Donnerstag, April 18, 2024

Neues Corona-Modell zur Vorhersage des Verlaufs von COVID-19

Ein neues Modell zur Vorhersage des Verlaufs einer COVID-19-Erkrankung könnte in der Corona-Pandemie dabei helfen, das Gesundheitssystem zu entlasten.

Ein österreichisch schwedisches Forscherteam konnte ein mathematisches Modell entwickeln, das Corona-PatientInnen, denen ein günstiger COVID-19-Verlauf bevorsteht, zuverlässig identifiziert. Die Wissenschaftler der kooperierenden Universitäten MedUni Wien, der Klinik Favoriten, der Medizinischen Universität Innsbruck, der Johannes Kepler Universität Linz sowie des Karolinska Instituts in Stockholm wollen mit ihrem Corona-Vorhersage-Verlaufs-Modell dabei helfen, dass PatientInnen mit günstigem COVID-19-Verlauf früher als bisher üblich aus den Spitälern entlassen werden können. Das entlastet das Gesundheitssystem, vor allem bis zum Erreichen einer ausreichenden Durchimpfungsrate.

 

Hoher Treffsicherheit bei der Vorhersage des Verlaus einer Corona-Erkrankung

Ein wesentliches Anliegen in der Covid-19-Pandemie ist die optimale, individuelle PatientInnenversorgung, während parallel dazu ein Zusammenbruch des Gesundheitssystems verhindert werden muss. Eine Besonderheit der durch SARS-CoV-2 ausgelösten Erkrankung ist es, dass es oft erst nach sieben bis zehn Tagen Krankheitsdauer zu einer drastischen Verschlechterung des Krankheitsbildes kommt.

Um diese Phase zu berücksichtigen, werden PatientInnen auch bei einem vergleichsweise milden Krankheitsverlauf erst nach längerer Aufenthaltsdauer aus dem Krankenhaus entlassen. Die Behandlung derartiger COVID-19 PatientInnen bindet – unter anderem auch durch das Infektionsrisiko für das Personal – Ressourcen, die für andere hospitalisierte PatientInnen dringend benötigt werden.

„Obwohl unser Wissen über das Virus täglich zunimmt, gibt es bisher keine zuverlässigen Entscheidungshilfen für eine frühzeitigere Entlassung“, betont Alice Assinger vom Institut für Gefäßbiologie und Thromboseforschung des Zentrums für Physiologie und Pharmakologie der MedUni Wien.

Ein Team von WissenschafterInnen der MedUni Wien unter der Leitung von Alice Assinger entwickelte nun ein Modell, welches günstigere Krankheitsverläufe von hospitalisierten COVID-19-PatientInnen mit hoher Treffsicherheit prognostiziert. Das Besondere dieses Modells ist, dass es ausschließlich auf ohnehin in der klinischen Routine erhobenen Parametern beruht und somit keine technisch aufwändigen zusätzlichen Laborbestimmungen notwendig sind.

 

Frei verfügbarer Online-Rechner als Unterstützung

SpitalsärztInnen können ab sofort die bei ihren PatientInnen erhobenen Parameterwerte in einen frei verfügbaren Online-Rechner eingeben und haben damit ein Werkzeug an der Hand, das ihre Entscheidung über den Zeitpunkt einer möglichen Entlassung wesentlich unterstützt. Das dem Tool zugrundeliegende mathematische Modell wurde von Stefan Heber, Institut für Physiologie am Zentrum für Physiologie und Pharmakologie MedUni Wien, entwickelt und beruht auf wiederholten Messungen des Entzündungsmarkers „C-reaktives Protein“, des die Nierenfunktion widerspiegelnden Markers „Kreatinin“, sowie der Anzahl der Blutplättchen (Thrombozyten) im Blut.

Aus Ableitungen der Verläufe dieser Parameter innerhalb der ersten vier Krankenhausaufenthaltstage kann zusammen mit zusätzlichen Parametern wie etwa das „Alter der PatientInnen“ sowie der Information zur Körpertemperatur bei Spitalsaufnahme mit hoher Treffsicherheit ein günstiger Krankheitsverlauf vorhergesagt werden. Heber: „Dies funktioniert unabhängig davon, wie lange die Symptome vor Aufnahme ins Spital schon angedauert haben.“ Für die Entwicklung dieses ACCP-Tools (Age+C-reactive protein+Creatinine+Platelet) wurden die Daten von 441 PatientInnen aus drei verschiedenen Zentren herangezogen und das entwickelte Modell anschließend anhand der Daten von 553 PatientInnen von drei weiteren unabhängigen Kohorten validiert.

„Wichtig für uns war, das ACCP-Tool möglichst rasch für die Anwendung in der klinischen Routine zur Verfügung zu stellen. Das Tool sollte dazu beitragen, die angespannte Situation des österreichischen Gesundheitssystems zu entlasten, bis eine adäquate Durchimpfungsrate der Bevölkerung erreicht ist.“, sagt Studien-Erstautor Stefan Heber.


Literatur:

S. Heber. A. Assinger, et al. Development and external validation of a logistic regression derived formula based on repeated routine hematological measurements predicting survival of hospitalized Covid-19 patients.
Link zur Publikation: https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.12.20.20248563v1
Link zum Online-Tool: http://www.viennaplateletlab.at/covidprediction

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