Freitag, April 26, 2024

Neue Erkenntnisse zum Keuchhustenerreger

Neue Erkenntnisse zum Keuchhustenerreger Bordetella pertussis

Seit 2010 ist der Keuchhustenerreger weltweit wieder auf dem Vormarsch. Forscher vom Biozentrum der Universität Basel haben unlängst die Struktur und Funktionsweise eines wichtigen Membranproteins vom Keuchhustenerreger Bordetella pertussis untersucht. Die dabei entdeckte überraschende Struktur anders ist als lange Zeit angenommen. Ihre in „Nature Communications“ veröffentlichten Erkenntnisse liefern die Grundlage zur Entwicklung neuer Behandlungsmöglichkeiten von Keuchhusten.

Zahlreiche winzige Proteinporen sitzen in der äusseren Membran des Keuchhustenerregers. Durch diese Poren sondert der Erreger Proteine ab, mit denen er sich an die Schleimhäute der Atemwege anheftet und widerstandsfähige Biofilme bildet. Um zu verstehen, wie diese Membranproteine ihr Substrat befördern, haben sich die Strukturbiologen Prof. Timm Maier und Prof. Sebastian Hiller vom Biozentrum der Universität Basel eine dieser Poren genauer angeschaut.

Struktur des Membranproteins anders als vermutet

Membranen sind Barrieren im Kleinformat. Sie schirmen die Zelle von der Aussenwelt ab und schützen sie so. Dennoch können bestimmte Moleküle diese Barriere an speziell für sie eingerichteten Übergängen nach innen und nach aussen passieren. So einen Grenzposten stellt das Membranprotein FhaC im Keuchhustenkeim dar. Es sitzt in der äusseren Hülle der Doppelmembran und schleust ein Protein – das Adhäsin FHA – durch die Membran aus der Zelle hinaus. Dieses Protein ermöglicht es dem Bakterium sich anzuheften und spielt daher eine wichtige Rolle in der Keuchhusteninfektion.

Bereits im Jahr 2007 wurde die Struktur sowie die Funktionsweise von FhaC in der Fachzeitschrift Science publiziert. Die damaligen Ergebnisse mussten nun teilweise revidiert werden. „Aufgrund unserer Daten kommen wir zu dem Schluss, dass die zuvor postulierte Struktur und Funktionsweise des FhaC-Proteins fehlerhaft war“, sagt Maier. Gemeinsam mit den Autoren der damaligen Studie konnten die Forscher vom Biozentrum die Ergebnisse nun korrigieren.

„Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass das FhaC-Protein entgegen der früheren Annahme die gleiche Architektur besitzt, wie solche Proteine, die neue Membranproteine einbauen“, erklärt Maier. Die Strukturanalyse gab aber noch weitere Details preis. So verschliesst ein schraubenförmiger Proteinabschnitt die Pore wie ein Pfropfen. Wenn nun Adhäsin an das Membranprotein FhaC andockt, dann löst sich der Pfropfen und es gelangt durch die Pore nach aussen.

Grundlage für neue Therapien gegen den Keuchhustenerreger

Keuchhusten ist in der Schweiz eine gut kontrollierte Erkrankung. Dennoch steigt die Zahl der Krankheitsfälle seit 2010 wieder an. Neue Therapieansätze sind deshalb gefragt. „Mit gezielten Hemmstoffen liesse sich die Funktion des FhaC-Proteins erheblich beeinträchtigen und so letztlich das Anheften der Keime an die Wirtszellen verhindern“, erklärt Maier. „Der Vorteil liegt auf der Hand: Man kann auf Antibiotika verzichten und so Resistenzen vermeiden.“ Die Strukturbiologen wollen dafür auch zukünftig weitere Grundlagen liefern. Sie möchten herausfinden, welche Rolle die einzelnen Proteinbestandteile beim Transport des Substrates spielen.

Quelle: Timm Maier, Bernard Clantin, Fabian Gruss, Frédérique Dewitte, Anne-Sophie Delattre, Françoise Jacob-Dubuisson, Sebastian Hiller & Vincent Villeret: Conserved Omp85 lid-lock structure and substrate recognition in FhaC; Nature Communications; published online 10 June 2015, doi: 10.1038/ncomms8452

Bildtext: Forscher gelangten nun zu neuen Erkenntnissen über den Keuchhustenerreger Bordetella pertussis. © Alain Grillet / Sanofi Pasteur / Creative Commons

Related Articles

Aktuell

Impfungen und auch eifreie Lebensmittel können Ei-Proteine enthalten

Vorsicht für Menschen mit Eiallergie: verschiedene eifreie Lebensmittel und Impfstoffe können versteckte Eip-Proteine enthalten. Auch wenn ein Produkt als eifrei gekennzeichnet ist, können dennoch Ei-Proteine...
- Advertisement -

Latest Articles

Resilienz: die Kunst, psychische Widerstandsfähigkeit zu stärken

Resilienz bezeichnet die psychische Widerstandsfähigkeit, die uns auch ermöglicht, aus Krisen zu lernen und daraus gestärkt hervorzugehen. In einer idealen Welt wären wir vor Schicksalsschlägen,...

Zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom kultivieren

Wichtig zur Klärung der Metastasierung: Forscher gelang es, zirkulierende Tumorzellen beim kleinzelligen Lungenkarzinom zu kultivieren. Die Forschung zum kleinzelligen Lungenkarzinom (SCLC), einer besonders aggressiven Form...

Ernährung bei Frauen in der Perimenopause

Der Einfluss des Zustands der Ernährung von Frauen in der Perimenopause ist ein wichtiger Faktor für deren Gesundheit und Lebensqualität. Der Zustand der Ernährung spielt...