Donnerstag, April 25, 2024

Organ Care System: Organbehandlung außerhalb des Körpers

Um eine schwere Lungenentzündung mit hundertfacher Antibiotikadosis behandeln zu können, wurde nun das Organ Care System im Tiermodell erfolgreich getestet.

Für schwere Lungenentzündungen gibt es wegen der immer größer werdenden Problematik der Antibiotikaresistenzen sehr oft keine wirksamen Therapiealternativen mehr. Experten haben nun erstmals mit dem Organ Care System (OCS) erfolgreich eine von antibiotikaresistenten Bakterien verursachte Lungenentzündung außerhalb des Körpers behandelt. Das Organ Care System bringt dabei den großen Vorteil, dass zur Behandlung einer explantierten Lunge sehr hoch dosierte Antibiotika eingesetzt werden können – Dosierungen, die ansonsten aufgrund der Nebenwirkungen für den Körper nicht zumutbar wären. Die Wissenschaftler der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) veröffentlichten ihre Ergebnisse im Fachjournal „PLoS One“.

Behandlung mit hoch dosierten Antibiotika in einem Organ Care System

In der Pilotstudie wurde in der Behandlung von Schweinen, die an schwerer Lungenentzündung erkrankt waren, untersucht, ob sich die Anwendung mit hoch dosierten Antibiotika in einem Organ Care System (OCS) als neue Therapie für ansonsten unheilbare antibiotikaresistente Lungeninfektionen eignet. Team um Professor Dr. Axel Haverich, Direktor der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie behandelte zum einen erkrankte Tiere mit der für den Körper verträglichen Dosis des Antibiotikums Colistin, und zum anderen den explantierten erkrankten Lungenflügel im Organ Care System mit der hundertfachen Dosis des Antibiotikums. „Eine solche Dosis wäre für den Patienten nicht verträglich. Sie würde zu Nierenversagen und Schäden am zentralen Nervensystem führen“, erklärt Dr. Norman Zinne, Facharzt in der Klinik für Herz-, Thorax-, Transplantations- und Gefäßchirurgie.

Colistin ist ein Antibiotikum, das bereits seit den fünfziger Jahren bekannt ist, aufgrund seiner für den Körper giftigen Eigenschaften bisher jedoch nur sehr selten verwendet wurde. Bedingt durch das Auftreten von antibiotikaresistenten Bakterien wird Colistin seit einiger Zeit auch vermehrt als Reserveantibiotikum zur Behandlung von Lungenentzündungen eingesetzt, die durch das antibiotikaresistente Bakterium Pseudomonas aeruginosa verursacht werden.

Um die Infektion der Lunge im Organ Care System zu behandeln, explantierten die Ärzte zunächst den betroffenen Lungenflügel und implantierten ihn in ein Organ Care System. Das Organ Care System ist ein mobiles Gerät für die ex vivo-Lungenperfusion. In dem Gerät wird das Organ körperwarm transportiert, von Spenderblut durchflossen und mit Nährstoffen versorgt – oder eben auch mit Antibiotika. Die Lunge wird im Organ Care System während der Behandlung beatmet und kann sich so selbst mit Sauerstoff versorgen.

Nach der zweistündigen Behandlung implantierten die Ärzte den Lungenflügel wieder in das Tier. „Während in der nicht behandelten Kontrollgruppe und der konventionellen behandelten Gruppe nur ein Drittel der Schweine die Lungenentzündung überlebte, erholten sich Zweidrittel der Tiere, deren Lungen wir außerhalb des Körpers behandelt haben, von der Erkrankung“, sagt Dr. Zinne. Auch die klinischen Symptome der Infektion waren in der OCS-Gruppe weniger schwerwiegend als in den anderen Gruppen. „Die Ergebnisse zeigen, dass die Behandlung von multiresistenter Lungenentzündung mit sehr hoch dosierten Antibiotika außerhalb des Körpers eine neue therapeutische Strategie für schwer verlaufende Infektionen darstellt, für die es ansonsten keine alternativen Therapien mehr gibt“, sagt Professor Haverich. „Bevor wir die Methode auf den Menschen übertragen können, werden wir zur Sicherheit der Patienten noch weitere Studien im Tiermodell durchführen“, betont er. „Es ist durchaus denkbar, die Methode auf weitere Organe wie das Herz oder andere Therapieoptionen wie Chemo- oder Zelltherapien zu übertragen.“

Quelle und weitere Informationen:

http://www.mh-hannover.de/

http://journals.plos.org/plosone/article?id=10.1371/journal.pone.0193168

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