

Zellen auch bei Entwicklung einer Posttraumatische Belastungsstörung beteiligt

Wenn diese Neuronen die Angstreaktion regulieren, dürften sie auch an der Posttraumatischen Belastungsstörung beteiligt sein. Um die näheren Zusammenhänge zu verstehen, setzten die Forscher die Mäuse einem traumatischen Ereignis aus. Anschließend wurden die Tiere in eine neue Umgebung gesetzt und an das traumatische Ereignis erinnert. Dadurch werden bei manchen Mäusen und auch bei Menschen Symptome von PTBS hervorgerufen. Kurz nach dieser Konfrontation wurden bei einigen Mäusen die just entdeckten Nervenzellen mit Hilfe lichtleitender Fasern angeschaltet. Eine Woche später wurden alle Mäuse auf Anzeichen für eine Posttraumatische Belastungsstörung getestet. In der Kontrollgruppe, in der die Zellen nicht bestrahlt worden waren, zeigten rund 42 Prozent der Mäuse PTBS-ähnliche Symptome, während nur acht Prozent derer, bei denen die Zellen angeschaltet waren, Anzeichen der Erkrankung zeigten.

Das Anschalten dieser speziellen Neuronen verbesserte die Fähigkeit der Mäuse, sich von der traumatischen Erfahrung zu erholen und mit den Symptomen der PTBS fertig zu werden. Die exakte Lokalisierung der beteiligten Neuronen und Rezeptoren könnte von entscheidender Bedeutung sein. Je besser wir die Mechanismen des Gehirns verstehen, die die Stressreaktion regulieren, umso besser können wir Medikamente entwickeln, mit denen wir Angsterkrankungen gezielter und hoffentlich auch effektiver behandeln können.




Quelle:

http://www.psych.mpg.de/2225510/pm1572-stressreaktion-angst

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