Freitag, März 29, 2024

Belimumab auch bei Lupus-Nephritis, der Nierenentzündung bei Lupus erythematodes, zugelassen

Belimumab zeigt auch in der Therapie von Lupus-Nephritis, die Nierenentzündung bei systemischen Lupus erythematodes, gute Wirkung.

Die Nierenentzündung Lupus-Nephritis ist oft für lebensbedrohliche Verläufe bei systemischem Lupus erythematodes (SLE) verantwortlich. Wobei bei Lupus-Nephritis nur wenige etablierte immunsuppressive Therapie-Optionen im Vergleich zu anderen SLE-Manifestationen existieren. Verschiedene Biologicals befinden sich hier in klinischen Studien. Ein spezifischer monoklonaler Antikörper (Belimumab) ist bereits für die Add-on-Behandlung des SLE ohne Nephritis zugelassen. Unlängst erschien eine Phase-III-Studie zur Therapie der Lupus-Nephritis mit vielversprechenden Ergebnissen zum Wirkstoff Belimumab.

 

Systemische Lupus erythematodes und Lupus-Nephritis

Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine chronisch-entzündliche, meistens schubförmig verlaufende Autoimmunerkrankung. Man findet sehr unterschiedliche klinische Manifestationen an verschiedenen Organen (Haut, Lunge, Herz, ZNS, Muskeln/Gelenke, Nieren), sodass es insgesamt kein einheitliches Krankheitsbild gibt. In Deutschland leben ca. 30.000 Menschen mit einem diagnostizierten SLE (Erhebung von 2002); betroffen sind meist junge Frauen im Alter zwischen 20 und 40 Jahren.

Die Ursachen der Erkrankung sind multifaktoriell (beispielsweise genetische Veranlagung, hormonelle und umweltbedingte Trigger); die Pathomechanismen komplex – praktisch alle Arten von Immunzellen sind beteiligt und es kommt zur Bildung verschiedener Autoantikörper und Immunkomplexablagerungen. Eine Beteiligung der Nieren – Lupus-Nephritis –  wird ungefähr bei der Hälfte der Patienten beobachtet, sie gehört zu den schwersten Lupus-Formen mit häufig lebensbedrohlichen Verläufen.

In den letzten Jahrzehnten führte das zunehmende Verständnis der immunologischen Pathomechanismen zu Fortschritten in der Therapie, wodurch sich die Lebenserwartung bei SLE-Patienten deutlich verbessert hat (5-Jahres-Überlebensrate 1950 <50 % und heute: >95 %). Die medikamentöse Therapie besteht aus einer Basistherapie (Hydroxychloroquin plus ACE-Hemmer/AT1-Antagonist) sowie einer antientzündlichen und immunsuppressiven Induktions- und Erhaltungstherapie. Dazu werden verschiedene Substanzen kombiniert (Prednisolon, Azathioprin/Mycophenolat-Mofetil, Cyclosporin A/Tacrolimus). Dennoch spricht die Lupus-Nephritis oftmals schlecht auf die Therapie an, sodass bis zu 30 % der Betroffenen dialysepflichtig werden.

 

Belimumab bei Lupus-Nephritis

In den letzten Jahren wurden verschiedene immunsuppressive/immunmodulatorische Substanzen bzw. Biologika in klinischen Studien zur SLE-Therapie geprüft. Der monoklonale, rekombinante, humanisierte IgG-1λ-Antikörper Belimumab ist als Alternative zusätzlich zur Standardtherapie zugelassen und wurde 2019 auch im Update der EULAR-Empfehlungen aufgenommen. Bisher jedoch nur für SLE-Patienten ohne Lupus-Nephritis (in den Zulassungsstudien waren Patienten mit Nierenbeteiligung ausgeschlossen). Die Substanz hemmt die Aktivität langlebiger B-Zellen beziehungsweise antikörperproduzierender Plasmazellen.

Im September erschien nun eine Phase-III-Studie zur Therapie der Lupus-Nephritis mit Belimumab. Die Studie wurde über 104 Wochen in insgesamt 21 Ländern (107 Zentren) durchgeführt. 448 erwachsene Patienten mit Biopsie-gesicherter, aktiver Lupus-Nephritis wurden zu gleichen Teilen doppelblind randomisiert und erhielten zusätzlich zur Standard-SLE-Therapie entweder intravenös Belimumab (10 mg/kg) oder Placebo (jeweils n = 224). Der primäre Endpunkt war ein effektives renales Ansprechen; definiert anhand der Besserung der Urin-Protein-Ausscheidung und der renalen Filterleistung (glomeruläre Filtrationsrate/GFR ≥ 60 ml/min/1,73 m2 oder Abnahme der GFR um weniger als 20 % der GFR vor der Nephritis). Sekundärer Endpunkt war eine komplette renale Remission.

Nach 104 Wochen hatten signifikant mehr Patienten in der Verum-Gruppe als in der Placebo-Gruppe den primären Endpunkt erreicht (43% versus 32%; OR 1,6; p = 0,03), eine komplette renale Remission zeigten 30 % versus 20 % (OR 1,7; p = 0,02). Das Risiko für renale unerwünschte Ereignisse oder zu versterben war in der Verum-Gruppe ebenfalls niedriger (HR 0,51; p = 0,001). Das Sicherheitsprofil von Belimumab entsprach insgesamt dem aus bisherigen Studien.

 

Klarer Benefit der Add-on-Therapie mit Biologika

Bei der Lupus-Nephritis war das die erste positive Studie, die einen klaren Benefit der Add-on-Therapie mit dem Biologikum Belimumab zur Standardbehandlung zeigen konnte. Und zwar ohne zusätzliche Nebenwirkungen. Nachdem Belimumab letztes Jahr bereits in die Empfehlungen zur SLE-Therapie Einzug gehalten hat, hoffen Experten jetzt, das das Biologikum nun bald auch bei einer Nierenbeteiligung offiziell einsetzbar ist.

Auch der monoklonale Antikörper Daratumumab richtet sich gegen langlebige Plasmazellen und ist seit 2016 zur Behandlung des multiplen Myeloms (eine maligne Erkrankung des Knochenmarks) zugelassen. Eine aktuelle Veröffentlichung von Medizinern der Charité berichtet von zwei Patienten mit lebensbedrohlicher und auf die Standard-Immunsuppression refraktärer Lupus-Nephritis, die erfolgreich mit Daratumumab behandelt wurden.

Diese Publikationen machen wirklich Hoffnung, dass bald weitere Studien mit positiven Ergebnissen zur Verfügung stehen. Es gibt zurzeit mehrere vielversprechende Therapieansätze mit Angriffspunkten an unterschiedlichen Zellen bzw. Punkten des Immunsystems.

In den nächsten zwei bis drei Jahren erwarten wir insbesondere Daten zu neuen Therapieoptionen mit monoklonalen Antikörpern gegen spezifische Immunzellen, z. B. Iscalimab und BI655064, die sich gegen Anti-CD40+ richten, und zur Unterbrechung der T-Zell-Ko-Stimulation bzw. immunologischer Signalwege, wie z. B. Secukinumab, welches das Zytokin Interleukin-17A inaktiviert.


Literatur:

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Quelle:

Deutsche Gesellschaft für Nephrologie e.V. (DGfN)

 

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