Donnerstag, April 18, 2024

Neue Funktion von B-Zellen: sie treiben T-Zellen in den Zelltod

Forscher haben eine bislang unbekannte Rolle der B-Zellen nachgewiesen: In der Thymusdrüse treiben sie unerwünschte T-Zellen in den Zelltod und verhindern damit Autoimmunerkrankungen.

Im Grunde genommen sind B- und T-Zellen die Soldaten beziehungsweise Abwehrkräfte des Immunsystems. Während B-Zellen Antikörper gegen Krankheitserreger produzieren, können T-Zellen Angreifer oder infizierte Zellen vernichten. Forscher haben unlängst eine neue Funktion der B-Zellen entdeckt: sie setzen in der Thymusdrüse potenziell gefährliche T-Zellen außer Gefecht, damit diese nicht körpereigene Strukturen angreifen und verhindern damit die Autoimmunantworten.

 

T-Zellen brauchen antigen-präsentierende Zellen, um Krankheitserreger von körpereigenen gesunden Strukturen unterscheiden zu können

T-Zellen tragen Rezeptoren auf ihrer Oberfläche, mit denen sie Strukturen von Fremdkörpern erkennen. Mit diesen individuellen Rezeptoren werden sie quasi per Zufallsprinzip ausgestattet, wenn sie in der Thymusdrüse heranreifen. Dank dieser Vielfalt kann das Immunsystem auf nahezu jeden Krankheitserreger reagieren. Manche T-Zellen können aber auch einen Rezeptor bekommen, mit dem sie körpereigene Strukturen als Fremdkörper erkennen. Dann besteht die Gefahr, dass sie sich gegen den eigenen Körper richten und Autoimmunerkrankungen auslösen. Und zwar wie Multiple Sklerose oder Typ 1 Diabetes. Damit das nicht passiert, muss der Organismus solche autoreaktiven T-Zellen vernichten, bevor sie die Thymusdrüse verlassen.

T-Zellen erkennen körpereigene und -fremde Strukturen nicht direkt, sondern über den Umweg von sogenannten antigen-präsentierenden Zellen. In der Thymusdrüse gibt es antigen-präsentierende Zellen, die darauf spezialisiert sind, körpereigene Strukturen für T-Zellen sichtbar zu machen und sie so in den Zelltod zu treiben.

„Wir konnten bereits in früheren Untersuchungen zeigen, dass dafür ein spezialisierter Zelltyp eine wichtige Rolle spielt: die medullären Epithelzellen. Sie produzieren sämtliche körpereigenen Strukturen und präsentieren diese den T-Zellen. Gesteuert wird dieses Phänomen durch ein Gen, das Autoimmune Regulator (Aire)Gen“, sagt Ludger Klein. Auf diese Weise wird praktisch ein Spiegelbild aller Proteine des gesamten Körpers in den Thymus hineinprojiziert. Dort kann der Körper dann gefährliche T-Zellen noch während ihrer „Ausbildung“ im Thymus entschärfen.

 

Interaktion von Thymischen B-Zellen in der Thymusdrüse mit T-Zellen

In der neuen Studie haben die Forscher um den LMU-Immunologen nun entdeckt, dass auch B-Zellen im Thymus das Aire-Gen exprimieren. „Wir haben Hinweise darauf gefunden, dass B-Zellen möglicherweise ebenso wichtig sind wie medulläre Epithelzellen, um autoreaktive T-Zellen zu eliminieren“, sagt Klein. Ihr Ergebnis widerlegt die bisherige Annahme, dass ausschließlich medulläre Epithelzellen und dendritische Zellen wichtige antigen-präsentierende Zellen im Thymus sind.

Wie die Forscher herausfanden, unterscheiden sich B-Zellen in der Thymusdrüse in mehrerer Hinsicht von B-Zellen in Blut, Milz und Lymphknoten, wo sie sich üblicherweise aufhalten. „Thymische B-Zellen zeigen mehrere Eigenschaften, die ansonsten nur für hochspezialisierte antigen-präsentierende Zellen charakteristisch sind“, sagt Klein. Diese Eigenschaften sind das Resultat eines „Umerziehungsprozesses“, den aus dem Blutstrom eingewanderte B Zellen durchlaufen, wenn sie mit T-Zellen im Thymus interagieren.


Literatur:

Tomoyoshi Yamano, Jelena Nedjic, Maria Hinterberger, Madlen Steinert, Sandra Koser, Sheena Pinto, Norbert Gerdes, Esther Lutgens, Naozumi Ishimaru, Meinrad Busslinger, Benedikt Brors, Bruno Kyewski and Ludger Klein. Thymic B cells undergo licensing to express and present self antigens for central T cell tolerance. Immunity. http://www.cell.com/immunity/abstract/S1074-7613(15)00211-3

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