Dienstag, März 19, 2024

Die Palliative Therapie erlangt immer mehr Bedeutung in der Geriatrie: Palliative Therapie und Palliativbetreuung in der Geriatrie

Die palliative Therapie auf dem Gebiet der Geriatrie erlangt sukzessiv immer mehr Bedeutung, in unseren Breiten ist die Palliativbetreuung gut etabliert.

Bei geriatrischen Patienten ist die palliative Therapie nach wie vor vielfach logischer Bestandteil des Betreuungsregimes praktisch tätiger Ärzte. Bedauerlicherweise haben palliative Therapie und Palliativbetreuung in Neurologie und Geriatrie noch immer nicht die wissenschaftliche Bedeutung und den organisatorischen Stellenwert erhalten, die ihnen zustehen würden.

Die palliative Therapie in der Medizin hat vor dem Hintergrund der internationalen Hospizbewegung in den letzten Jahren in Europa, insbesondere in onkologischen Betreuungskontexten, große Bedeutung erlangt und ist mittlerweile gut etabliert.

Ungeachtet dessen, war es bisher offenbar nur ansatzweise möglich, ein entsprechendes Konzept auch innerhalb der Geriatrie zu implementieren, obwohl es gerade hier enormen Bedarf gäbe. Heutzutage setzen auch viele Gesundheitsprojekte für die Palliativpflege auf gemeindebezogene Initiativen, um Menschen mit Palliativversorgung und deren Angehörige zu unterstützen.

 

Palliative Therapie und Palliativbetreuung in der Neurologie

Einer weiland durchgeführten norwegischen, prospektiven Studie zufolge litten Pflegeheimbewohner in den letzten 24 Stunden ihres Lebens an behandlungsbedürftigen Symptomen wie Schmerzen, Luftnot, Todesrasseln und Angst. 179 Sterbephasen wurden analysiert, 83% dieser Patienten brauchten Opioide, 37% Scopolamin 12% Benzodiazepine und 3% Haloperidol (Sandgathe Husebö B., Husebö S., Bergen).

Die Autoren der Studie forderten bereits 2001 palliativ­medizinische Behandlungskonzepte für alle älteren Patienten in geriatrischen Kliniken und Pflegeheimen. Die palliative Therapie will die Lebensqualität von Patienten mit schweren oder fortgeschrittenen Erkrankungen verbessern. Letztendlich ist sie auch in jedem Stadium der Erkrankung geeignet, auch zum Zeitpunkt der Diagnose.

Tatsächlich haben Patienten mit einer Vielzahl neurologischer Erkrankungen wie Parkinson und Demenz, amyotropher Lateralsklerose, Gehirntumoren und Schlaganfall sowie akuten neurologischen Erkrankungen einen erheblichen Bedarf an spezieller palliativer Behandlung.

Deswegen sollten sehr umfassende Behandlungsansätze sollten die körperlichen, psychischen, sozialen und spirituellen Aspekte der Pflege berücksichtigen. Damit man das Leiden der Betroffenen reduzieren kann.

Unter dem Strich ist es daher von großer Bedeutung, dass palliative Therapie und Palliativbetreuung in der Neurologie, aber auch Geriatrie, stärker in den Blickpunkt der Medizin, aber auch der Bevölkerung und der Politik rückt.

 

Palliative Care – Palliativmedizin

Laut WHO-Definition versteht sich Palliativmedizin (» Palliative Care « – palliative Therapie) als „aktive, ganzheitliche Behandlung von Patienten mit einer progredienten, weit fortgeschrittenen Erkrankung und einer begrenzten Lebenserwartung zu der Zeit, in der die Erkrankung nicht mehr auf kurative ­Behandlung anspricht und die Beherrschung der Schmerzen, anderer Krankheitsbeschwerden sowie psychologischer, sozialer und spiritueller Probleme höchste Priorität besitzt“. Gerade bei betagten Patienten sind die Voraussetzungen für eine palliativmedizinische Ausrichtung der Therapie meist mehr als erfüllt:

  • erstens chronisch unheilbare Erkrankungen,
  • zweitens eine weit fortgeschrittenes Krankheitsbild, und
  • drittens eine begrenzte Lebenserwartung.

Ziel der Behandlung kann also sehr häufig nur eine symptomatische Therapie zur Verbesserung bzw. zum Erhalt der Lebensqualität sein, unter Zuhilfenahme eines interdisziplinären Betreuungskonzeptes und Einbeziehen der Angehörigen.

 

Palliative Therapie am Lebensende

Schließlich ist ein weiterer Schwerpunkt des palliativmedizinischen Ansatzes die Berücksichtigung der ethischen Aspekte am Lebensende. Deswegen haben Respekt vor der Autonomie des Patienten und die Berücksichtigung seiner Wünsche in Bezug auf lebensverlängernde Maßnahmen große Bedeutung.

Ein Gespräch über derartige Betreuungsaspekte setzt entsprechende soziale und kommunikative Kompetenz der Betreuer sowie entsprechende Rahmenbedingungen (Zeit!) voraus, was die Umsetzung in einem herkömmlichen Krankenhaus oder Pflegeheim schwierig macht.


Aspekte der Palliativbetreuung

Bejaht das Leben und betrachtet das Sterben als natürlichen Prozess.

Verzögert oder beschleunigt das Sterben nicht.

Sorgt für die Behandlung von Schmerzen und anderen belastenden Symptomen.

Integriert psychologische und spirituelle Aspekte in die Betreuung der Patienten.

Bietet Unterstützung an, das Leben so lange wie möglich aktiv zu leben bis zum Tod.

Bietet den Angehörigen Hilfe bei der Bewältigung der Krankheitssituation und in der

Trauerphase an.


Bei geriatrischen Patienten stellen die oftmals einschränkte Kommunikationsfähigkeit sowie die eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten des Patienten diesbezüglich eine besondere Herausforderung dar. Deswegen sollten auch alle diese Aspekte in Betreuungseinrichtungen für palliativ-geriatrische Patienten Beachtung finden.

Das Wissen um die palliativmedizinische Symptomkontrolle durch Einsatz geeigneter Medikamente beispielsweise bei Schmerzen, Luftnot, gastrointestinalen Sym­p­tomen oder Verwirrtheitszuständen ist in den letzten Jahren durch die Bemühungen der Hospiz- und Palliativbewegung schon weit verbreitet, was ­sicherlich einen bedeutenden Benefit für viele – auch geriatrische – Patienten darstellt.

 

Palliative Therapie für alle

Subjektiv betrachtet macht es für den betroffenen älteren Patienten wenig Unterschied, ob er wegen eines metastasierten Karzinoms oder einer höher gradigen Herzinsuffizienz an Luftnot leidet. In beiden Fällen ist die Lebenserwartung etwa gleich schlecht, aber die Chance, palliativmedizinischen Support zu bekommen, ist in ersterem Fall bedeutend größer.

Besonders wenn es um die stationäre Aufnahme in eine palliativmedizinische Einrichtung geht, zeigt sich, dass etwa 95% der Patienten, die auf einer Palliativstation oder Hospizstation aufgenommen werden, onkologische Grundkrankheiten in ihren Diagnosen haben. Deswegen gibt es hier laut Experten nach wie vor großen Handlungsbedarf.


Literatur:

Sandgathe Husebø B1, Husebø S.[Palliative care – also in geriatrics?]. Schmerz. 2001 Oct;15(5):350-6.

Robinson MT, Holloway RG. Palliative Care in Neurology. Mayo Clin Proc. 2017 Oct;92(10):1592-1601. doi: 10.1016/j.mayocp.2017.08.003.

Chung A, Collier A, Gott M. Community-led and/or focused initiatives to support family carers within a palliative care context: An integrative review. Palliat Med. 2018 Dec 5:269216318813813. doi: 10.1177/0269216318813813. [Epub ahead of print]


Quelle:

Palliative Therapie in der Geriatrie. OA Dr. Brigitte Fröhlich. MEDMIX 1-2/2008

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