Donnerstag, März 28, 2024

Osteoporose-Therapie und Prävention gegen Knochenbrüche

Eine rechtzeitige, optimale Osteoporose-Therapie kann neue Knochenbrüche verhindern, wobei auch der effektiven Prävention große Bedeutung zukommt.

Ziel von Osteoporose-Therapie und Prävention ist es, das Risiko für Knochenbrüche und den Knochenverlust zu verringern, weiter Behinderungen vorzubeugen und Schmerzen zu kontrollieren. Europaweit zählt Osteoporose jedenfalls aufgrund des erhöhten Risikos für Knochenbrüche heute zu den kostenintensivsten chronischen Krankheiten. Das ist vergleichbar mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Dabei fehlt oft die Diagnose und dann natürlich auch die wirksame Osteoporose-Therapie. Deswegen erleiden auch von den über 50-Jährigen etwa die Hälfte der Frauen sowie ein Drittel der Männer eine Fraktur beziehungsweise einen Knochenbruch.. Die Kosten der medizinischen Versorgung einer Schenkelhalsfraktur betragen etwa 12.500 Euro. Die Betreuungs- und Rehabilitationskosten sind dann noch um 2,5- bis 3-mal höher. EU-weit werden die jährlichen Kosten in Folge von Frakturen auf über 30 Milliarden Euro geschätzt. Dabei kommt es in den nächsten Jahrzehnten infolge der steigenden Lebenserwartung vermutlich zu einer Verdoppelung der Zahl. Eine optimale Osteoporose-Therapie aber auch Maßnahmen zur Prävention vor allem vor Knochenbrüche sind deswegen von immenser Bedeutung.



 

Empfehlungen zur Osteoporose-Prävention gegen Knochenbrüche

Im Rahmen der Möglichkeiten zur Prävention der Osteoporose weisen Experten verstärkt auf Risikofaktoren in jungen Jahren hin. Beispielsweise manifestiert sich ein Bewegungsmangel oft schon in der Kindheit oder Essstörungen in der Jugend. Die Abschätzung des individuellen Frakturrisikos ist dabei intensiver vorzunehmen. Von Bedeutung ist auch, dass man prospektive Studien zur Prävention durchführt, denn diese sind zu Osteoporose nach wie vor spärlich zu finden.

Bei der Diagnostik liegen 30% der EU-Länder klar im Hintertreffen. Bedeutend ist, dass die Knochendichtemessung um das 50. Lebensjahr erfolgt, da sich der größte Knochenverlust bei der Menopause ereignet und nicht erst ab dem 65. Lebensjahr. Die Indikation für eine Knochendichtemessung muss natürlich differenziert gesehen werden und bedarf auf jeden Fall einer rechtzeitigen und regelmäßigen Untersuchung, um festzustellen, ob die Patientin in die Risikogruppe fällt.



 

Effektive Strategien zur Osteoporose-Therapie und Prävention

Nur jeder zehnte betroffene Patient erfährt eine adäquate Osteoporose-Therapie und vor allem auch Prävention. Grund dafür sind das geringe Wissen der Betroffenen und andererseits die Tatsache, dass beginnende Osteoporose keine deutlichen Symptome zeigt, die den Betroffenen beunruhigen.

Trotzdem glauben acht von zehn Frauen nicht, dass sie ein persönliches Osteoporose-­Risiko haben, obwohl 40% aller Frauen über 50 eine erhöhte Anfälligkeit für Knochenbrüche haben. Zudem erleidet jeder achte Europäer über 50 eine Wirbelkörperfraktur. Nur der rechtzeitige Beginn einer optimalen Osteoporose-Therapie kann die steigende Häufigkeit solcher Knochenbrüche verhindern.



 

Die Therapie von Osteoporose besteht im ersten Schritt aus grundlegenden, nichtpharmakologischen Maßnahmen. Dazu zählen Sport und Übungen mit körperlicher Belastung sowie Übungen zur Verbesserung des Gleichgewichts und der Körperhaltung. Wichtig sind auch Änderungen bei der Ernährung, die reich an Vitamin D und Kalzium sein sollte. Raucherentwöhnung und reduzierter Alkoholkonsums runden die Nichtpharmakologische Behandlung ab.

Im zweiten Schritt sind spezielle Verschreibungen von Medikamenten erforderlich. Medikamentengruppen werden in antiresorptive (antikatabolische) Medikamente, anabole Medikamente und Kombinationen von Arzneimitteln unterteilt.

Die Osteoklasten, die knochenabbauenden Zellen, bleiben die Hauptziele der medizinischen Intervention. Obwohl neuerdings immer öfter auch Osteoblasten im Interesse der Forschung stehen. Der Wnt-Signalweg ist auch bei Osteoporose zu einem faszinierenden Ansatz für neue medizinische Interventionen geworden.

Basistherapie

Kalzium und Vitamin D

Auch in Hinblick auf die Gesamtkosten ist für den Patienten ein optimales Konzept für die Osteoporose-Therapie zu fordern. Adäquate Versorgung mit Kalzium und Vitamin D Bedingt durch die abnehmende Absorptionsfähigkeit für Kalzium mit fortschreitendem Lebensalter kann eine negative Bilanz bei Kalzium entstehen und in weiterer Folge das Parathormon erhöht sein.

Ebenso nimmt mit dem Alter die Wahrscheinlichkeit eines relativen Vitamin D-Mangels zu. Vor vorzeitiger Mobilisierung von Kalzium aus dem Skelettsystem und Knochenmasseverlust schützt eine ausreichende Versorgung mit Kalzium.

Generell empfehlen Experten heute als Basistherapie die aktualisierte tägliche Supplementation von 700 bis 1.200 mg Kalzium, eventuell in Kombination mit 800 IE Vitamin D oder mehr empfohlen, auch im Sinne der Prävention von Osteoporose. In der älteren Version des Beitrags waren es 500-1.000mg Kalzium und 400-800 IE Vitamin D. Da das Vitamin D fettlöslich ist, sollte die zusätzliche Gabe für eine optimale Resorption mit der Mahlzeit erfolgen.



 

Hemmung der ­Knochenresorption

Bisphosphonaten

Die Gabe von Bisphosphonaten führt zu einer Hemmung der Knochenresorption. Die Wirkung beruht einerseits auf direkten Effekten am Osteoklasten und andererseits auf einer indirekten Wirkung am Osteoblasten. Trotz des häufigen Einsatzes von Bisphosphonaten – in zunehmendem Ausmaß auch der parenteralen – fehlen einheitliche Richtlinien zur optimalen Behandlungsdauer.

Raloxifen

Die Wirkung des selektiven Östrogenrezeptor-Modulators (SERMs) Raloxifen ist je nach Gewebe östrogen-agonistisch oder -antagonistisch. Am Knochen sowie auf den Lipidmetabolismus ist die Wirkung östrogen-agonistisch, am Endometrium und Mamma-Gewebe hingegen östrogen-antagonistisch. Besonders bei postmenopausalen Frauen mit niedriger Knochendichte, bestehendem Verdacht auf Osteoporose und – soweit abschätzbar – geringem Risiko für eine Schenkelhalsfraktur, ist Raloxifen eine gute primäre Behandlungsoption.

Denn diese Osteoporose-Therapie erhöht die Knochenmasse und vermindert signifikant die Anzahl neuer Wirbelkörperfrakturen. Unabhängig davon, ob bereits Wirbelkörperfrakturen vorliegen oder nicht. Dabei ist Raloxifen in Bezug auf die Wirbelkörperfraktur-Prävention durchaus mit Bisphosphonaten vergleichbar. Zusätzlich ist das Risiko reduziert, an einem Mammakarzinom zu erkranken und bei Patienten mit erhöhtem kardiovaskulären Grundrisiko ergaben Subgruppenanalysen eine niedrigere Ereignisrate kardiovaskulärer Komplikationen.

Calcitonin

Positive Effekte von Calcitonin auf die Knochendichte und das vertebrale Frakturrisiko wurden mit einer Dosierung von 200 IU täglich und kontinuierlich erzielt.

Steigerung der ­Knochenneubildung

Parathormon

Im Gegensatz zu Bisphosphonaten, die hauptsächlich die Knochenumbaurate senken und den durchschnittlichen Mineralisationsgrad der Knochenmatrix erhöhen, führt der Wirkungsmechanismus von Parathormon zu einer Zunahme der eigentlichen Knochenmasse. Die Therapiedauer beschränkt sich entsprechend der Studiendaten auf 18 Monate. Um die neue Knochenmasse erhalten zu können, muss anschließend eine antiresorptive Therapie folgen.

Steigerung von Knochenneubildung und Hemmung der Resorption

Strontiumranelat

Zu einer deutlich besseren Knochenqualität führt die gleichzeitige Stimulation der Knochenformation und Hemmung der Knochenresorption durch Strontiumranelat. Es ist die einzige Substanz, die diese synchrone Wirkung zeigt und damit zu einem positiven, physiologischen Gleichgewicht des Knochenstoffwechsels führt. In klinischen Studien an postmenopausalen Frauen konnte gezeigt werden, dass Strontiumranelat zu einem jährlichen Anstieg der Knochendichte um 7,3% und zu einer Reduktion des relativen Risikos vertebraler Frakturen um 44% führt. Auch eine signifikante Abnahme des relativen Risikos für eine oder mehrere nicht-vertebrale Frakturen und für Hüftgelenkfrakturen um 41% wurde deutlich.

Antikörper-Therapie

Denosumab

Die hochaffine Bindung an RANKL erklärt die Wirkung von Denosumab als humaner monoklonaler Antikörper aus der Gruppe der RANK-Ligand-Inhibitoren. Das führt dann dazu, dass die Interaktion mit RANK blockiert wird. RANK ist wiederum dafür zuständig, dass Vorläuferzellen in Osteoklasten umgewandelt werden, woraus die Knochenresorption resultiert. Wenn dieser Signalweg durch Denosumab gehemmt wird, so kommt es zu keinem Knochenabbau mehr. Zudem erhöht Denosumab soll die Masse und Stärke der Knochen erhöhen, was wiederum das Risiko für Brüche verringert. Das Arzneimittel alle 6 Monate subkutan gespritzt, was die Compliance gut fördert. Die Patienten müssen übrigens eine ausreichende Kalzium- und Vitamin D-Supplementation erhalten.

Romosozumab

Romosozumab stimuliert die Knochenbildung und hemmt gleichzeitig die Knochenresorption. Der Anti-Sklerostin-Antikörper ist eben gegen Sklerostin, das als negativer Schlüsselregulator der Knochenbildung fungiert, gerichtet. Sklerostin verhindert wiederum die Aktivierung des kanonischen Wnt-Signals im Knochen. Das führt dann zu einer verminderten Knochenbildung. Im Grunde genommen kommt Romosozumab in monatlichen Dosen von 210 mg subkutan bei postmenopausalen Frauen mit Osteoporose und Knochenbrüchen zum Einsatz.

Im Jahr 2016 haben Forscher über 7000 Frauen mit einer niedrigen Knochenmineraldichte monatlich subkutan behandelt und mit Placebo verglichen. Und zwar hatten die Patientinnen ein Jahr lang vorher eine Therapie mit Denosumab bekommen. Im Vergleich zu Placebo war das Risiko für weitere Wirbelkörperfrakturen um 73% geringer. Die Rate nichtvertebraler Frakturen war ebenfalls niedriger.



 

Compliance in der Osteoporose-Therapie fördern

Unter dem Strich müssen Ärzte alle Anstrengungen unternehmen, um die Compliance der Patienten in der Osteoporose-Therapie sicherzustellen.

Nach einem Jahr nehmen bereits 20% der Patienten, nach zwei Jahren 50% und nach drei Jahren 80% die Medikamente nicht mehr regelmäßig ein. Von Bedeutung sind effektive Präventionsstrategien im Sinne der Frühprävention sowie der primären Frakturprävention.

Überlegungen zur Nachbehandlung

Die Dauer der Osteoporose-Therapie hängt von der verwendeten Medikamentenklasse ab. Wirkstoffe wie Teriparatid und hormonelle Therapien erfordern eine sofortige Nachbehandlung mit einem anderen Wirkstoff nach Absetzen des Arzneimittels. Denn sonst kann die Knochenmasse schnell wieder verloren gehen.

Unter dem Strich warnen Experten davor, dass man mehr als 3 bis 5 Jahre ohne Unterbrechung eine Bisphosphonat-Therapie verschreibt.

Die Patienten sollten auf diese potenzielle Nebenwirkungen aufmerksam gemacht werden. Außerdem sollten sie sofort eine intensive Behandlung bekommen, wenn sie leichte Oberschenkelbeschwerden haben.

Der Patienten sollten dann unverzüglich die Bisphosphonat-Therapie abbrechen. Zudem sollten sie alle Aktivitäten stoppen, die den Oberschenkel belasten.

Notwendige sind Röntgenaufnahmen von Oberschenkelknochen und Hüfte in voller Länge. Oberschenkelschmerzen können auf eine bevorstehende pathologische, atypische Femurfraktur hinweisen.


Literatur:

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Quelle:

Prävention und Osteoporose-Therapie. Univ.-Prof. Dr. Heinrich Resch. MEDMIX 7/2006

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