Donnerstag, März 28, 2024

Mehr als ein kosmetisches Problem: Onychomykosen auf dem ­Vormarsch

Viele Menschen über 50 Jahre weisen irgendeine Form – sei es intertriginös oder onychomykotisch – von Mykose – häufig Onychomykosen – auf.

Dermatomykosen der Haut und des Nagelorgans sind im Vormarsch. Im Kindesalter wird seit 1990 sowohl in den USA als auch in Europa – hier vor allem im urbanen Bereich – eine Zunahme der Kopfpilzinfektionen (Tinea capitis) im Sinne einer »Volksseuche« beobachtet. Ursachen für diese Entwicklung sind sozioökonomische Umstände, die Globalisierung sowie Immigrationsbewegungen. Ebenso sind Onychomykosen immer häufiger.

 

Onychomykosen treten immer öfter auf

In den USA wird eine Onychomykose bereits bei jedem zweiten Fünfzigjährigen mit steigender Tendenz mit zunehmendem Alter angenommen. Als Ursachen für diese Entwicklung werden regelmäßige Nageltraumata (v.a. durch Ausüben von Konditionssportarten wie Joggen etc.), enges Schuhwerk, Durchblutungsstörungen, Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus, orthopädische Fehlhaltungen, Störung der Mikroökologie und natürlich die steigende Lebenserwartung in der Bevölkerung angenommen.

 

Onychomykosen und Hygiene

Die Ursache der Zunahme von Kopfpilzinfektionen wird bei anthropophilen Erregern – von Mensch zu Mensch übertragene Infektionen – vor allem durch das Leben in beengten Familienverhältnissen – und hier in ers­ter Linie unter Immigrationsbedingungen im urbanen Bereich, bei zoophilen Erregern (Übertragung der Pilzinfektion von infizierten oder kolonisierten Tieren) durch den engen Kontakt mit Haustieren wie Katzen und Nagetieren gesehen.

Das zunehmende Auftreten der Onychomykosen betreffend, werden die bereits oben angeführten Aspekte diskutiert, wobei natürlich im Zeitalter von Freizeitboom und Wellness die derzeitige »Freikörperkultur« und der häufige Besuch von Thermen ebenfalls von ursächlicher Bedeutung sein dürfte.

 

Antimykotische Therapie

Die Möglichkeiten der antimykotischen Therapie haben sich seit der Einführung der sogenannten neuen Antimykotika im Jahr 1992 wesentlich geändert. Mykosen, die früher als unheilbar galten – wie beispielsweise die Onychomykosen –, können nun zu einem gewissen Prozentsatz geheilt werden.

Die derzeitige Entwicklung von weiteren neuen antimykotisch wirkenden Substanzgruppen ist derzeit der Therapie von potenziell bedrohlichen Systemmykosen vorenthalten. Das heißt, dass diese Präparate bislang noch keinen Eingang bzw. Lizenzierung zur Behandlung von Dermatomykosen gefunden haben.

Selbstverständlich soll die antimykotische (antimyzetische) Therapie in der Dermatologie »maßgeschneidert« sein. Das heißt, dass bei einer durch Dermatophyten verursachten Onychomykose bewährte Substanzen wie Terbinafin Mittel der Wahl im Sinne einer sogenannten »first-line-drug« sind. Bei Mykosen durch Hefe- oder Schimmelpilze hingegen ist dem Triazol Itraconazol der Vorzug zu geben. Fluconazol hat sich vor allem zur Therapie von Candidosen bewährt.

 

Onychomykosen sind mehr als ein kosmetisches Problem

Die Onychomykose ist mehr als nur ein kosmetisches Übel, es handelt sich bei ihr um eine Infektionskrankheit des Nagelorgans, welche keine Spontanheilung, sondern eine stete Progredienz erwarten lassen muss. Zudem stellt die Pilzinfektion des Nagelorgans eine mögliche Quelle bzw. Transmission für Auto- und Heteroinfektionen dar, d.h. ist epidemiologisch ebenfalls von Bedeutung.

Subjektiv kann die Onychomykose Schmerzen verursachen und die Betroffenen in ihrer Lebensqualität einschränken. Bei ausgeprägter Klinik und entsprechendem Leidensdruck sowie in Abhängigkeit vom Lebensalter und den gesundheitlichen Umständen des Betroffenen ist eine Therapie bzw. ein Therapieversuch ärztlich indiziert.

Die Vorbeugung gegen Onychomykosen beginnt mit der regelmäßigen Inspektion der Füße beziehungsweise des Nagelorgans; zudem empfiehlt sich das Tragen von Hausschuhen in Hotels beziehungsweise auf Reisen, von Badeschuhen in Thermen und Schwimmbädern. Zur sicheren Vermeidung der Aquiration einer Onychomykose ist die Applikation eines topischen Antimykotikums in die Zehenzwischenräume sowie auf die Fußsohlen und die Zehennägel nach jedem Schwimmbad- oder Thermenbesuch empfehlenswert. Im Sommer kann die einmal wöchentliche Anwendung eines pilz-wirksamen Nagellacks auf die Zehennägel präventiv von Vorteil sein.


Literatur:

Möhrenschlager M. Rezepte gegen Nagelpilz [Onychomycosis]. MMW Fortschr Med. 2019 Jun;161(12):43-47. German. doi: 10.1007/s15006-019-0658-6. PMID: 31230308.


Quelle:

Sind die ­Onychomykosen auf dem ­Vormarsch? Dr.Univ.-Prof. Dr. Gabriele Ginter-Hanselmayer im Interview mit Reinhold Lautner. MEDMIX 5/2008.

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