Dienstag, April 16, 2024

Plasmapherese in der Transplantationsmedizin

Vor allem im Bereich der Lebendspende haben die Plasmapherese und die Immunadsorption die Möglichkeiten in den letzten Jahren massiv erweitert.

Bedeutung von Plasmapherese und Immunadsorption. Im Gegensatz zur Transplantation von Organen von Verstorbenen kann der Zeitpunkt der Operation bei einer Lebendspende a priori genau festgelegt werden und so ist es möglich, durchaus komplexe, aber inzwischen sehr gut evaluierte Therapieprotokolle einzuhalten. Prinzipiell können zwei Arten von sogenannten „präformierten“ Antikörpern, die durch extrakorporale Therapieverfahren eliminiert werden können, eine Lebendspende erschweren.

 

Antikörper als Hindernis für Transplantationen

Jene, die gegen bestimmte fremde Gewebemerkmale (HLA-Antigene) gerichtet sind, können im Rahmen von Bluttransfusionen, Schwangerschaften oder vorangegangenen Transplantationen entstehen. Wenn nun der potentielle Spender zufällig ebenfalls Träger dieser Antigene ist, würde es bei einer Transplantation zu einer akuten, sogenannten humoralen (also primär durch Antikörper vermittelten) Abstoßung kommen, die fast immer zum Verlust des Organs führt. Diese Antikörper können durch das sogenannte „Cross Match“, bei dem das Blut des Empfängers mit Zellen (Leukozyten) des Spenders in vitro vor der Operation in Kontakt gebracht wird, erkannt werden. Bis zu 20% der DialysepatientInnen weisen eine hohe Aktivität dieser Antikörper auf, die natürlich die Suche nach einem geeigneten Transplantat von Verstorbenen erschweren. Dies verlängert die Wartezeit und erhöht damit das Risiko von Dialyse-assoziierten Komplikationen deutlich, obwohl z. B. im EUROTRANSPLANT-Bereich (jene Organisation, die für die Organzuteilung u. a. auch in Österreich zuständig ist) eigene Allokationsprogramme für die Betroffenen entwickelt wurden. Darüber hinaus kann natürlich auch eine potentielle Lebendspende häufig nicht realisiert werden.

Eine andere Möglichkeit, wie diese Antikörper eine Transplantation verhindern, liegt dann vor, wenn zwischen dem potentiellen Spender und Empfänger eine Blutgruppenunverträglichkeit besteht. Ein Patient mit der Blutgruppe 0 hat z. B. Antikörper gegen die Blutgruppen A und B. Wenn der Spender nicht ebenfalls Blutgruppe 0 hat, war lange Zeit eine Transplantation unmöglich.

 

Mittels Plasmapherese werden Antikörper entfernt

Da die Zahl der PatientInnen, die bereits einmal transplantiert wurden und damit „vorsensibilisiert“ sind, deutlich zunimmt, hat man Protokolle entwickelt, die auf diesen Umstand gezielt eingehen. Vor allem im angloamerikanischen Raum wird die sogenannte „paired kidney donation“ forciert. Bei dieser werden inkompatible Empfänger / Spenderpaare ausgewählt, bei denen eine „Kreuztransplantation“ organisiert wird (also jeweils der Spender eines Paares dem Empfänger des anderen Paares das Organ zur Verfügung stellt). In Europa wird hingegen häufig ein sogenanntes „Desensibilisierungsprotokoll“ durchgeführt, bei dem eben mittels Plasmapherese die präformierten Antikörper vor der Transplantation entfernt werden und die Gabe von immunsuppressiven Substanzen deren Neubildung reduziert. Interessant ist, dass die Neubildung z. B. bei einer Blutgruppenunverträglichkeit nicht vollständig unterdrückt werden kann, es aber trotzdem nicht zu Abstoßungsreaktionen kommt. Dieses Phänomen welches als „Akkomodation“ bezeichnet wird, ist derzeit der Fokus der Forschung, da es eine Möglichkeit darstellt, Mechanismen der Immuntoleranz zu studieren.

Neben diesen Indikationen werden die Plasmapherese und die Immunadsorption aber auch inzwischen in der Therapie der Antikörper-mediierten Abstoßung nach der Transplantation eingesetzt. Obwohl es Berichte über eine gute Effizienz bei akuten Reaktionen gibt, kann bislang ein chronischer Prozess nicht optimal behandelt werden. Allerdings ist zu hoffen, dass auch hier die derzeit noch nicht definierte ideale Kombination von extrakorporaler Therapie mit medikamentöser Immunsuppression Fortschritte mit sich bringen wird, die das Langzeitüberleben von Transplantaten verbessern.

Quelle:

Statement » Apherese – Blutwäsche: Hocheffiziente Therapieoption mit enormem Potenzial – Die Bedeutung der Apherese in der Transplantationsmedizin « von Univ.-Prof. Dr. Kurt Derfler, AAA – Austrian Apheresis Association

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