Mittwoch, Mai 1, 2024

Rückenschmerzen behandeln konservativ ohne Operation

Passivität fördernde Therapieverfahren werden kritisch gesehen, stattdessen sollte man symptomatisch medikamentös Rückenschmerzen behandeln.

Schmerz ist ein sinnvolles Frühwarnsystem des Körpers. Schmerzen können aber auch dauerhaft werden, ihre Warnfunktion verlieren und sich verselbstständigen. Im Hinblick auf Rückenschmerzen – Kreuzschmerzen –wird zwischen spezifischen Kreuzschmerzen und nichtspezifischen Kreuzschmerzen unterschieden. Verschiedenste nichtmedikamentöse Maßnahmen und diverse Medikamente stehen zur Verfügung, um wirkungsvoll Kreuzschmerzen oder Rückenschmerzen behandeln zu können.

 

Nichtspezifische und spezifische Kreuzschmerzen abgrenzen

Bei nichtspezifischen Kreuzschmerzen ist die organische Ursache oft nicht erkennbar. Hier sollte man die apparative Diagnostik, einschließlich der Bildgebung, zurückhaltend einsetzen. Und zwar sofern sich aus der Befragung und der körperlichen Untersuchung kein Verdacht auf gefährliche Ursachen ergibt. Auch sollte man eine Wiederholung der bildgebenden Diagnostik bei klinisch unverändertem Beschwerdebild keines durchführen. Wenn aber nach vier bis sechs Wochen keine Besserung eintritt und die Schmerzen den Patienten im Alltag behindern, dann sollte man den Einsatz bildgebender Verfahren erwägen. Wesentlich wichtiger sind die psychosozialen und arbeitsplatzbezogenen Belastungsfaktoren.

 

Konservativ nichtspezifische Rückenschmerzen behandeln

Bewegung und Bewegungstherapie spielen unverändert eine sehr wichtige Rolle. Patienten sollen darüber informiert werden, dass das zum Rückenschmerzen behandeln zusätzlich notwendig ist. Hingegen muss von Bettruhe abgeraten werden. Daher werden generell alle Therapieverfahren, die die Passivität fördern – wie zum Beispiel Massage und Elektrotherapie – vor Experten sehr kritisch gesehen. Stattdessen sollte man symptomatisch medikamentös die Rückenschmerzen behandeln.

Medikamente sollten so niedrig dosiert und so kurz wie möglich gegeben werden. Bezüglich der medikamentösen Therapie werden am ehesten unter strenger Berücksichtigung des Risikoprofils nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) empfohlen, wobei keine parenterale Gabe erfolgen soll. Opioide können, ebenso wie Metamizol, unter Berücksichtigung bestimmter Vorgaben eingesetzt werden. Ärzte sollten Paracetamol nicht mehr zur Behandlung des nichtspezifischen Kreuzschmerzes verschreiben. Bei Beschwerdenpersistenz trotz leitliniengerechter Behandlung ist bei chronischen Kreuzschmerzen immer noch die Durchführung einer multimodalen Therapie zu fordern.

 

Spezifische Kreuzschmerzen

Spezifische Kreuzschmerzen sind auf eine eindeutige organische Ursache zurückzuführen. Tumore und Entzündungen sind seltene Ursachen. Wesentlich häufiger sind Wirbelkörperverformungen auf dem Boden einer Osteoporose. Am häufigsten findet man verschleißbedingte Erkrankungen, wozu letztendlich auch Bandscheibenvorfälle gehören. Hier ist die Abgrenzung zu nichtspezifischen Kreuzschmerzen und zu einem normalen nicht krankheitsbedingten Kreuzschmerz eine besondere Herausforderung.

Für die Diagnose eines spezifischen Kreuzschmerzes ist die bildgebende Diagnostik notwendig (Magnetresonanztomografie, Röntgen). Diese Befunde sind jedenfalls im Kontext mit den Ergebnissen der ärztlichen Befragung und körperlichen Untersuchung zu bewerten. Spezifische Erkrankungen bedürfen einer spezifischen Behandlung, die sich an der gestörten Struktur und Funktion der Wirbelsäule orientieren muss.

Außerhalb von Notfallsituationen – Blutvergiftung, Blasen- und Mastdarmstörung sowie fortgeschrittene Lähmung – ist zunächst eine nicht operative Behandlung sinnvoll und Standard. Die ambulante Durchführung der Therapie hat immer Vorrang. In Notfällen, bei denen die ambulante Therapie nicht möglich ist oder bei besonders schwierigen Fällen, besteht aber auch die Möglichkeit zur Therapieintensivierung im stationären Bereich.

 

Wenn die nicht operativen konservativen Behandlungen an ihre Grenzen kommen

Es bestehen auch Grenzen der nicht operativen konservativen Therapie. Allerdings muss der Arzt dann die Notwendigkeit des operativen Eingriffs mit dem Patienten besprechen. Zur Absicherung der Entscheidungen kann der Patient eine Zweitmeinung einholen. Diese kann aber nur ein Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie oder für Neurochirurgie abgeben. Denn dieser ist auch mit der Diagnostik und Behandlung von spezifischen Wirbelsäulenerkrankungen im Hinblick auf die erforderlichen Untersuchungen und der Bewertung der Befunde vertraut. Jedenfalls sind für die Diagnostik und die Behandlung von Rückenschmerzpatienten ein klar festgelegter stringenter Ablaufplans sowie Zeit und Erfahrung notwendig.


Quellen:

Kreuzschmerz: Heilen ohne Messer – was hilft und was hilft nicht? Statement von Professor Dr. med. Bernd Kladny Generalsekretär DGOOC, Stellvertretender Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU), Chefarzt der Abteilung Orthopädie und Unfallchirurgie an der Fachklinik Herzogenaurach zum Deutschen Kongress für Orthopädie und Unfallchirurgie (DKOU), Oktober 2017, Berlin

Nationale VersorgungsLeitlinie nichtspezifischer Kreuzschmerz http://www.leitlinien.de/nvl/kreuzschmerz/http://www.leitlinien.de/nvl/kreuzschmerz/

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