Dienstag, April 16, 2024

Phosphatidylcholin bei Colitis ulcerosa

Retardiertes Phosphatidylcholin wirkt gegen Störung der intestinalen Barriere und zeigt positive Effekte bei Mesalazin-refraktärer Colitis ulcerosa.

Phosphatidylcholin bezeichnet eine Gruppe chemischer Verbindungen – bekannter ist die Bezeichnung Lecithin. Phosphatidylcholin ist ein Glycerophospholipid, dass sich aus Fettsäuren, Glycerin, Phosphorsäure und Cholin zusammensetzt und der Gruppe der komplexen Phospholipide zugehörig ist. Phospholipide sind Bestandteile der Zellmembran tierischer und pflanzlicher Lebewesen und besitzen einen hydrophilen Kopf und zwei hydrophobe Kohlenwasserstoffreste.

 

Bedeutung von Phosphatidylcholin für die Darmgesundheit

Phosphatidylcholin ist wichtiger Bestandteil der Schleimhaut des Dickdarms, die eine fest haltende Schleimschicht bildet, so Giftstoffe und Bakterien von den Darmzellen fern hält und vor Entzündungen schützt. Es bindet den Schleim an die Schleimhaut und unterstützt die Entstehung dieser Schleimbarriere.

Phosphatidylcholin hält als Fett die wässrige Lösung, in der sich der Darm dauerhaft befindet, fern und verhindert, dass die Schleimhaut aufweicht und Fremdstoffen, toxischen Substanzen und Krankheitserregern Angriffsflächen bietet.

Für die antientzündliche Behandlung chronisch entzündlicher Darmerkrankungen wie der Colitis ulcerosa (und Morbus Crohn) kommen verschiedene Wirkstoffe in Frage, die je nach Schweregrad der Erkrankungen eingesetzt werden. Bei der medikamentösen Therapie mit 5-ASA, Budesonid, konventionellen Steroiden und zahlreichen Biologika wird allerdings nicht eine zentrale pathophysiologische Ursache der Colitis ulcerosa angegfriffen: nämlich an der Störung der intestinalen Barriere. Mit retardiertem Phosphatidylcholin (LT-02) soll genau das geschehen.

 

Phosphatidylcholin bei Störung der intestinalen Barriere

Colitis ulcerosa breitet sich kontinuierlich im Rektum beginnend meist auf das ganze Colon aus. Es kommt zur oberflächlichen Entzündung der Darmschleimhaut, der Mukosa – Erosionen, Ulzerationen, Geschwüren und Blutungen. Die Oberfläche der Schleimhaut wird reduziert, der Dickdarm ändert sein Aussehen durch Vernarbungsprozesse und seine Funktion beeinträchtigt, nämlich den Stuhl einzudicken, um für den Körper wertvolle Flüssigkeiten zurück zu gewinnen.

Heidelberger Wissenschaftler konnten bereits vor mehreren Jahren zeigen, dass Phosphatidylcholin aktiv in den Schleim der Darmschleimhaut ausgeschieden wird. Dies geschieht verstärkt im letzten Teil des Dünndarms, weniger im Dickdarm, wenngleich Phosphatidylcholin dort im Schleim nachweisbar ist. Dieser lockere sitzende Schleim wird zusammen mit der Aufnahme der Gallensäuren im Dünndarm fest an die Oberfläche des Darms gebunden und bewegt sich so langsam als Schutzbarriere im Dickdarm abwärts bis zum Enddarm. Die Forscher stellten, dass die Phosphatidylcholin-Konzentration im Schleim des Dickdarms bei Patienten mit Colitis ulcerosa deutlich vermindert und dieser Mangel ursächlich an der Entstehung der Colitis ulcerosa beteiligt ist.

Durch den Mangel an Phosphatidylcholin ist die Fettschutzschicht beeinträchtigt, wässrige Bestandteile aus dem Darminhalt können dadurch in direkten Kontakt zur Darmwand treten und die darin enthaltene Krankheitserreger, Fremdkörper und Giftstoffe verursachen Gegenreaktionen des Immunsystems nebst Entzündung. Diese die Entzündung letztlich schädlicher ist als die eigentlichen Fremdstoffe, hilft es auch, wenn durch Cortison, Immunsuppressiva (Azathioprin, 6-Mercaptopurin) oder die sogenannten Biologika (Infliximab) die Entzündung unterdrückt wird.

Retardiertes Phosphatidylcholin wirkt dem entgegen. Dass dieses Wirkprinzip erfolgreich sein könnte, zeigten beispielweise Daten einer randomisierten, plazebokontrollierten Studie an 156 Patienten mit Mesalazin-refraktärer Colitis ulcerosa. Mehrere weitere Phase-III-Studien sind derzeit am Laufen. Zuvor konnte in einer ersten Studie gezeigt werden, dass ein Granulat deutlich wirksamer als Placebo war. In einer weiteren Studie wurde die optimale Dosis des retardierten Phosphatidylcholins gefunden. Dabei wurden auch Patienten mit Pancolitis ulcerosa eingeschlossen – mit guter Wirksamkeit des Präparates ohne weitere Nebenwirkungen.

Related Articles

Aktuell

Ernährung bei Frauen in der Perimenopause

Der Einfluss des Zustands der Ernährung von Frauen in der Perimenopause ist ein wichtiger Faktor für deren Gesundheit und Lebensqualität. Der Zustand der Ernährung spielt...
- Advertisement -

Latest Articles

Warum HIV trotz Kombinationstherapie höchst aktiv sind

Neue Herausforderungen in der HIV-Behandlung sind, dass aktive HI-Viren trotz Kombinationstherapie weiterhin aktiv bleiben. Die HIV-Kombinationstherapie, eingeführt in den 1990er Jahren, gilt als Meilenstein in...

Partnerschaft mit Diabetes-Patienten: auch die Partner profitieren von Einbeziehung

Den Partner in die Diabetes-Behandlung zu integrieren, verbessert die Partnerschaft und das gemeinsame Wohlbefinden. Diabetes Typ-2 stellt nicht nur für die Betroffenen, sondern auch für...

Medikamente können die Sicherheit beim Fahren beeinträchtigen

Vorsicht im Verkehr: Die Einnahme mancher Medikamente können die Sicherheit beim Fahren beeinträchtigen, weil sie beispielsweise die Reaktionsfähigkeit im Straßenverkehr herabsetzen. Die Einnahme bestimmter Medikamente...